ChronoHype Nr. 16

Willkommen zur 16. Ausgabe des ChronoHype Magazins! Liebe Leserinnen und Leser, der Artikel „Das Chronoskop von Hipp“ nimmt Sie mit auf eine Reise durch die Geschichte der Zeitmessung. Erfahren Sie, wie dieses bedeutende Instrument den Grundstein für die moderne Uhrmacherei legte. Ein besonderes Highlight ist „Uhr suchte Turm“, eine charmante Geschichte über die lange Reise einer Turmuhr und ihre Suche nach dem Originalstandort – eine Erzählung voller technischer und historischer Details. Für Sammler und Liebhaber haben wir die Highlights unserer 111. Uhrenauktion zusammengestellt, die wahre Schätze und seltene Sammlerstücke bietet. Außerdem geben wir Ihnen einen Teaser für unsere erste Online-Auktion, die im Dezember ausschließlich IWC-Taschenuhren umfasst. Eine Woche voller spannender Gebote erwartet Sie! Im dritten und finalen Teil von „Präzision aus Leidenschaft“ widmen wir uns den Wettbewerbskalibern, den Präzisionsregleuren und einem kritischen Blick auf das Thema. Zum Abschluss nehmen wir Sie mit auf eine Reise im Bericht „Ponant Le Bougainville: Blaues Wunder!“, der Sie an Bord eines der luxuriösesten Expeditionsschiffe entführt. Lassen Sie sich von atemberaubenden Meeren und unvergesslichen Erlebnissen verzaubern. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und Entdecken dieser Ausgabe! Ihr ChronoHype-Team 3

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Vorwort 2024 Krefeld im August 2024 20 Jahre ist es her, seitdem das Max Planck Institut in Berlin meine Forschungsergeb- nisse zum Chronoskop von Hipp im Internet publizierte [238]. Da Hippsche Chrono- skope überall auf der Welt zu finden sind, wurde der Text damals in englischer Sprache verfasst. Weil eine irgendwann begon- nene Recherche eigentlich immer weiter läuft und nie ein wirkliches Ende findet, wurde auch in den Jahren nach der ersten Publikation weiter recherchiert und so manche bisher noch nicht bekannte Information ent- deckt. Zum ursprünglichen Text ist zu sagen, dass die An- gaben zu den verschiedenen Entwicklungsstadien des Chronoskops in der Schweiz auch heute noch Gültigkeit 8

DAS CHRONOSKOP VON HIPP besitzen. Außer einer kontinuierlich zuneh- menden Zahl neu entdeckter Instrumente gibt es kaum Änderungen. Ganz anders sieht es in dem Abschnitt aus, der die außerhalb der Schweiz hergestellten Chronoskope be- schreibt. Hier war eine Überarbeitung drin- gend erforderlich, weil ein Teil der früheren Angaben zwar dem damaligen Wissenstand entsprachen, aber nicht korrekt waren. Aus dem in den letzten Jahren entdeckten Mate- rial ergaben sich historische Zusammenhän- ge, die damals noch nicht bekannt waren. In Chronometrophilia [270] wurde bereits darü- ber berichtet. Die Frage eines Freundes aus dem Fachkreis für elektrische Uhren nach einer deutschen Version des englischen Textes habe ich zum Anlass genommen, den Text zu aktualisieren und in die deutsche Sprache zu übertragen. 9

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Vorwort 2003 Dies ist die Geschichte meiner Zeitreise in die Vergangenheit eines alten elektromechanischen Zeitmessinstrumentes, das bekannt wurde als „Hippsche Uhr“ oder „Hippsches Chronoskop“. Im September 1999 konnte ich ein Chro- noskop erwerben und kurze Zeit spä- ter fiel die persön- liche Entscheidung, die Vergangenheit dieses interessanten und sehr selte- nen Präzisionszeitmessins- truments genauer zu erfor- schen. Fast 8 Jahre lang habe ich mich intensiv mit dem Chronoskop beschäftigt und alle nur möglichen Wege einer Datenfindung beschrit- ten. Vorzügliche Dienste leistete dabei die Datenauto- bahn im Internet [141] und heute kann ich sagen, dass ohne Computer und Internet ein solches Projekt eigentlich gar nicht zu realisieren ist. Phantastisch war die Reso- nanz auf mein Forschungs- vorhaben und das große Interesse an diesem alten 10 Messinstrument. Das Chro- noskop wird auch heute noch wie ein Heiligtum be- handelt und es verbindet historisch interessierte Wis- senschaftler verschiedener Fachrichtungen in der gan- zen Welt. Diese sehr günstige Konstel- lation hatte zur Folge, dass meine private Datensuche mit allen zur Verfügung ste- henden Kräften unterstützt wurde. Meine Partner in Amerika, Australien, Europa, Japan und Kanada stellten mir jede gewünschte Infor- mation zur Verfügung. Im Laufe der Zeit ergaben sich immer wieder neue Ver- bindungen, welche sich dann noch weiter verzweigten und letztendlich den Globus wie ein Spinnennetz umspann- ten. Nur so war es möglich, in relativ kurzer Zeit 154

DAS CHRONOSKOP VON HIPP 154 Chronoskope wurden aufgespürt Chronoskope und die zugehörigen histori- schen und technischen Hintergrundinforma- tionen aufzuspüren. Festzustellen war, dass ich nicht der einzige „Chronoskop-Forscher“ unserer Zeit bin. Das Chronoskop ist Gegenstand aktueller For- schungsaktivitäten im Bereich der Psycholo- gie und der Wissenschaftsgeschichte und ich möchte hier auf die exzellenten Arbeiten von Prof. Rand Evans, East Carolina University/ Psychologie [48, 49], Prof. Horst Gundlach, Universität Passau/Psychologie [75, 76, 77] und Dr. Henning Schmidgen, Max Planck Institut Berlin/Wissenschaftsgeschichte [114, 194, 234] hinweisen. Zu diesen Autoren er- gaben sich in kurzer Zeit freundschaftliche Beziehungen und ständig wurden Ergebnisse ausgetauscht und diskutiert. Von Henning Schmidgen, Horst Gundlach und Rand Evans erhielt ich unzählige Hinweise und Publi- kationen zur Geschichte des Chronoskops und dafür möchte ich ganz herzlich danken. Ohne diese Unterstützung wäre vieles be- stimmt unentdeckt geblieben. Die nachfolgend genannten Personen stan- den mir immer mit Rat und Tat zur Seite, gewährten mir Freundschaft und forderten mich immer wieder auf, das Chronoskop-Pro- jekt voranzutreiben; auch ihnen möchte ich hier meinen herzlichsten Dank aussprechen: 11

DAS CHRONOSKOP VON HIPP David Baker Paolo Brenni Joachim Funke Andrea Gaeta Christa Hammer † Abbildung: Frühes Hipp Chrono- skop #184 aus der Sammlung Muser, Foto Steffi Muser 2024 USA – Akron University Florenz, Institut für Wissenschaftsgeschichte Heidelberg, Universität Italien Leipzig, Fa. Hammer wissenschaftliche Apparate Hans Jochen Kummer † Ludwigshafen Tom Perera Ute Saccardi Steven Turner Montclair Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek Washington DC, Smithonian Institute Hinweis: In meinem Bericht werde ich aus Gründen der Sicherheit nur ungenaue Angaben zum Standort der Chronoskope machen, es sei denn, der Besitzer wünscht die Publikation aller Details. Diese Maßnahme halte ich für zwingend notwendig, nachdem bereits ein Chronoskop dem Dieb- stahl zum Opfer fiel. Interessierte Wissenschaftler, Psychologen und His- toriker können jedoch weitere Informationen zu einzelnen Instrumenten von Henning Schmidgen oder mir bekommen. 12

DAS CHRONOSKOP VON HIPP 1840 – 1852 Hipp / Reutlingen Ein geeigneter Ausgangspunkt für die historische Reise zu den Wurzeln des Chrono- skops ist eine Publikation von Robert Weber. Professor Weber lebte wie Matthäus Hipp in Neuchâtel und war am Institut für Physik an der Akademie von Neuchâtel tätig. Direkt nach dem Tode von Matthäus Hipp veröffentlichte er einen Nachruf und eine Er- gänzung in der Elektrotechnischen Zeitung von 1893 [169]. Robert Weber muss Matthäus Hipp sehr gut gekannt haben, denn der Nach- ruf enthält detaillierte Angaben zu Hipps Lebenswerk. Man kann davon ausgehen, dass dieser Artikel die Basis für alle späteren Pub- likationen zu dem Uhrmacher Hipp [05, 06, 17] war. In Webers Biographie findet man auch einige Informationen zur Entwicklung des Chrono- skops. Weber schreibt, dass Wilhelm Eisen- lohr (1799–1872) ein elektromagnetisches Chronoskop von dem englischen Physiker Charles Wheatstone (1802–1875) erwerben konnte. Eisenlohr lehrte zu dieser Zeit Ma- thematik und Physik am Lyceum von Karls- ruhe und leitete gleichzeitig den Lehrstuhl für Physik an der Polytechnischen Schule [157]. Professor Eisenlohr war ein überzeug- ter Wissenschaftler und pflegte sehr enge Kontakte zu bekannten Naturwissenschaft- lern, wie Tyndall, Liebig, Faraday, Merian, Jol- ly ... [166]. Wilhelm Eisenlohr zeigte auch ein ausgeprägtes Interesse an Uhren und Uhrma- cherei und die Schwarzwälder Kuckucksuhr verdankt ihm seine heutige Gestalt. Um sich zu erholen und um neue Kontakte zu knüpfen, bereiste Eisenlohr regelmäßig das In- und Ausland. Eisenlohr hat auch mehrere Reisen nach England unternommen und dort den Physiker Charles Wheatstone getroffen. Beispielsweise wurde nach solch einer Eng- landreise 1846 die erste Telegraphenlinie zwi- schen Karlsruhe und Durlach errichtet. Das Vorbild für diese Anlage war der Telegraph von Wheatstone [167]. Vermutlich hat Wilhelm Eisenlohr auch das Chronoskop von Wheatstone aus England mitgebracht. Wheatstone hatte dieses entwi- ckelt, um die Geschwindigkeit von Geschos- sen zu bestimmen [171]. 16 W

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Zu diesem Instrument gibt es heute nur sehr spärliche Informationen. Eine sehr knappe Beschreibung ist in Eisenlohrs Lehrbuch [45] zu finden: „Wheatstone’s Chronoskop besteht in der Hauptsache aus einem horizontalen Zylinder, um welchen eine Schnur geschlungen ist an der ein Gewicht hängt. Auf diesen Zylinder ist eine Schraube eingeschnitten, die ein vertikales Rädchen und dadurch ein Getriebe in Bewegung setzt, welches den Zeiger mit großer Geschwindigkeit dreht sobald der Strom beginnt. Durch einen Elektromagnet wird das Getriebe als auch der Zeiger gehemmt. Auf diese Art ist es möglich 1/100 sec mit ziemlicher Genauigkeit zu bestimmen“. 17 W

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Eisenlohr ver- suchte, mit dem Chro- noskop das Fallgesetz von Newton, s=1/2 g t2 mit s = Fallhöhe, g = Erdbeschleunigung und t = Fallzeit experimentell nach- zuweisen. Dazu wurde fol- gender Versuchsaufbau ver- wendet. Gemessen wurde die Fallzeit einer Kugel, die aus einer definierten Höhe her- unterfiel. Die Bewertung des Versuchs erfolgte durch den direkten Vergleich der expe- rimentell bestimmten Zeit mit der berechneten. Eisen- lohr gelang es nicht, überein- stimmende Zeiten zu finden und damit das Fallgesetz im Versuch zu bestätigen. Die Erklärung für dieses Resultat ist einfach. Das Chronoskop von Wheatstone besitzt ein mechanisches Uhrwerk, das von einem Gewicht angetrie- ben wird. Für die Messung muss ein elektrischer Kon- takt geschlossen werden. Ist dieser Kontakt geschlossen, werden Uhrwerk und die eigentliche Zeitmessung gleichzeitig gestartet. Auf- grund der eigenen Trägheit erreicht das Uhrwerk aber erst nach einer gewissen Zeit eine konstante Geschwin- digkeit. Dies bedeutet, dass die Beschleunigungszeit des Uhrwerkes Bestandteil der Messung ist und das Mess- ergebnis stark beeinflusst. Genaue und reproduzierbare Messungen kurzer Zeitspan- nen sind so nicht möglich. Je kürzer der gemessene Zeit- raum ist, desto größer ist der Fehler. ABB. 1) MATTHÄUS HIPP [94] 18

