106. Auktion

21.5.2022

Lot 156

Panerai
Radiomir

Bedeutende Kampfschwimmeruhr der deutschen Kriegsmarine "Typ C" aus dem Besitz des Kampfschwimmers Hans Greten - bis heute sind nur 63 Uhren dieses Typs "C" nachgewiesen

Verkauft

schätzpreis
45.00065.000 €
Realisierter Preis
57.500 €
Merkmale
Gehäuse
Stahl, Schraubboden mit geritzter Signatur des Erstbesitzers "Hans Greten Antwerpen", tubusförmige, verschraubte "Oyster Patent"-Krone ("Typ 13").
Zifferblatt
Aluminium, geschwärzt, Typ "Sandwich", arab. Leuchtzahlen/-indizes, gebläute Baton-Leuchtzeiger.
Werk
Manuell.
Geh.-Nr.1010266
Ref.3646 / Type C
Cal.618 / Typ 1
Maße47 x 47 mm
Circa1943
LandSchweiz


Dieser historische Zeitmesser stammt aus Familienbesitz und ist trotz alters- und einsatzbedingter Spuren in hervorragendem, weitgehend originalen Zustand. Lediglich die Leuchtmasse in den gebläuten Baton-Zeigern wurde restauriert und das Gehäuse fachmännisch poliert. Charakteristisch für den C-Typ ist die nachgedunkelte, tief orangefarbene Leuchtmasse der Zahlen und Indizes auf dem "Sandwich"-Zifferblatt, was auf die variierende Zusammensetzung des Radiomir Lacks zurückzuführen ist.
Das Gehäuse ist kissenförmig und hat leicht nach unten geneigte Bandanstößen, ein weiteres Charakterisktikum der C-Serie.
Der innere Gehäuseboden hat einen kreisförmigen Zierschliff am Rand und trägt im Zentrum die typische Rolex SA Punze, die Referenznummer und die Gehäusenummer, die sich im C-Serien Nummernkreis zwischen 1010091 und 1010374 bewegen. Der äußere Gehäuseboden besitzt die persönliche Ritzgravur des Kampfschwimmers Hans Greten, einem Mechanikermaat, der während der Operation "Bruno" in der Nacht vom 15. auf den 16. September 1944 in Antwerpen bei der Zerstörung der Kreuzschanzschleuse eingesetzt war.
Die Operation Bruno ist in dem Buch "Sabotage unter Wasser" von Michael Jung (2004) auf Seite 120-121 dokumentiert, ebenso wie ein Foto von Hans Greten auf Seite 107. Weitere Informationen zu diesem Froschmann-Einsatz finden sich auch in dem Buch "Das Kommando der Kleinkampfverbände der Kriegsmarine" von Helmut Blocksdorf (2003), Seite 181. Die früheste Dokumentation des Einsatzes findet sich aus dem Jahr 1956 in dem Buch "...denn sie liebten doch das Leben" von Cajus Bekker (Kapitel sechs, Seite 148-160), in dem Greten mehrfach erwähnt wird.
Die vorligende Kampfschwimmeruhr ist ausführlich beschrieben und abgebildet unter: www.vintagepanerai.com/2022/04/15/ref-3646-type-c-kampfschwimmer-dr-crott/
Mit freundlicher Unterstützung von Ralf Ehlers & Volker Wiegmann, www.vintagepanerai.com, die Referenz Internetseite für klassische Panerai Uhren.
Weitere Uhren der Referenz 3646 / Typ C sind in dem Buch "Vintage Panerai - The References 1930's-1940's" von Ralf Ehlers & Volker Wiegmann in Kapitel II.III (Seite 248-397) aufgeführt.
Operation Bruno
