106. Auktion
21.5.2022
Lot 191
Elliott Brothers, LondonChronograph for Motor Car Races
Extrem seltener, historisch bedeutender Rennsport-Chronograph für Autorennen mit Steuerung eines Papierstreifenschreibers, ehemals verwendet vom Automobil Club de France
Verkauft
Der große Transportkasten enthält den herausnehmbaren Chronographen (225 x 225 x 135 mm) mit Spitzzahnankerhemmung und einen im Stil der damaligen Zeit aufwändig und mit viel dekoriertem Messing hergestellten Schreiber für Papierstreifen, von denen noch vier originale vorhanden sind, ebenso wie die technische Zeichnung des Schaltplans der Elektrik. Unter dem Chronographen befindet sich eine Schublade mit zahlreichen originalen Zubehörteilen wie Kabel, Isolatoren und Tintenbehältern. Ein die alte Einheit "Daniell" anzeigender Spannungsmesser der deutschen Firma Dr. Stöhrer Sohn aus Leipzig ist ebenfalls Teil dieses äußerst seltenen Konvoluts der Firma Elliott Brothers aus London. Zwar gibt es von diesem Unternehmen, das immerhin seit Anfang des 19. Jahrhunderts bestand, zahlreiche Objekte z.B. auch im Londoner Science Museum, doch Anfragen bei englischen und deutschen Oldtimerexperten und -museen ergaben leider, dass ein solcher Chronograph dort gänzlich unbekannt ist. Fündig wurden wir erst durch die Hilfe von Herrn Dr. Thomas Schraven, einem profunden Kenner besonderer Zeitmesser, der uns tatsächlich einen Artikel aus der Zeitschrift Science et Vie des Jahres 1922 präsentieren konnte, in dem nicht nur eine Abbildung exakt dieses Chronographen zu sehen war, sondern auch eine ausführliche Beschreibung der Art und Weise, wie damit Zeiten gemessen wurden.
Mit dem Ziel, immer höhere Geschwindigkeiten ebenso immer genauer und vor allem ohne menschenverursachte Fehler zu messen, wurde hier ein Elektrochronograph konstruiert, der die Zeiten erstens automatisch erfaßt und zweitens auf einem Papierstreifen festhält, um die Meßergebnisse nachvollziehbar dokumentieren zu können. Dazu befindet sich rechts eine Präzisionsuhr mit Sekundenkontakt, die auf dem links angeordneten Papierstreifenschreiber im Viertelsekundentakt eine zeitliche Referenzlinie zeichnet. Zwei andere elektromagnetisch gesteuerte Zeichenfedern werden über Kontakte gesteuert, die sich in quer über der Fahrbahn liegenen Schläuchen befinden; lange von Luftpolstern getrennt gehaltene Kupferplatten werden beim Überfahren der Schläuche zusammengedrückt und schließen somit den Kontakt, der dazu führt, dass neben der Zeitlinie Ausschläge in den normalerweise geraden Strichen die Rundenzeiten markieren. Ein Foto dieser Fahrbahnkontakte findet sich im gleichen Artikel, doch sind diese wohl verlorengegangen, während sich viele Kleinteile noch erhalten haben.
Schon im Jahr 1922 macht der Text darauf aufmerksam, dass von diesem Apparat nur zwei Exemplare existieren. Eines beim Automobile Club de France, das andere an der Rennstrecke im englischen Brookland - eine weitere Überraschung, da das zugehörige Rennsportmuseum auf unsere frühere Anfrage keine Informationen zu dem Elliott-Chronographen geben konnte.
Herrn Dr. Schraven sei nochmals an dieser Stelle für seine Hilfe herzlich gedankt.
Die Firma Elliott Brothers wurde von William Elliott (1780 - 1853) im Jahr 1800 gegründet, nachdem er eine Lehre beim Kompass- und Instrumentenbauer William Backwell absolviert hatte. Um 1850 nahm er seine Söhne Frederick Henry und Charles Alfred in das Unternehmen auf. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Firma zum bekanntesten Hersteller von Telegrafieausrüstungen, später, Anfang des 20. Jahrhunderts, wurde der Bau von Instrumenten für die Luftfahrt bedeutend. Mitte der 1960er Jahre beschäftigte das Unternehmen mehr als 35000 Angestellte, wurde allerdings auch zum Ziel von Übernahmen, so dass der Name Elliott nach mehreren Zusammenschlüssen und Verkäufen verschwand und letztendlich in der Britischen BAE Systems aufging.