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Die Zeitreise führt uns jetzt an einen anderen Ort, nach Reutlingen. Nach seiner Aus- bildungs- und Lehrzeit lässt sich dort der Uhrmacher Matthäus Hipp (25.10.1813 – 3.3.1893) nieder und im Juni 1840 eröffnet er eine eigene Werkstatt für Groß- und Kleinuhren. Innerhalb kurzer Zeit wird Herr Hipp durch seine genialen Ideen und Erfindungen im Bereich der Uhrmacherei bekannt. Über den Uhrmacher und Mechaniker Hipp wurde be- reits sehr viel geschrieben [92, 93, 94, 195] und ich ver- zichte hier auf eine erneute Wiedergabe der Lebens- geschichte dieses schwä- bischen Erfinders. Nennen möchte ich hier nur Details, welche in direktem Zusam- menhang mit der Erfindung des Chronoskops stehen und historische Informationen, die bisher noch nicht be- kannt sind. 19

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Wenige Monate nach der Geschäftseröff- nung in Reutlingen erhält Hipp einen der Industriepreise für das Jahr 1840 [204, 205]. Prämiert wird ein neuer Pendelan- trieb, der dem Pendel einen Impuls verleiht, um die Pendelschwingungen aufrechtzu- erhalten. Es ist zu vermuten, dass es sich hier um eine mechanische Variante des berühm- ten elektrischen Pendelantriebs nach Hipp handelt. In welchem Jahr Hipp begann, me- chanische Uhren mit elektrischen Einrich- tungen zu versehen, ist leider nicht bekannt. 2 Jahre später zeigt Hipp auf der Stuttgarter Landes Indus- trie Ausstellung eine Turm- uhr und erhält dafür eine silberne Medaille [206, 207, 208, 209, 210]. die Fehler des Wheatstone- schen Chronoskops zu er- kennen und dann basierend auf den Ideen Wheatstones ein eigenes Chronoskop zu entwickeln. Zur Entwicklungsgeschichte des Chronoskops gibt es fol- gende Informationen. Eher zufällig reiste der Uhrmacher Hipp einmal ins nahege- legene Karlsruhe, um dort Prof. Eisenlohr zu besuchen. Vermutlich wurde während dieses Besuches auch über das Chronoskop von Wheat- stone gesprochen und Hipp hatte die Gelegenheit, das Instrument zu besichtigen und auszuprobieren. Hipp gelang es in sehr kurzer Zeit, Mit diesem Instrument von Hipp wurden dann ebenfalls Fallzeitmessungen durch- geführt und erstaunliche Er- gebnisse gefunden. Die Ab- weichungen von den berech- neten Werten betrugen jetzt nur noch wenige Hundertstel der Sekunde [121] und das Gesetzt von Newton konnte im Versuch bestätigt werden. Auch die Reproduzierbarkeit der Messergebnisse war sehr gut. 20

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Ich habe versucht, Spuren dieser frühen Instrumente zu finden und die alten In- ventarverzeichnisse [192] des physikalischen Instituts der Universität Karlsruhe der Jahre 1840–1867 untersucht. Leider war diese Suche nicht erfolgreich und es wurden weder Hinweise zu dem Chronoskop von Wheat- stone noch zu dem Chrono- skop von Hipp gefunden. Robert Weber gibt an, dass Hipp das erste Chronoskop aus eigener Fertigung an Professor Eduard Reusch (1812–1891) verkaufte. Edu- ard Reusch war zu dieser Zeit Oberreallehrer an der Universität von Stuttgart [162]. Im Laufe der Zeit soll Professor Reusch dann die verbesserten Chronoskope von Hipp gekauft und die älteren Modelle wieder ver- kauft haben. Auch zu diesen Instrumenten konnten bis- her keine Spuren ermittelt werden. Zu beantworten bleibt die Frage, wann Hipp das erste eigene Chronoskop gebaut hat. In Webers Biographie findet man keine konkreten Angaben dazu. Relativ un- genau wird gesagt, dass Hipp das Chronoskop um 1850 entwickelte. 1850Ungefähr zu dieser Zeit entwickelte Hipp das Chronoskop 21

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Eine mögli- che Antwort liefern die englischen Psychologen Edgell und Symes in ihrem Artikel „The Wheatstone-Hipp chrono- scope, its adjustments, accu- racy and control“ [43], ver- öffentlicht im Journal of Psy- chology im Jahre 1906. Dort wird berichtet, dass Prof. Eisenlohr 1842 ein Chrono- skop von Wheatstone erhielt und dass Hipp das erste eige- ne Chronoskop im Jahre 1843 verkaufte. Die Autoren geben an, dass sie diese Information von Hipps Nachfolgern, den Herrn Peyer und Favarger erhielten. Es bestehen je- doch gewisse Zweifel an dem Wahrheitsgehalt dieser Aus- sage. Prof. Eisenlohr hat das „Lehrbuch der Physik zum Gebrauche bei Vorlesungen 22

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 2) CHRONOSKOP VON M. HIPP, AUS EISENLOHR 1852 und zum Selbstunter- richte“ publiziert. Erschienen sind ins- gesamt 11 Auflagen. In der 4. Auflage von 1844 [47] werden keine Chronoskope erwähnt. In der 5. Auflage von 1849 [46] findet man nur Anga- ben zum Chronoskop von Wheatstone und das Chro- noskop von Hipp wird dann erstmalig in der 6. Auflage von 1852 [45] erwähnt. Hätte Eisenlohr das Chronoskop von Hipp schon im Jahre 1843 gekannt, wären dazu be- stimmt Informationen in der 4. oder 5. Auflage des Lehr- buches zu finden. Hätte das Chronoskop von Hipp schon im Jahre 1843 existiert, so hätte dieses Er- eignis mit Sicherheit auch deutliche Spuren in der zeit- genössischen Fachliteratur hinterlassen. Die erste Veröf- fentlichung zum Hippschen Chronoskop erscheint aber erst im Jahre 1848, also 5 Jah- re später. Meiner Meinung nach ist es nicht möglich, dass ein Messinstrument mit solch fundamentaler Bedeutung für die Wissenschaft 5 Jahre unerwähnt blieb. 23

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Der Autor dieser Pu- blikation aus den Jahre 1848 [121] ist Wilhelm Oelschläger (1816– 1901) aus Reutlingen. In seinem Artikel „das Wheat- stonsche Chronoskop verbes- sert vom Uhrmacher Hipp in Reutlingen“ beschreibt er mit sehr knappen Worten das Chronoskop von Wheat- stone und schildert dessen Unbrauchbarkeit für exakte Kurzzeitmessungen. Nach- folgend wird dann das Chro- noskop von Hipp vorgestellt und über die sehr genauen und reproduzierbaren Mess- ergebnisse bei Fallversuchen berichtet. Wilhelm Oelschläger war von 1849 bis 1863 Rektor der Oberrealschule in Reut- lingen. Oelschläger hatte ein sehr großes Interesse an Uhren und der Uhren- herstellung und fertigte in seiner Freizeit eigene Uhren an [15]. Dies führte ihn dann auch mit dem Uhrmacher Hipp zusammen, der ja eben- 24 falls in Reutlingen wohnte. Um 1890 baute Oelschläger eine Präzisionspendeluhr zur Untersuchung von Erd- erschütterungen, die er der Realschule von Reutlingen [14] zur Verfügung stellte. Ei- nige Hinweise deuten darauf hin, dass Wilhelm Oelschlä- ger an der Entwicklung des Chronoskops mitwirkte. Eine weitere Datierung fin- den wir in einer Publikation von Professor Kahlert, der sehr intensiv die Geschichte des Uhrmachers Hipp wäh- rend seiner Zeit in Reutlin- gen erforscht hat. Dieser wunderschöne Bericht, der 1989 in der Zeitschrift für Württembergische Landes- geschichte [92] veröffentlicht wurde, enthält ebenfalls Angaben zum Chronoskop. Professor Kahlert gibt an, dass Hipp das Chronoskop während der Jahre 1847/48 entwickelte und ich denke, dass dies der Wahrheit ent- spricht. Verschiedene Spuren führen zu den frühen Chronosko- pen. Die wohl bedeutends-

DAS CHRONOSKOP VON HIPP 1847 HIPP ENTWICKELTE DAS CHRONOSKOP VERMUTLICH BIS 1848 Im Text ist der Hinweis zu finden, dass Herr Oelschläger aus Reutlingen mit diesem Chro- noskop eigene Versuche durchgeführt hat. Aufgelistet werden die experimentell be- stimmten Fallzeiten für 3 unterschiedliche Fallhöhen. Matthäus Hipp bittet den Käufer des Chrono- skops, das Instrument weiter zu empfehlen und um die Bezahlung von 75,5 Gulden an eine Bank in Frankfurt/M. Das Chronoskop in Utrecht ist einzigartig und das älteste bekannte Chronoskop aus der Werkstatt von Matthäus Hipp. te Entdeckung ist ein Chronoskop mit der Signatur < M. Hipp in Reutlingen >, das im Frühjahr 1849 an das Physikalische Institut der Universität von Utrecht geliefert wurde. Zu diesem Instrument gehören eine hand- geschriebene Anleitung und ein Fallapparat zur Eichung des Instruments. Die Anleitung trägt das Datum 5. März 1849 und wurde von M. Hipp selbst geschrieben [85]. Die Unter- schrift lautet, M. Hipp – Mechaniker. Hipp sieht sich selbst als Mechaniker und nicht als Uhrmacher. Das Dokument gibt an, welches elektrische Element zu benutzen ist und dass das gelie- ferte Instrument den 500sten Teil der Sekun- de anzeigt. Beschrieben wird, welcher Hebel zu betätigen ist, um das Uhrwerk zu starten. Hipp empfiehlt, dass die „Maschine“ immer erst einige Sekunden laufen soll, bevor man mit den Versuchen beginnt. 25

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 3), 4) CHRONOSKOP #079 SIGNIERT < M. HIPP IN REUTLINGEN >, DATIERT 1849 UNIVERSITÄT UTRECHT – MUSEUM, INVENTARNUMMER ME-10, FOTOS JAN DEIMAN In der damaligen Zeit hatte die Öffent- lichkeit ein ausge- prägtes Interesse an naturwissenschaft- lichen Forschungs- ergebnissen und oft wurden Experimente und Instru- mente in einer Art Wissen- schaftsshow öffentlich vor- gestellt. Matthäus Hipp hatte das persönliche Anliegen, al- len Bürgern den Zugang zur Naturwissenschaft zu ermöglichen und hielt des- halb spezielle Vorlesungen zu naturwissenschaftlichen Themen im Reutlinger Lese- verein ab. Nach 1847 fanden diese Veranstaltungen regel- mäßig statt [13]. Schriftliche Aufzeichnungen haben lei- der nicht überlebt, aber man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass Hipp neben seinen anderen Erfindungen auch das Chronoskop vor- stellte und erklärte. Bestätigt werden konnte die Vermutung, dass Veran- staltungen dieser Art in der zeitgenössischen Presse Er- wähnung fanden. Gefunden wurde in der Schwäbischen Kronik vom 4. Oktober 1849 [07] der Hinweis, dass der Uhrmacher und Mechani- kus Hipp sehr interessante Versuche mit einem neuen Chronoskop in Reutlingen durchführt und dass das neue und verbesserte Instru- ment jetzt in der Lage ist, den 1000sten Teil der Sekunde zu messen. Bestimmt wurden wieder Fallzeiten von Kugeln aber auch die Flugzeiten von Geschossen. Der originale Aufsatz in der Reutlinger Tageszeitung ist leider nicht mehr vorhanden. 27

