99. Auktion

11.5.2019

Lot 369

Adam Auguste Léchopié à Paris, Höhe 375 mm, circa 1792
Bedeutende Pendule mit Halbstunden/Stundenschlag - Allegorie des Endes der Monarchie Ludwig XVI.
Geh.: Bronze, feuervergoldet, weißer Marmorsockel, blaues und weißes Glas. Ziffbl.: Email. Werk: rundes Messing-Vollplatinenwerk, 1 Hammer / 1 Glocke, 2 Federhäuser, Hakenhemmung, Schlossscheibe, Kurzpendel mit Fadenaufhängung.
Auf einer weißen, rechteckigen Marmorplinthe mit seitlichen runden Ausbuchtungen befindet sich ein feuervergoldeter, der Form folgender Bronzesockel mit umlaufender, durchbrochener Balustrade und hinterlegtem blauen Glas. Im Zentrum erhebt sich auf einem Säulenstumpf ein würfelförmiges, mit Lorbeergirlanden belegtes Gebäude mit seitlichen kleinen, an Schießscharten erinnernden Fenstern und verglaster kuppelförmiger Laterne. Links steht ein kleiner Junge in Rock und Kniebundhose mit einem brotgefüllten Hut, besetzt mit einer Kokarde, in der linken Hand. Eine große Münze hält er in der anderen und streckt sie auffordernd dem Betrachter entgegen. Am Boden liegt ein scheinbar heruntergestürztes, zerbrochenes, ionisches Kapitell. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die Figur eines weiteren Jungen. Er trägt einen Rock und einen mit einer Kokarde besetzten Hut, seine Kniebundhose ist zerschlissen, der rechte Seidenstrumpf ist herabgerutscht. Sein linker Schuh hat ein Loch, so dass man seinen Zeh sieht. In besitzergreifender Pose steht er mit seinem rechten Bein auf einem heruntergestürzten Säulenteil, dem Architrav. Der Blick ist dem Betrachter zugewandt, sein rechter Arm umfasst das Gebäude, mit seiner linken Hand deutet er darauf.
"Die Flucht nach Varennes" - eine meisterhafte Pendule als politisches Statement
"Die Flucht nach Varennes" wird der Fluchtversuch des französischen Königs Ludwig XVI. und seiner Familie aus dem revolutionären Frankreich in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 1791 bezeichnet. Am 22. Juni mussten Ludwig und Marie Antoinette die Rückreise nach Paris antreten. Eine stets wachsende Menschenmenge begleitete den Wagen, äußerte Beschimpfungen gegen König und Königin und wurde handgreiflich gegenüber den Leibgardisten, die auf dem Kutschbock saßen. Nach vier Tagen am 25. Juni erreichten die Reisenden wieder die Hauptstadt, wo sie von La Fayette und seinem Generalstab empfangen wurden. Im Schritttempo bewegte sich der Zug durch eine riesige Menschenmenge, von Nationalgardisten und Schweizer Gardisten begleitet, auf den Park der Tuilerien zu und kam um 19 Uhr 45 vor dem Palast an.
Auf dem kolorierten Kupferstich "Retour de Varennes. Arrivée de Louis Seize à Paris, le 25 juin 1791" von Jean Duplessis-Bertaux und einer Zeichnung von Jean-Louis Prieur ist dies ausführlich festgehalten. In der rechten Bildhälfte sieht man ein hohes, vierstöckiges Gebäude, von der römischen Antike beeinflusst, mit tief liegenden, an Schießscharten erinnernden Fenstern und einer markanten, kuppelförmigen Dachlaterne. Das Gebäude ist das "Barrière du Roule", eines der Pariser Zollhäuser an der Mauer der Generalpächter ("Fermiers généraux") in Paris. Es wurde von dem umstrittenen klassizistischen Architekten Claude-Nicolas Ledoux (1736-1806) gebaut und diente der Erhebung von Verbrauchssteuern oder Binnenzöllen. Im Aussehen gleicht das "Barrière du Roule" dem Gebäude unserer Pendule. Die zerbrochenen Säulenteile am Boden stehen symbolhaft für das Ende der Monarchie. Beide flankierenden Figuren tragen verschlissene Culottes, die Kniebundhosen, die bis 1789 nur von Adligen und der bürgerlichen Oberschicht getragen wurden. Dennoch steckt an ihren Hüten eine Kokarde als sichtbares Zeichen, Anhänger der Revolution zu sein. Die rechte Figur steht fast triumphierend auf dem Architrav und deutet auf das Zollhaus, das die Sicherung der Zolleinnahmen für die Generalpächter verdeutlichen soll, eine Architektur, die dem Ideal der jakobinischen Werte nicht entsprach. Der Junge links - die Figur ist wesentlich kleiner als die rechte - hält dem Betrachter eine überdimensionierte Münze entgegen. Sein Hut ist gefüllt mit Brot, als Anspielung auf die Zerschlagung der Herrschaft Ludwig XVI. und die Überwindung seiner Politik der staatlichen Regulierung des Getreide- und Brothandels und der damit einhergehenden Hungersnot in der Bevölkerung.
Wir haben nach ausführlichen Recherchen in der Literatur kein vergleichbares Sujet bei einer Pendule gefunden.

Der Pariser Uhrmacher Adam Auguste Léchopié (L'Échopie) erlangte 1758 seine Meisterwürde. Er signierte seine Uhren mit LÉCHOPIÉ A PARIS und war noch um 1800 als Uhrmacher tätig. Sein Geschäft war in der Rue-Neuve-des-Petits-Champs 67. Für seine Pendulen verwendete er Gehäuse von Osmond und Thomire.
Quelle: https://watch-wiki.org/index.php?title=L%C3%A9chopi%C3%A9,_Adam, Stand 25.03.2019.

schätzpreis
18.00030.000 €
Realisierter Preis
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