Antwerpen hatte während des 2. Weltkriegs einen der größten westeuropäischen Umschlagshafen von besonders strategischem Wert, den die Aliierten seit dem 4. September 1944 besetzten. Obwohl der Hafen relativ weit am Oberlauf der Schelde lag, stand er unter dem Einfluss der Gezeiten. Die Kreuzschanzschleuse bewirkte, dass der Wasserspiegel im Haupthafen trotz Ebbe und Flut immer auf dem gleichen Niveau blieb und dieser so ständig von Schiffen genutzt werden konnte. Ein erster Zerstörungsversuch der Kreuzschanzschleuse scheiterte, als der deutsche Hafenkommandant, Fregattenkapitän Joachim Szyskowitz ums Leben kam. Da man einen direkten Angriff mittels Kriegsschiffen und Flugzeugen für aussichtslos hielt, wandte sich Friedrich Böhme, Chef des Kommandostabs West an das Kommando der Kleinkampfverbände (KdK). Zum Einsatz kam das Marineeinsatzkommando 60 unter dem Kommandeur Hans Prinzhorn. Dessen Plan sah vor in einer nebligen Nacht Kampfschwimmer mittels zweier Sprengboote vom Typ Linse in die Nähe der Schleusentore zu bringen und sie dort abzusetzen. Bei den "Linsen" handelte es sich um kleine, fast geräuschlose, schnelle Sprengboote, die anders als sonst, nicht mit Sprengstoff beladen waren, sondern nur zum Transport der Kampfschwimmer dienten.
In der Nacht vom 15. auf den 16. September 1944, andere Quellen nennen die Nacht vom 16. auf den 17. September, wurde die Operation "Bruno" mit zwei Kommandoeinheiten gestartet. Zum Einsatz kamen zwei schallgedämpfte Sprengboote, jeweils besetzt mit einem Offizier als Gruppenführer, einem Steuerer und drei Kampfschwimmern mit einer mit 1000 Kilogramm Sprengstoff gefüllten Torpedomine im Schlepp. Während sich die Kommandoeinheit im Sprengboot Nummer 2 im Nebel verirrte, konnte sich das Boot Nummer 1 unter dem Kommando des Oberleutnants Erich Dörpingshaus erfolgreich in die Nähe der Schleuse bringen. Er setzte seine drei Kampfschwimmer, den Feldwebel Karl Schmidt, Maschinenmaat Rudi Ohrdorf und Mechanikermaat Hans Greten im Wasser ab, die sich mit ihrer Mine Richtung Schleuse begaben. Feldwebel Karl Schmidt blieb an einem Eisenhaken in der Schleusenmauer hängen und riss seinen Taucheranzug auf. Sofort füllte sich der Anzug mit kaltem Wasser und der vollgesogene Wollanzug zog den Taucher in die Tiefe. Schmidt ließ Sauerstoff in seinen Anzug strömen und gewann damit genügend Auftrieb, um an der Oberfläche zu bleiben. Doch die Gefahr der Unterkühlung blieb und so beeilte man sich mit dem Überwinden der Netzsperren und dem anschließenden Anbringen der Sprengladung in 18 Metern Tiefe. Die Operation dauerte etwa 90 Minuten, weshalb Schmidt in der Zwischenzeit stark ausgekühlt war. Seine beiden Kameraden mussten ihn bis zum Erreichen der Linse hinter sich herziehen und wurden erschöpft ins Boot gezogen. Auf dem Rückweg begegneten sie dem verirrten Sprengboot Nummer 2 und beide Kommandoeinheiten konnten unentdeckt entkommen. Pünktlich zur berechneten Zeit detonierte die Torpedomine am Schleusentor und zerstörte den Zugang zum wichtigsten Umschlagshafen Europas.
Quelle: Michael Jung, "Sabotage unter Wasser - die deutschen Kampfschwimmer im Zweiten Weltkrieg", Hamburg 2004, S. 120ff.


Dank der 1914 erfundenen Leuchtmasse "Radiomir"- einem Gemisch aus Zinksulfat und Radiumbromid - waren die Panerai-Zifferblätter in der Nacht und tief unter Wasser besonders gut abzulesen. Diesen Vorteil wusste Panerai auch für Uhren auszunutzen, und so wurde er mit der Produktion der ersten Armbanduhr für Kampftaucher, genannt "Radiomir", beauftragt. Die ersten Prototypen wurden noch direkt bei Rolex gefertigt, später entstanden die Uhren mit ihrem Gehäuse nach dem Prinzip der Oyster bei Panerai. 1936 wurde die Panerai Radiomir zum geheimen Ausrüstungsgegenstand der Marine.
Quelle: "Armbanduhren Klassik Katalog", Königswinter 2005, Seite 146.