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 5) DAS CHRONOSKOP VON HIPP, AUSFÜHRUNG 1849 [120] Wiederum ist es Wilhelm Oeschläger, der über diese Versuche mit dem Chrono- skop berichtet. In seinem Ar- tikel „das Hippsche Chrono- skop zur Messung der Fall- zeit eines Körpers und zu Versuchen über die Ge- schwindigkeit der Flinten- kugeln“ [22, 120, 122] bringt Oelschläger jetzt eine sehr genaue Beschreibung des Chronoskops und erstma- lig auch Abbildungen des Instruments. Oelschläger erwähnt, dass Hipp das ur- sprüngliche Chronoskop verbessert hat. Zum Chro- noskop wird jetzt auch ein Fallapparat geliefert, der als Eichnormal für das Instru- ment benutzt wird. Der Be- schreibung des Instruments folgen Messergebnisse aus den Bereichen Ballistik und Physik. 28

ABB. 6), 7) SEHR FRÜHES CHRONOSKOP #173 HERGESTELLT IN REUTLINGEN, FOTOGRAFIE GUSTAV HUNEKE Im Jahre 1848 kostete das Chronos- kop von Wheatstone 144,- fl. und das von Hipp 66,- fl. Das Instrument von Wheatstone war in der Lage 1/100 Sekunden zu messen und das von Hipp 1/500 Sekunden. Bereits ein Jahr später erreichte Hipp mit dem neuen Chronoskop eine Messgenauigkeit von we- nigen Millisekunden. Angeboten wurde das neue Chronoskop für 88,- fl. In diesem Preis war das Eichnormal bereits enthalten. Hipp konnte also ein Kurzeitmessinstrument liefern, das sehr genaue Messungen ermög- lichte und gleichzeitig auch relativ preiswert war. Auf eine detaillierte Beschreibung des Inst- ruments und seiner Funktion möchte ich an dieser Stelle erst mal verzichten und hier nur die Abbildungen zeigen, die Wilhelm Oel- schläger im Jahre 1849 publizierte. Hipp hat dann das Chronoskop verbessert. Übereinstimmungen mit der Zeichnung von Oelschläger zeigt ein Chronoskop, das ich in einer privaten Sammlung gefunden habe. Das Instrument ist stark korrodiert und nicht komplett, denn es fehlt der Elektromagnet auf der Rückseite des Instruments. DAS CHRONOSKOP VON HIPP 29

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 8), 9) CHRONOSKOP #131 HIPP IN REUTLINGEN, GELIEFERT IM FEBRUAR 1851, BERGAKADEMIE FREIBERG KUSTODIE, INVENTARNUMMER VII 105 Den modifizierten Mecha- nismus zum Starten und Stoppen des Uhrwerkes zeigt auch dieses Chronoskop. Das ursprünglich aus einer Platte bestehende Ziffernblatt wur- de durch 2 einzelne Ziffern- blätter ersetzt. Ein baugleiches Chronoskop befindet sich im Archiv des Science Museums in London. Das Instrument ist nicht da- tiert und eine Signatur ist auf dem stark korrodierten Zif- fernblatt nicht zu erkennen. Es wird vermutet, dass dieses Chronoskop aus dem persön- lichen Besitz von Charles Wheatstone stammt [164]. Nach der Entdeckung des Chronoskops an der Berg- akademie in Freiberg kann man jetzt davon ausgehen, dass auch dieses Instrument von Hipp in Reutlingen ge- fertigt wurde. 31

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Drei Tage später ist im Re- gensburger Tageblatt ein kurzer Bericht über Hipps Vorführung [10, 12] zu fin- den. Es wird berichtet, dass das Chronoskop zwar aus den Publikationen in Ding- lers Polytechnischem Journal Band 110 und 114 [121, 120], in Poggendorfs Analen der Physik Band 74 und in Eisen- lohrs Lehrbuch [45], 6. Aufla- ge von 1852 bekannt ist, aber dass Hipp nun das Chrono- skop nochmals verbessert hat. Erstaunlich ist die Tat- sache, dass Eisenlohrs Lehr- buch, Ausgabe 1852, schon im Jahre 1851 zitiert wird. Der Bericht lobt wieder die präzisen Ergebnisse bei Fall- zeit- und bei ballistischen Messungen. Erwähnt wird weiterhin, dass bereits sehr viele Chronoskope an physi- kalische Institute in England, Schottland, in der Schweiz ABB. 12) ANZEIGE IM REGENSBURGER TAGEBLATT VOM 26.09.1851 [11] 33

DAS CHRONOSKOP VON HIPP und in Deutschland verkauft wurden. Gro- ßen Beifall gibt es auch für die Vorführung des Buchstabenschreib-Telegraphenappa- rates. In Wien erhält Hipp für diesen neuen Telegraphen am 18. September 1851 eine Auszeichnung von Professor Carl August von Steinheil (1801–1870) [12]. 1852 – 1860 Hipp / Bern In Bern wird die Eidgenössische Telegraphenwerk- stätte gegründet. Auf Empfehlung Steinheils wird dem Württemberger Matthäus Hipp die technische Leitung der Berner Telegraphenwerk- stätte übertragen. Im Jahre 1852 verlässt Hipp dann die Stadt Reutlingen und tritt am 23. März 1852 in den Staats- dienst der Schweiz. Neben seiner Tätigkeit als Beamter hatte Hipp die offizielle Er- laubnis, auch für sich privat zu arbeiten und seine Erfin- dungen weiterzuentwickeln. Auf der III. Schweizerischen Industrieausstellung in Bern im Jahre 1857 [198, 199, 200, 202] zeigte Hipp einige seiner Erfindungen, einen Telegraphen, einen Chrono- graphen und auch das Chro- noskop. Für diese Erfindun- gen erhielt Hipp 1857 eine goldene Medaille [201]. Auch in Bern hat Matthäus Hipp das Chronoskop noch- mals überarbeitet. In der 34

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Fachliteratur habe ich bisher noch keine Hinweise dazu gefunden, aber wieder gibt es Instrumente, die konst- ruktive Änderungen doku- mentieren. Das nachfolgen- de Bild zeigt das Chronoskop am Physikalischen Institut der Universität Heidelberg. Der Aufbau entspricht den bekannten Modellen, aber der Holztisch und die Zif- fernblätter wurden geändert. Das Heidelberger Chrono- skop ist nicht datiert, aber ich habe versucht, in den alten Inventarverzeichnissen den entsprechenden Hinweis zu finden. Das Inventarver- zeichnis der Universität wur- de im Jahre 1913 von Philipp Lennard neu erstellt [108]. Glücklicherweise hat Len- nard die Inventarnummern der Altbestände unverändert ABB. 13) CHRONOSKOP #053 SIGNIERT < M. HIPP > übernommen. Diese Inven- tarliste umfasst mehrere Hundert Seiten und es ist leider nicht gelungen, die Eintragung zu Instrument XF 25 zu finden. 35

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Xf 16 19 22 24 25 28 31 32 33 34 35 Datum 1848 Instrument Erläuterungen Elektromagnet keine Angabe Elektromagnet keine Angabe Wheatstone Telegraph 1850 Modell Morse Telegraph Datum gesucht ? nicht gefunden keine Angabe Tangentenbousole Sept. 1852 Galvanometer keine Angabe Galvanometer 1843 1859 1863 Galvanometer Schreibfehler? 1853? Spiegelgalvanometer Spiegelgalvanometer Die gefunde- nen Eintra- gungen zu Gruppe Xf erlauben jedoch eine relativ genaue Datierung und man kann davon ausgehen, dass das Instrument um 1852 erworben wurde. Möglicher- weise ist auch die Signatur < M. Hipp > ein Beweis da- für. Die fehlende Ortsangabe deutet meiner Meinung nach darauf hin, dass Hipp dieses Chronoskop in Bern baute. Hipp arbeitete zwar offiziell für die dortige Telegraphen- werkstätte, hatte aber die Er- laubnis, neben seiner beruf- lichen Tätigkeit als Beamter, auch für sich persönlich wei- ter zu arbeiten. Da das Chro- noskop aber kein Produkt der Telegraphenwerkstätte war, hat Hipp nur mit seinem Namen signiert. 36

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Die Suche in der Heidel- berger Inventarliste war aber aus anderer Sicht sehr erfolgreich, denn es wurde ein weiteres Chronoskop mit der Inventarnummer IX 23 gefunden. Dieses Instrument lieferte Hipp im Jahre 1854 an das Heidelberger Institut. Diese Eintragung ist ein wei- terer Beweis dafür, dass Hipp auch in Bern Chronoskope baute und verkaufte. Über den Verbleib dieses Chrono- skops ist heute leider nichts bekannt. Ein weiteres Chronoskop dieser Bauart findet man an der Universität von Pisa. Auch dieses Chronoskop ist signiert < M. Hipp >. Die Da- tierung der Universität lautet vor 1860. Im Laufe der Zeit gewinnt das Chronoskop immer mehr an Popularität und verschie- dene Fachaufsätze erschei- nen in den wissenschaft- lichen Fachzeitschriften der damaligen Zeit: In Dinglers Polytechnischem Journal, in Poggendorfs An- nalen der Physik und im Po- lytechnischen Centralblatt. Die Autoren Decher (1852) [34], Poppe (1853 und 1854) [133] und Kuhn (1855) [100] setzen sich sehr detailliert mit Fragen der Eichung und Kalibrierung und der An- wendung des Chronoskops auseinander. Aber auch in die allgemei- nen Lehrbücher der Physik und Elektrotechnik wird das Chronoskop nun aufgenom- men. Zu nennen sind: 37 X

DAS CHRONOSKOP VON HIPP 1860 – 1875 Hipp / Neuchâtel Wir schreiben nun das Jahr 1860. Mat- thäus Hipp scheidet aus dem Staats- dienst der Schweiz aus und gründet in Neuchâtel/Neuenburg eine eigene Fabri- kation. Diese Fabrik trägt den Namen, Fabri- que de Télégraphes et Appareils électriques Neuchâtel oder auch Neuenburger Telegra- phenfabrik. Matthäus Hipp stellt in Neu- châtel elektrische Haupt- und Nebenuhren, elektrische Telegraphenapparate und andere elektromechanische Instrumente her. Die Neuenburger Fabrik verkauft selbstverständ- lich auch Chronoskope. Festzustellen ist, dass das Instrument erneut überarbeitet wurde. In einem Katalog [82, 83] aus dem Jahre 1869 ist folgender Eintrag zu finden: 75. Chronoscop zum Messen kleiner Zeitin- tervalle; z.B. zur Bestimmung der Fallzeiten, der persönlichen Gleichung, der Nervenge- schwindigkeit, der Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse. Beschreibung in dem oben citierten Werke und in der Abhandlung: „Chronoscopische Versuche über die Ge- schwindigkeit der Sinneseindrücke, von A. Hirsch“, in der physiologischen Zeitschrift von Moleschott, 1863. – Genauigkeit: 1/1000 Sekunde. Das Instru- ment ist in großer Anzahl in den physikali- schen Kabinetten verbreitet. Angeführt wird eine Publikation von Hirsch, die 1863 in der physiologischen Zeitschrift von Moleschott publiziert wurde. Diese Ab- handlung basiert auf einem Vortrag von Hipps Freund Adolf Hirsch (1830–1901), der 1861 auf einer Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft in Neuenburg über „Chrono- skopische Versuche über die Geschwindig- keit der verschiedenen Sinneseindrücke und der Nervenleitung“ [87, 118] berichtete. Hirsch ist Astronom und Leiter der Stern- warte in Neuchâtel. Als Astronom kennt er nur allzu gut das Phänomen der persönlichen Gleichung, also die individuellen Zeitunter- schiede bei der Registrierung von Sternen- durchgängen. 39

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 16) CHRONOSKOP MODELL 75, PRIX-COURANT VON 1869 Hirsch suchte nach einer Erklärung und nach Mög- lichkeiten der Korrektur. Für die experimentellen Untersuchungen be- nutzte Hirsch zwei von Matthäus Hipp ausgeliehene Chronoskope. Hirsch ermittelte damit unterschiedliche Re- aktionszeiten bei der Wahrnehmung durch Hören, Sehen oder Fühlen, die weiterhin vom Individuum selbst abhängen. An diesen Ver- suchen beteiligten sich Personen wie Hipp, Gillaume und Garnier. Am Ende seines Berichtes fordert Hirsch Psychologen und Physiologen auf, diese Ver- suche fortzusetzen, und empfiehlt ausdrück- lich die Verwendung des Chronoskops von Hipp. Hirsch war wohl der erste Naturwissen- schaftler, der das Chronoskop bei psycho- technischen Messungen einsetzte. Hirsch setzte sich noch längere Zeit mit die- sem Thema auseinander, denn im Februar 1863 referiert er nochmals vor der Naturfor- schenden Gesellschaft zum Thema „Ueber persönliche Gleichung und Correction bei chronographischen Durchgangsbeobachtun- gen“ [86]. Das Referat von Hirsch aus dem Jahre 1861 beinhaltet eine sehr detaillierte Beschrei- bung des Chronoskops und der Aufbau und die Funktion des Instruments werden aus- führlich erklärt. 40

DAS CHRONOSKOP VON HIPP 390 GRAMM GEWICHT 20 ZÄHNE Hipp benutzt, wie ursprüng- lich Wheatstone auch, ein mechanisches Uhrwerk mit Gewichtsantrieb in Kombi- nation mit einem elektroma- gnetischen Impulsgeber zum Starten der Zeitmessung. Das Uhrwerk besteht aus ei- nem Getriebe mit mehreren Zahnrädern, das von einem Gewicht (390 g) angetrieben wird. Durch einen einfachen Trick gelingt es Hipp, die Trägheit des mechanischen Uhrwerkes zu überlisten, in- dem er das Uhrwerk von dem Zeigerwerk abtrennt. Der Ablauf des Uhrwerks wird durch eine geniale Hemmung (Fig. I) geregelt. Diese Hemmung besteht aus der einseitig fest ein- gespannten Stahllamelle f und dem Steigrad s mit 20 Zähnen. Diese Lamelle wird in der Literatur auch als Hippsche Lamelle, schwingende Klinge oder Sirenenfeder bezeich- net. ABB. 17) AUFBAU DES CHRONOSKOPS, MODELL 75 VON HIPP 41

DAS CHRONOSKOP VON HIPP SCHWINGUNGEN PRO SEKUNDE ERREICHT DIE GUSSSTAHL-LAMELLE 1000 Hipp hat diese Lamelle er- gleichmäßigem Lauf abgibt. Das Steigrad macht 50 Umdrehungen in der Sekunde. Das Uhrwerk wird manuell mit Hilfe zweier Seilzüge gestartet bzw. angehalten. Die Seil- züge sind an 2 Hebeln befestigt. Der obere Hebel (Figur I) wird zum Starten des Uhr- werkes benutzt. Wird dieser Hebel betätigt, gibt der Stift e das Steigrad frei und bewegt gleichzeitig die Klinke b. Die Klinke b gibt dann die Energie der vorgespannten Feder d direkt an das Getriebe und bzw. an das Steig- rad ab. So wird der Lamelle eine sehr große Anfangsbeschleunigung erteilt, die notwe- nig ist, um die gewünschte Schwingung von 1000 Hertz zu erreichen. Vor jeder Messung muss zuerst das Uhrwerk gestartet werden, damit dieses eine gleichför- mige Geschwindigkeit erreicht. funden und bereits 1845 bei seinen Telegraphen- apparaten verwendet, um eine Gleichmäßigkeit zwischen Sende- und Empfangsapparat zu erzielen [17]. Robert Weber schreibt dazu, dass Hipp wochenlang experimentierte, bis er die richtigen Abmes- sungen der Lamelle gefunden hatte [169]. Die Eigenschaften der Lamelle hängen vorrangig von der Elastizität und den Abmessungen ab. Die besten Ergebnisse erzielte Hipp mit einer Lamelle aus ungehärtetem Gussstahl. Diese ist überall gleich dick und gleich breit und hat einen massiven Fuß. Wird diese Lamelle nun in Schwingungen versetzt, so erreicht sie 1000 Schwingungen pro Sekunde. Dies entspricht einem Ton von 1000 Hertz, den das Instrument dann bei 42

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Das Zeigerwerk ist unab- hängig vom Uhrwerk und hat 2 Ziffernblätter mit je 100 Unterteilungen. Der Zeiger des unteren Ziffernblattes macht eine Umdrehung in 10 sec, so dass 1/10 sec abgele- sen werden können. Der Zei- ger des oberen Ziffernblattes braucht 1/10 sec für eine Um- drehung und aufgrund der Teilung können dann 1/1000 sec abgelesen werden. Die Figur III zeigt die me- chanische Ausführung des gesamten Zeigerwerkes. Der Zeiger des oberen Ziffern- blattes ist auf der Welle w befestigt. Diese Welle w ist horizontal verschiebbar und wird durch die hohle Welle des Kronrades K1 und des Zahnrades R1 geführt. Die Welle w treibt direkt das Wechselgetriebe des unte- ren Zeigers an und trägt den Mitnehmer m. Dieser Mit- nehmer greift je nach seiner Stellung einmal in das be- wegliche Kronrad K1 oder in das fixierte Kronrad K2. Bei- de Kronräder haben 100 sehr feine Zähne. Greift der Mitnehmer m nun in das Kronrad K1, dann be- wegt sich die Zeigerwelle w und die Zeiger drehen sich. Hat der Mitnehmer m aber Kontakt mit Kronrad K2, dann steht die Zeigerwelle w still und auch die Zeiger be- wegen sich nicht. Die Verschiebung der Welle w und des Mitnehmers m er- folgt mit Hilfe einer elektri- schen Auslösung. Diese elek- trische Auslösung besteht aus einem Elektromagneten und einem drehbaren Hebel- arm l, der am oberen Ende eine Justierschraube trägt und so direkt auf die Welle w einwirkt. 43

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 18) CHRONOSKOP #014 MODELL 75 SIGNIERT < M. HIPP NEUCHÂTEL SUISSE NO. 2889 > DEUTSCHES UHRENMUSEUM FURTWANGEN, INVENTARNUMMER 2015-068 HERGESTELLT ZWISCHEN 1865 UND 1870 Der Elektro- magnet wird per- manent vom Strom durchflos- sen. Dadurch wird die Welle w angedrückt und der Mit- nehmer m greift in das Kron- rad K2. Die Zeiger bewegen sich jetzt nicht. Wird nun der Stromkreis unterbrochen, so drückt der Hebelarm nicht mehr gegen die Welle w und der Mit- nehmer m kann in das sich drehende Kronrad K1 ein- greifen. Die Bewegung des Kronrades wird direkt auf die Zeiger übertragen und diese beginnen sich zu drehen. Entsprechend der Bezeich- nung von Matthäus Hipp im Verkaufskatalog von 1869 werde ich diesen Typ des Chronoskops jetzt als Modell 75 bezeichnen. Das Chronoskop Modell 75 ist den bisher bekannten Ausführungen sehr ähnlich, bei genauerem Hinsehen er- kennt man aber, dass Hipp das Chronoskop überarbeitet hat. Modifiziert wurde die Auslösung des Uhrwerkes. Die Hebelarme zum Starten und Stoppen des Uhrwerkes werden jetzt einfach mit Hil- fe von Seilzügen betätigt und nicht mehr über Stangen mit Federn. Am Ende der Seil- züge ist ein Knopf aus Horn befestigt. Die 2 Ziffernblätter aus Email wurden durch 2 versilberte Ziffernblätter ersetzt. Die Messgenauigkeit liegt wie bisher bei 1/1000 sec. Bis heute wurden 6 Chrono- skope dieser Bauart gefun- den. 45

DAS CHRONOSKOP VON HIPP # 55 11 14 96 22 104 Signatur No. Standort Detail M. Hipp Neuchâtel M. Hipp Neuchâtel Suisse M. Hipp Neuchâtel Suisse M. Hipp Neuchâtel Suisse M. Hipp Neuchâtel Suisse M. Hipp Neuchâtel Suisse 2505 2506 2889 5370 5751 7001 I–Palermo Dezember 1865 CH–Le Locle D–Furtwangen NL–Leiden 1871 Auktion 1983 [186] CD–Yale 1860 Loir 1863 Dub Chronoscopes et chronogra- phes [113] Die Anwendung des Elek- tromagnetismus mit beson- derer Berücksichtigung der Telegraphie [40] 1866 Kuhn Handbuch der angewandten Elektrizitätslehre [101] 1867 Daguin Traité élémentaire de physi- que théorique et expérimen- tale [33] 1872 Du Moncel Exposé des applications de l’électricté, vol 4 [42] Alle diese Instrumen- te haben den glei- chen Auf- bau und tragen auf dem Ziffernblatt die Signatur < M. Hipp Neu- châtel Suisse >. Oberhalb dieser Signatur findet man eine Seriennummer der Neu- enburger Telegraphenfabrik. In der wissenschaftlichen Fachliteratur der damaligen Zeit erscheinen weitere Ver- öffentlichungen über das Chronoskop und dessen An- wendung. Zu nennen sind: 46

Nachfolgend 2 Beispiele aus dem Lehrbuch von Julius Dub, die das Hippsche Chro- noskop zeigen. Zu diesem Bild ist zu sagen, dass Dub hier eine Ausfüh- rung des Chronoskops zeigt, die im Jahre 1863 bereits als veraltet einzustufen ist. ABB. 20) BALLISTISCHER VERSUCH MIT DEM CHRONOSKOP VON HIPP DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 19) DAS CHRONOSKOP VON HIPP Der gezeigte Versuchsaufbau diente der Be- stimmung von Geschossgeschwindigkeiten. Vor die Mündung eines Kanonenrohrs wird dazu ein Draht gespannt, der mit dem Chro- noskop und der Batterie in leitender Verbin- dung steht. In genau definiertem Abstand zur Kanone wird ein Rahmen mit einem elek- trischen Kontakt aufgestellt, der zu Beginn des Versuches geöffnet ist. Das Chronoskop wird dann manuell gestartet und wenig später die Kanone abgefeuert. Das Geschoss durchtrennt den vor der Mündung gespannten Draht und in diesem Moment beginnt die Zeitmessung. Trifft das Geschoss dann auf den Rahmen, so wird der Strom- kreis wieder geschlossen und damit die Mes- sung beendet. Aus der ermittelten Zeit und der bekannten Strecke kann die Geschwin- digkeit des Geschosses errechnet werden. 47

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Ab 1875 Das verbesserte Chronoskop ABB. 21), 22) AUFBAU DES NEUEN UND VERBESSERTEN CHRONOSKOPS [173] Das Modell 75 wurde von 1860 bis 1875 hergestellt. Ein erster Hinweis auf die Weiterentwicklung des Chronoskops ist in dem Artikel „Über die Anziehungs- und Abreißungszeit der Elektromagneten“ [138] von Heinrich Schneebeli zu finden. Schneebeli schreibt im Jahre 1875, dass das Chronoskop nun in fast allen physikalischen Laboratorien anzutreffen ist und auch allen Fachleuten bekannt ist. Schneebeli besitzt selbst ein neues und verbessertes Chronoskop von Hipp und möch- te dieses nun der Öffentlichkeit vorstellen. 48

DAS CHRONOSKOP VON HIPP in Resonanz versetzt wird. Frequenz und Messgenauig- keit bleiben unverändert. Deutlich zu sehen ist, dass die vordere Platine des Uhr- werks jetzt kürzer ist als die hintere, wodurch die Hem- mung sichtbar und auch leichter zugänglich ist. Die mecha- nischen Bauteile des Chro- noskops bleiben unverändert und auch die prinzipielle Konstruktion der Hemmung wird beibehal- ten. Die früher verwendete einfache Schraube für die Kalibrierung der Lamellen- feder wird nun durch ein re- gulierbares Dämpfungsglied ersetzt. Dieses besteht aus einem drehbar gelagerten Hebel, der mit Hilfe eines kleinen Gewichts einen Dämpfer auf die Lamelle drückt. Die Schwingung der Lamelle wird dadurch nicht behindert. Der Dämpfer er- möglicht eine schnellere Feineinstellung der Lamelle und verhindert, dass diese ABB. 23), 24) BAUTEILE DES NEUEN CHRONOSKOPS, OBEN: LAMELLE F UND STEIGRAD S, UNTEN: KRONRÄDER K1 UND K2 UND MITNEHMER H 49

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Geändert wurde auch die elektro- magneti- sche Einheit des Chrono- skops, die auf der Rückseite des Instruments zu finden ist. Während bei allen älte- ren Modellen nur ein Elek- tromagnet (2 Spulen) zum Einsatz kam, benutzt Hipp bei der neuen Ausführung jetzt 2 Elektromagnete (4 Spulen). Zwischen diesen Spulenpaaren liegt der An- ker m, dessen Lage mit Hilfe zweier Hebel und Federn ein- gestellt werden kann. Bei den älteren Chrono- skopen konnte die Messung alleine durch die Unterbre- chung des vorher geschlos- senen Stromkreises aktiviert werden. Bei dem verbesser- ten Chronoskop besteht jetzt die Möglichkeit, sowohl bei geschlossenem, als auch bei geöffnetem Stromkreis zu messen. So ergeben sich deutliche Vorteile für den Anwender, weil die Anzahl der Messmöglichkeiten enorm vergrößert wird. Die verschiedenen Einsatzmög- lichkeiten des verbesserten Chronoskops zeigt das nach- folgende Bild: 50

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 26) CHRONOSKOP MODELL 88, PRIX COURANT VON 1877 [84] Schauen wir uns auch einen alten Verkaufs- katalog der Neuenburger Telegraphenfabrik [84] an, unter Nummer 88 ist das Chronoskop zu finden. 88. Chronoscope pour mesurer de petites fractions de temps; il sert, par exemple, à la détermination des tempes de chutes des corps, à la mesure des équations personn- elles, de la vitesse de nerveuse, à la vitesse initiale des projectiles, etc. On trouve la description détaillée dans les mémoires: Ex- périences chronoscopiques pour mesurer la vitesse des sensations, par A. Hisch – Bulletin de la Société des sciences naturelles de Neu- châtel 1863, – et dans les Annales de J.-C. Pog- gendorf, page 618 etc. année 1875. Exactitude 1/1000 de seconde. Cet instrument est répandu en très grand nombre dans les cabinets de physiqueLe nou- veau modèle avec èlectro-aimants doubles 345,- 51 ABB. 25) MÖGLICHKEITEN DER MESSUNGEN MIT DEM NEUEN CHRONOSKOP [61]

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Die Suche nach Chro- noskopen aus dieser Zeit war er- folgreich. Gefunden wurden bisher 27 Instrumente (Modell 88). Diese Chronoskope haben einen identischen Aufbau und tragen die Signatur < M. Hipp Neuchâtel > und eine spezifische Seriennummer. Manche Instrumente zeigen allerdings geringfügige Mo- difikationen, wie ein dreh- bares Ziffernblatt, das die Justierung des Nullpunktes erlaubt oder ein verändertes Gestell. ABB. 27), 28) CHRONOSKOP #145 SIGNIERT < M. HIPP NEUCHÂTEL NO. 12692 > LAUSANNE UNIVERSITÄT, MODELL 88 CA. 1880, FOTO JEAN-FRANCOIS LOUDE Die Platinen einiger Instru- mente wurden vermessen und aus den Ergebnissen kann man folgern, dass jedes Instrument eine Einzelanfer- tigung war. 52

Viele Chronoskope sind heute an psychologischen Instituten zu finden und da- für gibt es eine plausible Er- klärung. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt die Wissenschaft, das Nerven- system und die Sinne von DAS CHRONOSKOP VON HIPP Tier und Mensch näher zu erforschen. Ziel dieser Untersuchungen ist es, die Wahrneh- mung von Mensch und Tier zu verstehen und auch naturwissenschaftlich zu erklären. So konnte 1848/49 Emil du Bois-Reymond (1818–1896) in seinen „Untersuchungen über thierische Electrictät“ nachweisen, dass die Nerventätigkeit eine elektrische Erscheinung ist. 1850 referierte dann der Physiologe Her- mann von Helmholtz (1821–1894) aus Königs- berg über „die Methoden, kleinste Zeitteile zu messen, und ihre Anwendung für physio- logische Zwecke“ [81]. Experimentell konnte Helmholtz nachweisen, dass ein Nervenreiz eine bestimmte Zeit benötigt, um im Gehirn registriert zu werden. Diese Zeitspanne liegt bei Fröschen bei ca. 0,27 m/sec und beim Menschen bei ca. 60 m/sec, also weit unter dem damals angenommenen Wert von 3 × 108 m/sec (Lichtgeschwindigkeit). Auch die angeführten Untersuchungen von Adol- phe Hirsch gehören zu diesem Themenkreis. In der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts unternahm dann der Mediziner, Psychologe und Philosoph Wilhelm Wundt (1832–1920) die ersten Schritte, im Bereich der psycho- logischen Forschung eine naturwissenschaft- liche und experimentelle Methodik einzu- führen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Erforschung der menschlichen Reaktionszei- ten [64, 74]. Zur Bestimmung von Reaktions- zeiten setzt Wilhelm Wundt bevorzugt das Chronoskop von Hipp ein [172, 173]. Wundts wissenschaftliche Forschung findet großen Anklang und diese noch junge Wis- senschaft wird bekannt als experimentelle Psychologie. Das erste Institut für experi- mentelle Psychologie wird dann 1879 in Leip- zig gegründet. 53

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 29) VERSUCH MIT HIPP CHRONOSKOP UM 1920, ZGP WÜRZBURG FM_0661 [273] Gründer und Leiter des Insti- tuts ist Wilhelm Wundt. Von Leipzig aus verbreitet sich die Lehre und Methodik der experimentellen Psycho- logie und in den nachfolgen- den Jahren werden weitere experimentalpsychologische Institute gegründet, in Göt- tingen 1881, in Baltimore 1883, in Kopenhagen 1886, ... und im Jahre 1889 sind es 14 und 10 Jahre später bereits mehr als 50 psychologische Institute und Laboratorien [119]. Man kann direkt fol- gern, dass der Bedarf an Chronoskopen in gleichem Maße ansteigt und dass eine eigene Industrie entsteht, um den enormen Bedarf an wissenschaftlichen Instru- menten zu decken. 54

DAS CHRONOSKOP VON HIPP 1889 – 1908 Peyer, Favarger & Cie / Neuchâtel Matthäus Hipp übergibt aus gesund- heitlichen Gründen am 15.2.1889 die Leitung der Neuenburger Fabrik den Ingenieuren von Peyer und Favarger. Albert Favarger übernimmt die Ab- teilung für elektrische Uhren. We- nige Tage nach der Firmenübergabe zieht Matthäus Hipp mit seiner Frau nach Zürich. Am 3. Mai 1893 stirbt Matthäus Hipp im Alter von 80 Jahren in Zürich. Die Herren Peyer und Favarger setzen Hipps Lebenswerk fort. Die Hippsche Telegraphenfabrik entwickelt sich während dieser Zeit zur Produktionsstätte für Präzisionsmechanik und Schwachstromapparate. Die hergestellten Instrumente und Apparate erhalten jetzt die Signatur < Peyer, Favarger & Cie Successeurs de Hipp Neuchâtel Suisse > und eine Seriennum- mer. Der Zusatz < Successeurs de Hipp > ist allerdings nicht auf allen Instrumenten zu finden. Peyer und Favarger stellen auch weiterhin Chronoskope her und erweitern das Produktionsprogramm. Neben der Stan- dardausführung sind in einem Katalog von 1902 [131] jetzt zwei weitere Ausführungen zu finden. Eine ausführliche Be- schreibung der Instrumente ist auch in Favargers Buch, Die Electricität und ihre Verwerthung zur Zeitmessung [60], zu finden. 55

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 30) CHRONOSKOP MODELL 256 UND MODELL 257, KATALOG VON 1902 Das Modell 256 ist bau- gleich mit dem Mo- dell 88 von Matthäus Hipp, das unverändert über- nommen wurde. Neu ist das Modell 257. Das Uhrwerk des Chronoskops ist nun auf einem Wand- brett platziert, um längere Laufzeiten zu erreichen. Ver- glichen mit dem Standard- modell verlängert sich die Laufzeit von ca. 1,5 min auf ca. 6 min. Der Antrieb erfolgt über ein schweres Gewicht (5 – 6 kg), das von Hand auf- gezogen werden muss. Die Messgenauigkeit liegt wie beim Standardmodell im Millisekundenbereich. Zu er- kennen ist diese Ausführung immer an der Lage der Auf- zugswelle, die jetzt unterhalb des Ziffernblattes angeord- net ist. 56

DAS CHRONOSKOP VON HIPP 6MINUTEN LAUFZEIT HAT DAS MODELL 257 Peyer und Favarger bieten noch eine weitere Ausführung des Chronoskops an. Im Katalog von 1902 wird dieses Chronoskop als Modell 257b bezeichnet. Dieses Instrument hat 3 Zif- fernblätter und eine sehr lange Laufzeit von ca. einer Stunde. Der Antrieb erfolgt wieder über ein Gewicht und die Messgenauigkeit liegt im Bereich von 1/100 sec. Im Katalog von 1902 ist diese Ausführung leider nicht abgebildet, aber in einem Katalog von 1913 [59] findet man eine Darstellung. ABB. 31) CHRONOSKOP #013 SIGNIERT < PEYER, FAVARGER & CIE NEUCHÂTEL SUISSE NO. 19979 > PRIVATE SAMMLUNG JAIME WYSS, DÜBENDORF MODELL 257 MIT LANGER LAUFZEIT, CA. 1905 57

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Ch. #032: Die Startvorrichtung des Uhrwerks wurde verändert. Das Uhrwerk wird mit Hilfe eines Tasters gestartet und gestoppt. Ch. #009: Dieses Chronoskop wurde von Clay & Torbensen geliefert. Ch. #058: Das Ziffernblatt wurde modifiziert damit der Nullpunkt eingestellt werden kann. Ch. #089: Die letzten beiden Ziffern der Seriennummer sind nicht bekannt Ch. #077: Ch. #072: Ch. #002: Dieses Chronoskop hat keine Seriennummer, man kann aber davon ausgehen, dass es von Peyer und Favarger geliefert wurde. Die Sternwarte Strassburg bestellte 1898 ein Chronoskop bei Peyer, Favarger & Cie. Geliefert wurde das Instrument dann im März 1898. Das Chronoskop und der zugehörige Fallapparat zur Eichung des Instrumentes kosteten damals zusammen 345,- Mark [152]. Das Deutsche Museum in München zeigte ebenfalls Interesse an einem Chronoskop. Im November 1905 schrieb die Direktion des Museums an Peyer, Favarger & Cie in Neuchâtel und bat um ein Chronoskop für die Ausstellung. Am 6. Dezember 1905 wurde geantwortet, dass aufgrund unentwegter Bestellungen momentan keine Chronoskope verfügbar seien, aber dass man die Wünsche aus München berücksichtigen wird und auch noch einige andere Instrumente für die Ausstellung zur Verfügung stellen wird [128]. Am 15.3.1906 erhielt das Deutsche Museum dann die Nachricht, dass ein Chronoskop, courantes Modell, eine Sekundenpendeluhr neuster Bauart und einige Nebenuhren auf einer Ausstellung in Mailand gezeigt und nach Abschluss der Ausstellung dann nach München verschickt werden [129]. Das Chronoskop, das heute noch in der Ausstellung des Deutschen Museums zu finden ist, war ein Geschenk der Firma Peyer, Favarger & Cie. 59 C

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Laufzeit, Anzeige und De- sign, wobei der konstruktive Aufbau nur unwesentlich verändert wird. Für jeden Geschmack und für jeden Einsatzbereich gibt es nun eine spezielle Ausführung. Die nachfolgende Liste zeigt die im Jahre 1913 lieferbaren Ausführungen. Die Bedeu- tung des Chrono- skops für die Wis- senschaft scheint sehr groß zu sein, denn im Jahre 1913 bietet die Neuenburger Telegraphen- fabrik 8 neue Modelle des Chronoskops an [59]. Die Modifikationen betreffen Modell Antrieb Beschreibung Messung sec Laufzeit min 256 256A 256B Gewicht Feder Feder 257 Gewicht 257A Gewicht Kette 257B Feder 257C 257D 257E Feder Feder Gewicht Kette Modèle courant, Tisch aus Holz wie 256, auf Holzbrett „Münsterberg Chronoskop“, Glas, Metall Grand modèle, auf Holzbrett auf Tisch aus Holz Grand modèle à 3 cadrans, auf Holzbrett Grand modèle à 3 cadrans, auf Holzbrett 257A mit 4 Ziffernblättern 257B mit 4 Ziffernblättern Nouveau modèle ohne Nullstellung der Zeiger mit Nullstellung der Zeiger 1/1000 1/1000 1/1000 1/1000 1/10 1/10 1/1000 1/1000 1/50 1 1 1 6 30 15 30 15 Preis sfr 400,- 375,- 425,- 600,- 650,- 750,- 700,- 900,- 850,- 800,- 950,- 61

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Registriert wurden bis- her 14 Chro- noskope, die von Favarger & Cie herge- stellt wurden. Festzustellen ist, dass einige Chronoskope eine fremde Signatur zeigen. Liste der einzelnen Instru- mente im Anhang. ABB. 34) CHRONOSKOP #088 SIGNIERT < SPINDLER & HOYER GÖTTINGEN 21132 >, UNIVERSITÄTSMUSEUM GRONINGEN, INVENTAR-NR. 1966/13,4 MODEL 257 A MIT 3 ZIFFERNBLÄTTERN VON FAVARGER & CIE 1927 – ca. 1989 FAVAG / Neuchâtel 1927 wird die Aktiengesell- schaft Favarger dann in FA- VAG – Fabrik elektrischer Apparate AG umbenannt. 1932 wird die FAVAG von der Firma Hasler übernommen. Im Jahre 1983/84 fusioniert Hasler mit Autophon und es entsteht die Firma Ascom. Die FAVAG wird nun Ascom FAVAG genannt. Im No- vember 1989 wird FAVAG an Bosshard (Moser-Baer) verkauft und die Produktion wird eingestellt. Im Juli 2002 wird Bosshard in Mobatime umbenannt. 62

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Schwerpunkt der Produk- tion in Neuchâtel sind Tele- fonapparate und Telefon- anlagen, wissenschaftliche Instrumente und elektrische Uhrenanlagen. Die FAVAG stellte auch wei- terhin Chronoskope her, aber das umfangreiche Lieferpro- gramm früherer Zeiten wur- de bereinigt. In den Jahren 1928 – 1936 hat die FAVAG folgende Ausführungen des Chronoskops im Lieferpro- gramm [16, 51, 52, 53, 54, 58, 105]. Die Chronoskope der FAVAG entsprechen zu dieser Zeit immer noch dem alten elek- tromechanischen Vorbild von Matthäus Hipp. Eine technische Neuerung ist jedoch die Nullstellung der Zeiger, die gegen Aufpreis geliefert wird. Das Aussehen des Instru- mentes wurde dem Zeitge- schmack angepasst und es ist anzunehmen, dass auch Kos- tenfaktoren mitbestimmend für diese Änderungen waren. Modell Antrieb Beschreibung Messung sec Laufzeit min Preis sfr 201 Feder Gewicht 202 Gewicht 206 Feder 207 Feder 211 212 Gewicht Gewicht Feder baugleich mit 256A Normales Labormodell ohne Nullstellung, auf Holztisch Normales Labormodell mit Nullstellung, auf Holztisch Tragbares Standardmodell ohne Nullstellung, Glas, Metall Tragbares Standardmodell mit Nullstellung, Glas, Metall verstärktes Modell ohne Nullstellung, auf Holztisch verstärktes Modell mit Nullstellung, auf Holztisch Langzeitchronoskop, 3 Ziffernblätter 1/1000 1/1000 1/1000 1/1000 1/1000 1/1000 1/1000 1 1 1 1 1 6 6 1/1000 60 800,- 900,- 825,- 925,- 1300,- 1400,- 4/1928 1928, 1933 1928, 1933 1928, 1933 1928, 1933 1928, 1933 1928, 1933 1933, 1936 63

ABB. 35) CHRONOSKOP #056 SIGNIERT FAVAG S.A. NEUCHATEL (SUISSE), KEINE SERIENNUMMER, OXFORD UNIVERSITY – MUSEUM OF THE HISTORY OF SCIENCE, INVENTAR NR. 65177, FOTO WILLEM HACKMAN Am Design des Tisches, auf dem das Chro- noskop steht, ist diese Maß- nahme beson- ders deutlich zu erkennen. Die kunstvoll und sehr aufwendig hergestellten Tische aus edlen Hölzern (Mahagoni, Palisander) wurden ersetzt durch Tische aus preiswertem Holz (Eiche) mit einfachen geometrischen For- men. Uhren und Instrumente erhal- ten nun die Signatur < FAVAG > und das System der Serien- nummern, das bisher unver- ändert fortgesetzt wurde, wird geändert. Die Anzahl noch exis- tierender Instrumente ist gering und es war mir möglich, ledig- lich 2 Instrumente der FAVAG zu lokalisieren. Ein Chronoskop Modell 201 steht an der Univer- sität von Oxford [123]. Es wurde von C.F. Palmer an das Institut für experimentelle Psychologie geliefert. Ein „Münsterberg“ Chronoskop Modell 207 findet man an der Universität von Syd- ney. DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 36) CHRONOSKOP #097 OHNE SIGNATUR UND SERIENNUMMER, MIT NULLSTELLUNG DER ZEIGER SYDNEY UNIVERSITÄT, MODELL 206 VON FAVAG (MÜNSTERBERG CHRONOSKOP) 65

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Wie die Entwicklung des Hipp Chronoskops bei der FAVAG dann weiterging ist schwer zu sagen, weil datierbare Quellen fehlen. Sicher ist aber, dass die Fir- ma FAVAG das Chronoskop nochmals veränderte. Einen Hinweis dazu findet man erstaunlicherweise in dem Buch „Komplizierte Taschen- uhren“ von Lecoultre [105]. Gezeigt wird dort ein Chro- noskop, das dem Standard- modell 207 mit Federantrieb sehr ähnlich ist. Dieses Inst- rument besitzt jetzt aber eine dritte Platine in Dreiecks- form, die das große Zahnrad abdeckt, welches die Verbin- dung zwischen dem oberen und dem unteren Zeigerge- triebe herstellt. Zu erkennen ist weiterhin, dass die Auf- zugskurbel durch einen gro- ßen Knopf ersetzt wurde. ABB. 37) CHRONOSKOP MIT FEDERANTRIEB IM BUCH VON LECOULTRE 66

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ~1940 – ~1980 FAVAG Motor- Chronoskope Wann begann die FAVAG den Ge- wichtsantrieb des Chronoskops durch einen Synchron- motor zu erset- zen? Es gibt Spuren. Auf der 25. Schweizer Mustermesse im Juni 1941 zeigt die FAVAG ein neues Chronoskop mit Synchronmotor [277]. Im Juni 1944 gibt es eine Werbeanzeige [276] und 1945 publiziert die FAVAG einen ausführlichen Artikel über das Synchron- chronoskop [275]. Typenbezeichnungen, welche eine Zuordnung erleichtern könnten, werden leider nicht genannt. Neben diesen Publikationen in Schweizer Uhrenzeitungen gibt es verschiedene Instrumente, welche die Entwicklung des Instruments verdeutlichen. Bekannt sind Motorchronoskope mit der Ty- penbezeichnung M 340/0/3, M340, M340/0/1 aus den Jahren 1941 und 1942. Das M340/0/3 Motorchronoskop #162 mit der Seriennum- mer 411434 ist das bisher älteste Chronoskop dieser Bauart. Ein Synchronmotor, der wahlweise mit 110 bzw. 220 Volt betrieben wird und eine Fre- quenz von 50 Hertz hat, ersetzt das treibende Gewicht und auch die als Gangregler benutz- ABB. 39), 40) CHRONOSKOP #162 MODELL M340 SIGNIERT < FAVAG NEUCHATEL SUISSE>, DATIERT 1941, SERIENNUMMER 411434, FOTOS MICHAEL GROHE 68

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Die Ent- wicklung ging weiter und ab ca. 1950 ist das neue Modell mit der Bezeichnung M430 verfügbar. Zu M430 gibt es mehr Informationen [55, 182, 184]. Auf den ersten Blick ist das neue Modell kaum von den älteren zu unterscheiden. Es gibt jetzt 9 Anschlussklemmen auf der Oberseite und die Mess- genauigkeit liegt im Millise- kundenbereich. ABB. 43) SCHREIBEN DER FAVAG ZUM M400 VOM 27.7.1946 Das Chronoskop M430 wur- de Ende der 1960er-Jahre dann nochmals modifiziert und als Modell M500 [56] verkauft. Ein neuer Werk- stoff wird für das Gehäuse verwendet, Kunststoff. 35 Chronoskope der Favag mit Synchronmotorantrieb sind bekannt. 71

DAS CHRONOSKOP VON HIPP ABB. 46) CHRONOSKOP #143 MIT SERIENNUMMER 702023, MODELL M500 MIT SYNCHRONMOTOR, DATIERT 1970 Diese mo- dernen Chrono- skope mit Motor- antrieb hatten unterschiedliche Ein- satzbereiche. Das Chrono- skop mit der Seriennummer 642510 wurde früher bei der Landis & Gyr AG in Zug eingesetzt. Es diente dem Zweck, die Zündzeiten der Brenner von Heizungsanla- gen einzustellen. Nach Auf- gabe der Abteilung in Zug sollte das Instrument zusam- men mit anderen Geräten verschrottet werden. Zum Glück hat ein Mitarbeiter das Instrument vor der Ver- nichtung bewahrt und dann 10 Jahre später zum Kauf an- geboten. Auch die Lufthansa hat Chronoskope verwendet, um Triebwerke der Flugzeu- ge einzustellen. 75

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Nächste Ausgabe: Freuen Sie sich auf den zweiten Teil Das Hipp- sche Chro- noskop war ein präzises und auch sehr erfolgreiches Zeitmess- instrument. Nachdem dieses zum Standardinstrument der experimentellen Psycholo- gie erklärt wird, entsteht ein profitabler Markt für Her- steller und Händler von wis- senschaftlichen Instrumen- ten. Im zweiten Teil meiner Abhandlung erfahren wir, wer neben den Hippschen Werkstätten Chronoskope herstellte oder nur handelte. Aus der Untersuchung einer Vielzahl historischer Quellen und noch existierender Inst- rumente ergibt sich ein ganz neues Bild dieses Spezial- gebiets der Präzisionsuhr- macherei in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 78

DAS CHRONOSKOP VON HIPP Literaturverzeichnis Dies ist mein persönliches Literaturverzeichnis, das auf fast 25 Jahren Forschung zum Chronoskop von Hipp basiert. Das Verzeichnis ist weder alphabetisch noch thematisch geordnet und Ergänzungen wurden immer einfach angehängt. Einige Literaturzitate sind zwar gelistet, werden aber im Text nicht berücksichtigt. Im Text gibt es manchmal die Angabe einer Nummer nach einem #. Die Nummer bezieht sich auf meine persönliche Aufstellung aller mir bekannten Chronoskope. (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21) (22) (23) (24) (25) (26) (27) (28) Ach, N.: Über die Willenstätigkeit und das Denken. Eine experimentelle Untersuchung mit einem Anhange über das Hippsche Chronoskop, Göttingen (1905) 250-294 Andersen, H.: Historic scientific instruments in Denmark, Kopenhagen (1995) 180-181 {zu Chronoskop #86} AMUSS: Objets de sciences Ausstellungskatalog, Asociation pour les musees des sciences de Strasbourg, Strasbourg o.J. {zu Chronoskop #72} Anonym: Chronoskop und Chronograph, Uhrmacher Zeitschrift 8 (1943) 112-113 Anonym: Zur Erinnerung an Matthäus Hipp, Schwäbische Kronik 25.10.1913 {zum 100. Todestag von Matthäus Hipp} Anonym: Dr. Matthäus Hipp, Schwäbische Kronik 6.5.1893 {Nachruf auf Matthäus Hipp} Anonym: Reutlingen am 2. Oktober 1849, Schwäbische Kronik 4.10.1849 {über das Chronoskop von Hipp und die Versuche} Anonym: Bild Chronoskop und einer Stimmgabel von Zimmermann, Leipzig o.J. {Archiv der Akron University, Chronoskop mit verlängerter Laufzeit} Anonym: Wheatstone´s Apparat zum Messen der Geschwindigkeit der Kanonen und Flintenkugeln, des Schalles, der Dauer des Blitzes etc., ? (1845) 56 {übernommen aus Comptes Rendus Nr. 22 (1845)} Anonym: Regensburg 26. September 1851, Schwäbischer Merkur (1851) 1336 {Vorführung des Chronoscops} Anonym: Ankündigung, dass Hipp einen Telegraphen und ein Chronoskop im Lyceum vorführen wird, Regensburger Tageblatt Nr. 265 vom 26.09.1851 Anonym: Regenburg 26. September 1851, Regensburger Tageblatt Nr. 269 vom 30. 09.1851 {Vorführung der Instrumente} Anonym: Lese – Verein, Reutlinger und Mezinger Courier vom 20.1.1847 {Ankündigung einer Vorlesung von Uhrenmacher M. Hipp über Naturlehre} Anonym: Oberstudienrat a. D. v. Oelschläger V, Schwäbische Kronik 10. 12.1901 Anonym: Aus den Lehr- und Wanderjahren Wilhelm v. Oelschlägers, Schwäbische Kronik 15.02.1902 ATM Archiv für technisches Messen: Kurzzeit-Messer, Firmenmitteilung J 154-3, Berlin 1933 {Lieferprogramm FAVAG} Bauder, K.: Matthäus Hipp der größte Erfinder auf dem Gebiet der Uhrmacherkunst in Verbindung mit der Elektrotechnik, Dienstags Beilage der Süddeutschen Zeitung 21.10.1913 auch in: Dinglers Polytechnisches Journal (1913) 724-727 Behrendsen, O.: Die mechanischen Werkstätten der Stadt Göttingen, Leipzig 1900 {Spindler & Hoyer} Benshop, R. + Draaisma, D.: In pursuit of precision: The calibration of minds and maschines in late 19th century psychology, Annals of Science 57 (2000) 1-25 Bock, H.: Vom Fünftel bis zum Milliardstel der Sekunde, Deutscher Uhrmacherkalender (1938) 83-109 Brenni, P.: Orologi e strumenti della collezione Beltrame, Ort n.b. (1996) 156-157 {zu Chronoskop #91} Brown, I.: Erfindungen und Verbesserungen in der Uhrmacherkunst, Quedlinburg, Leipzig (1854) 336-338 {Wiedergabe des Artikels von W. Oelschläger} Buccola, G.: La legge del tempo dei fenomeni del pensiero, Milano (1883) 38-41 + 1 Tafel Bud, R und Warner, D.J.: Instruments of Science, an historical encyclopedia, Science Museum, Museum of American History, Smithonian Institute, London, New York (1998) 110-116 {allgemeiner Artikel über Chronoskope} Cattell, J.: Chronoskop und Chronograph, Philosophische Studien 9 (1894) 307-310 Chaponniere, H.: Le Chronographe et ses applications, Bienne, Besancon (1924) 14-16, 27-39 Chew, V.K.: A chronoscopic conundrum, AHS Electrical Horological Group Paper 6, London 1971 Cranz, C.: Lehrbuch der Ballistik, 2. Auflage Berlin (1927) 129-150, 399 {zu Chronoskop #57} 80

DAS CHRONOSKOP VON HIPP (29) (30) (31) (32) (33) (34) (35) (36) (37) (38) (39) (40) (41) (42) (43) (44) (45) (46) (47) (48) (49) (50) (51) (52) (53) (54) (55) (56) (57) (58) (59) (60) (61) (62) (63) (64) (65) (66) (67) (68) (69) (70) (71) (72) (73) (74) (75) (76) (77) (78) (79) Cranz, C.: Vermischte ballistische Notizen, Zeitschrift für das gesamte Schieß- und Sprengstoffwesen (1908) 7-10 Cranz, C.: Über die Hippsche Uhr, eine Erwiderung, Zeitschrift für das gesamte Schieß- und Sprengstoffwesen (1909) 251-253 Cranz, C./Ritter.F.: Erwiderung, Zeitschrift für das gesamte Schieß- und Sprengstoffwesen (1910) 110-111 {Diskussion und Streitgespräch über das Hippsche Chronoskop} Cremer, V.: Uhrenfabrik L. 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Auflage (1860) 646- 648 {erwähnt Chronoskope von Hipp und Wheatstone} Eisenlohr, W.: Lehrbuch der Physik zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbstunterrichte, Stuttgart 6. Auflage (1852) 623- 625 {erwähnt Chronoskope von Hipp und Wheatstone} Eisenlohr, W.: Lehrbuch der Physik zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbstunterrichte, Stuttgart 5. Auflage (1849) 665- 666 {erwähnt Chronoskop von Wheatstone} Eisenlohr, W.: Lehrbuch der Physik zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbstunterrichte, Stuttgart 4. Auflage (1844) {keine Angaben zu Chronoskopen} Evans, R.: Measuring the mind: scientific instruments in psychology before the electronic age, Sample instrument descriptions, Greenville (2000) {Entwurf eines Berichtes von Rand Evans} Evans, R.: Psychological Instruments at the turn of the century, American Psychologist (2000) 322-325 Fairfid, C.M.: The developing technology of apparatus in psychology´s early laboratories, Reprint from Annals of the New York Accademy of sciences FAVAG: Präzisions Zeit-Mess-Apparate, Neuchâtel 1929 {Chronoskope, Chronographen, Kurzzeitmesser} FAVAG: Precision time measuring apparatus, Neuchâtel 1928 {engl. Katalog Chronoskope, Chronographen, Kurzzeitmesser} FAVAG: Electrical Works Ltd., Neuchâtel 1931 {engl. Katalog Uhren, Chronoskope, Chronographen, Kurzzeitmesser} FAVAG: FAVAG manufacturers of electric apparatus, Neuchâtel 1928 {engl. Prospekt Uhren, Chronoskope, Chronographen, Kurzzeitmesser mit Anschreiben der FAVAG} FAVAG: Das Synchron Chronoskop M430, Beschreibung, Neuchâtel 1952, Prospekt P98d FAVAG: Chronoscope synchron M500, Neuchâtel 1968, franz. Text Neuchâtel 1981, deutscher Text FAVAG: Ergänzung des Synchron Chronoskops M 400 für psychotechnische Prüfungen, Neuchâtel 1946 FAVAG: 75-jährige Erfahrung, Neuchâtel 1936 {Prospekt mit Lieferprogramm Uhren, Chronoskope, wissenschaftliche Apparate} Favarger & Cie: Prix courant illustre de la fabrique de telegraphes et appareils electriques, Catalogue B, Neuchâtel 1913 {Lieferprogramm Uhren, Chronoskope, wissenschaftliche Apparate} Favarger, A.: Die Elektrizität und ihre Verwerthung zur Zeitmessung, Bautzen (1894) 220-224 Favarger, A.: Electricite et ses applications a la chronometrie, Neuchâtel (1924) 502-507 und Anhang Pl. VII {mit sehr vielen Details zu den verschiedenen Ausführungen des Chronoskops} Finckh, T.: Jubiläumsschrift der Oberrealschule Reutlingen, Reutlingen (1926) 66-70 {Kurzbiographie von W. Oelschläger} Fischer, C.: Anzeige Fabrikation wissenschaftlicher Apparate, Leipzig Mai/Juni 1924 I, Umschlag von Industrielle Psychotechnik Förderverein Wundt Stiftung Von Neckarau bis Großbothen, Bonn (1994) 33 {historische Abbildung - W. Wundt mit Chronoskop} Funch, B.: Alfred Lehmann´s Psykofysiske Laboratorium 1886 – 1921, Kopenhagen 1986 Gaeta, A.: Il cronoscopio di Hipp, Rom 2002 Garden City Model Works: List of apparatus for the psychological laboratory designed by Jastrow, Chicago 1894 {Schutzgehäuse aus Holz für Chronoskope} Ganelli Ernesto, Fab. 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DAS CHRONOSKOP VON HIPP (80) (81) (82) (83) (84) (85) (86) (87) (88) (89) (90) (91) (92) (93) (94) (95) (96) (97) (98) (99) (100) (101) (102) (103) (104) (105) (106) (107) (108) (109) (110) (111) (112) (113) (114) (115) (116) (117) (118) (119) (120) (121) (122) (123) (124) Haupt, E.J.: The firm and 1903 catalogue of E. Zimmermann, Montclair University, Internet 1999 {zur Geschichte der Firma Zimmermann} Helmholtz, H.: Über die Methoden kleinste Zeitteile zu messen und ihre Anwendung für physiologische Zwecke, Vortrag in Königsberg 13.12.1850, Königsberger naturwiss. Unterhaltungen II (1854) 169-189 Hipp, M.: Prix courant illustre de la fabrique de telegraphes et appareils electriques a Neuchâtel Neuchâtel 1869 {franz. 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(um 1915) 9 {angeboten wird auch ein Chronoskop} Lenard, P.: Inventarverzeichnis des physikalischen Institutes der Universität Heidelberg, Heidelberg 1913 Leybold´s Nachfolger: Einrichtungen und Apparate für den physikalischen Unterricht, Köln ca. (1911) 60-61 {angeboten wird ein Chronoskop} Löbner, F.L.: Löbner-Chronoskop nach Hipp-Wheatstone Modell 21, Berlin o.J. (um 1928) Löbner, F.L.: Katalog, Berlin ca. 1913 {Gesamtverzeichnis der lieferbaren Uhren/Chronoskope} Löbner, F.L.: Prospekt Tertienuhren, Chronoskope, Berlin ca. 1900 Loir, M.: Etude des Chronoscopes et chronographes electrobalistiques, Annales (1860) 284-300, 497-525 + 1 Tafel {allgemeiner Artikel über Chronoskope, das Chronoskop von Hipp hat in Frankreich praktisch keine Bedeutung} Meinel, C.: Instrument-Experiment: Historische Studien, Berlin, Bassum 2000 {enthält Aufsätze zu historischen Instrumenten jeder Art und den Artikel von H. Schmidgen „Zur Genealogie der Reaktionsversuche in der experimentellen Psychologie“} Meyers Conservationslexikon 1889, Stichwort Chronoskop auf Seite 153-156 Mierau, C.: Matthias Hipp und das Hippsche Chronoskop, Bauhaus Universität Weimar 2002 {Semesterarbeit, Dozent ist Dr. H. Schmidgen MPI-Berlin} Mollan, C.: An inventory of historic scientific instruments in institutional collections, Dublin (1990) 160 {zu Chronoskop #92 von Zimmermann} Nicolas, S.: On the speed of different senses and nerve transmission by Hirsch 1862, Psychol. Res. (1997) 261-268 {franz. 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Palmer} Palmer, C.F.: Research and students apparatus for physiology, pharmacology, psychology....., London (1934) 146 {angeboten werden Chronoskope der FAVAG} 82

DAS CHRONOSKOP VON HIPP (125) (126) (127) (128) (129) (130) (131) (132) (133) (134) (135) (136) (137) (138) (139) (140) (141) (142) (143) (144) (145) (146) (147) (148) (149) (150) (151) (152) (153) (154) (155) (156) (157) (158) (159) (160) (161) (162) (163) (164) (165) (166) (167) (168) (169) (170) (171) (172) Parot, F. : Les instrumentes d’expérience à l’aube de la psychologie éxperimentale in 1896-1996. Centaire du laboratoire de psychologie expérimntale, Rennes 1996 Perera, Tom: Reaction timing instrumentation, Montclair University department of Psychology 1999 Perera, Tom: The Barnard College Psychology Department, History of psychology collection, New York City 2000 {Internet, Information zur Sammlung historischer Instrumente, zu Chronoskop #10} Peyer, Favarger & Cie: Schreiben an das Deutsche Museum in München, Neuchâtel 5.12.1905 {zu Chronoskop #02} Peyer, Favarger & Cie: Schreiben an das Deutsche Museum in München, Neuchâtel 15.3.1906 {zu Chronoskop #02} Peyer, Favarger & Cie: Peyer, Favarger & Cie a la exposition universelle de 1900 a Paris, Notice pour messieurs les membres du Jury des classes 21, 27, 32, Neuchâtel 1900 Peyer, Favarger & Cie: Catalogue B: Appareils scientifiques, Neuchâtel 1902 Polizei Bonn: Pressemitteilung vom 8.5.1998 zum Diebstahl des Chronoskops der Bonner Universität {zu Chronoskop #19} Poppe, A.: Über die Anwendung des electromagnetischen Chronoskops zur Ermittlung der Geschwindigkeit von Geschossen, Jahresbericht des physikalischen Vereins 1852 – 1853, Frankfurt/M. 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Entwurf des Berichtes Schneebeli, H.: Ueber die Anziehungs- und Abreißungszeit der Elektromagneten, Annalen der Physik und Chemie 155 (1875) 156- 164, 615-624 + 1 Tafel {verbessertes Chronoskop von Hipp zum ersten mal in der Literatur} Schneebeli, H.: Einige Bemerkungen über den Hippschen Fallapparat, Annalen der Physik und Chemie 135 (1874) 466-499 Schraven, T.: Chronoscope at University of Melbourne, Medical History Museum, Krefeld 2002 {Kapitel für den Ausstellungskatalog, zu Chronoskop #84 von Zimmermann} Schraven, T.: Chronoskop, Chronoscope, Cronoscopio – Eine Spurensuche im Internet, Uhrenhanse 2001 {Bericht über die Datensuche im Internet} Schreiber, A.. Das Prüflaboratorium für Berufseignung bei den Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, VDI Zeitschrift (1918) 446-451 Schulze, R.: Aus der Werkstatt der experimentellen Psychologie und Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Methoden und Apparate, Leipzig (1909) 136-138, 212-214, Anhang I {Buch über Instrumente der experimentellen Psychologie} Schulze, R.: Aus der Werkstatt der experimentellen Psychologie und Pädagogik, Leipzig (1913) 171-176,266-272, 3. Auflage Schulze, R.: Chronoskop nach Hipp, DRP 209 151 von 1909 {Verbesserung des Hippschen Chronoskops} Sokal, M.: A national inventory of historical psychological apparatus, Reprint from Journal of the history of the behavioral sciences 11 (1975) 284-286 Sokal, M.: Laboratory instruments in the history of psychology, Journal of the history of the behavioral sciences 12 (1976) 59-64 Sommer, R.: Die Messung der Zeit bei psychologischen Versuchen, in Ergebnisse der Psychologie, Wiesbaden (1903) 671-698 Sommer, R.: Experimental-psychologische Apparate und Methoden, Die Ausstellung bei dem Kongreß für experimentelle Psychologie Gießen 1904, Leipzig 1904 und Reprint Passau 1984 Spindler & Hoyer: Apparate für psychologische Untersuchungen, Preisliste XXI, Göttingen (1921) 1-15 Spindler & Hoyer: Apparate für psychologische Untersuchungen, Preisliste XXI, Göttingen (1908) 5 Sternwarte Strasbourg: Inventarverzeichnis, Eintragung zu Chronoskop und Fallapparat, Strasbourg o.J., {zu Chronoskop #72} Stoelting, C.H. Co.: Apparatus, tests and supplies, for psychology, psychometry, Chicago (1930) 84-85 {angeboten wird das “Münsterberg Chronoskop” } Strasser & Rohde: Foto eines Chronoskops, Wandmodell, Glashütte o.J. {Foto erhalten von Prof. Dittrich, zu Chronoskop #60} Strasser & Rohde: Geschäftsbuch, Glashütte 1941 –1942 {von H.J. Kummer, 2 Eintragungen zu Chronoskopen} Strasser & Rohde: Zeitmessanordnung mit dem Hippschen Chronokop, Glashütte o.J. {eine Seite aus einem mehrseitigen Prospekt} Strobel, E.: Wilhelm Eisenlohr, Soweit der Turmberg grüßt 11 (1950) 33-34 Titchener, E.: Experimental Psychology – A manual of laboratory practice, New York und London 1971, Seite 326-351, Nachdruck der Ausgabe von 1905 Titchner, E.: Photograph Album on psychological instruments, (1895) 22, 30, 40 {mehrere Photographien von Chronoskopen} Universität Passau: Short time measurement in early experimental psychology, Passau (2000) {Prospekt zur Ausstellung im Kloster Irsee am 17. – 22.7.2000} Universität Passau: Reaction Time Measurement, Passau (2000) {sehr schönes Plakat mit einem Versuchsaufbau zur Reaktionszeitmessung} Universität Stuttgart: Festschrift zum 150jährigen Bestehen der Universität Stuttgart, Stuttgart (1979) 62-65, 196-199, 202-205, 226-227, 242-243, 248-251 {zu Eduard Reusch} Universität Firenze: Misua d’uomo, strumenti, teorie e practice dell’antrometria e della psicologia sperimentale tra 800 e 900, Firenze (o.J.) 104 {Ausstellungskatalog des Institutes für Psychologie, zu Chronoskop #54 von E. Zimmermann} Vaughan, D.: A note on the tuning fork, Bulletin of the Scientific Instrument Soc. 18 (1988) 18-19 Volckmar, F., Staakmann, L.: Lehrmittelnettokatalog, Leipzig, Berlin, Stuttgart (1914) 92-94 {angeboten wird ein Chronoskop (auf dem Sockel E. Zimmermann)} Döll, J.C.: Badische Biographien Band 1, Karlsruhe (1881) 223-226 {zu Wilhelm Eisenlohr} Von Weech, F.: Geschichte der Stadt Karlsruhe und ihrer Verwaltung Karlsruhe (1895) 114-115 {über die Telegraphenanlage von Wilhelm Eisenlohr} Wächter, F.: Anwendung der Elektrizität für militärische Zwecke Elektrotechnische Bibliothek Band XV Wien, Leipzig 1904 Weber, R.: Kleine Mitteilungen: M. Hipp †, ETZ (1893) 323-325, 715 {Robert Weber war Prof. für Physik in Neuchâtel von 1879 – 1907} Wenzel, J.: Ältere Uhren und Geräte zum Messen von Sekundenbruchteilen, Klassik Uhren 2 (1995) 39 Wheatstone, C.: Über das elektromagnetische Chronoskop, Poggendorfs Annalen der Physik LXV (1845) 451, und in Dingler´s Polytechnisches Journal XCVII (1845) 186-192 Wundt, W.: Chronoskop und Chronograph, Philosophische Studien 8 (1893) 653-654 {zu den Chronoskopen, die an das Institut in 83

DAS CHRONOSKOP VON HIPP (173) (174) (175) (176) (177) (178) (179) (180) (181) (182) (183) (184) (185) (186) (187) (188) (189) (190) (191) (192) (193) (194) (195) (196) (197) (198) (199) (200) (201) (202) (203) (204) (205) (206) (207) (208) (209) (210) (211) (212) (213) (214) (215) (216) (217) (218) (219) (220) (221) Leipzig geliefert wurden. Als Lieferant wird die Firma Krille aus Leipzig genannt} Wundt, W.: Grundzüge der physiologischen Psychologie, 6. Auflage Leipzig (1911) 365-377 {detaillierte Beschreibung des Chronoskops} Zimmermann, E.: Preisverzeichnis über Apparate zu psychologischen und physiologischen Experimenten, Leipzig (1894) 7 {angeboten wird ein Demonstrations-Chronoskop} Zimmermann, E.: XVIII. Preisliste über psychologische und physiologische Apparate, Leipzig (1903) 32 Zimmermann, E.: Psychologische und physiologische Apparate, Liste 20 Leipzig (1908) 76-81 Zimmermann, E.: Psychologische und physiologische Apparate, Liste 25, Leipzig, Berlin (1912) 80-83 Zimmermann, E.: Psychologische und physiologische Apparate, Liste 50 Leipzig, Berlin (1928) 110-113 Zimmermann, E.: Psychotechnische Apparate, Liste 51, Leipzig, Berlin (1929) Zimmermann, E.: Liste 200, psychologische und physiologische Apparate, Leipzig (1937) 17 Zöllner, W.: Chemnitz am Ende des 19. Jahrhunderts, Chemnitz (1900) 233-239 {zur Geschichte der Firma Max Kohl} FAVAG: Das Synchron Chronoskop M430, Anwendungen, Neuchâtel 1952 {Prospekt P99d} FAVAG: Synchron Chronoskop M430, Gangzeugnis für 591974, Neuchâtel 1959 {zu Chronoskop #71} FAVAG: Das Synchron Chronoskop M430, Unterhaltsvorschriften, Neuchâtel 1958 FAVAG: Synchron Chronoskop M430, Gangzeugnis für 620632, Neuchâtel 1962 {zu Chronoskop #106} Klöter Auktionshaus: Katalog zur Auktion am 8.10.1983, Nr. 377 auf Seite 35 Mitteilung des Deutschen Museums Mai 2000 Zimmermann, E.: Liste 33 Psychotechnik, Leipzig, Berlin (1923) 29-33, 75-76 Zimmermann, E.: Liste 38 Zeitmessinstrumente Kontrollapparate, Leipzig, Berlin (1923) 7-14 Nye, J.: EHG Meeting 23.11.2002, Antiquarian Horology March (2003) 344-345 {Bericht über den Vortrag im Science Museum} Michotte, A.: Valeur de la foute constante du chronoscope de Hipp, Louvain 1906 Großherzogtum Baden: Generalia physikalisches Kabinett Carlsruhe, Karlsruhe 1840-1867 {Inventarliste} Generalanzeiger Bonn: Im Schließfach schlummert eine Rarität, Bonn 29.05.2003 {Wiederentdeckung des gestohlenen Chronoskops} Schmidgen, H.: Time and noise: the stable surroundings of reaction experiments 1860 – 1890, Studies in History and Philosophy of Biological and Biomedical Sciences 34 (2003) 237-275 Aubry, S. : Histoire de Matthias Hipp, Chronométrophilia 53 (2002) 35-44 Amtsgericht Leipzig: Handelsregistereintrag 9528 zu E. Zimmermann Zimmermann, E.: Spezial Liste über Präzisions-Apparate für experimentelle Psychologie und Pädagogik, Leipzig, Berlin (ca. 1920) 18-19 Hasler: Hasler 1852/1952 - 100 Jahre Fernmeldetechnik und Präzisionsmechanik, Bern 1952 Anonym: Übersichtliche Darstellung der 1857 in Bern ausgestellten Produkte der Schweizerischen Industrie nebst vollständigem Verzeichnis der sie vertretenden Aussteller in technologischer Anordnung, Bern (1857) 28 {kurzer Hinweis auf das Chronoskop} Anonym: Katalog der dritten Schweizerischen Industrieausstellung in Bern, Bern (1857) 372, 520, 526, 548 {kurzer Hinweis auf das Chronoskop} Anonym: Verzeichnis der von den Preisgerichten der Industrie-, Kunst-, literarischen und landwirthschaftlichen Ausstellung im Jahre 1857 ausgesprochenen Anerkennungen an die Aussteller der verschiedenen Abtheilungen, nebst Verzeichnis der Mitglieder der einzelnen Preisgerichte, ohne weitere Angaben (1857) 25 {Hipp erhielt eine goldene Medaille für sein Chronoskop und andere Exponate} Anonym: Die Schweizerische Uhrenindustrie, Beilage „der Erzähler“ zum Intelligenzblatt für die Stadt Bern 247 (4.9.1857), Beilage „der Erzähler“ zum Intelligenzblatt für die Stadt Bern 261 (18.9.1857), {zu 3. Industrieausstellung Bern} Leschhorn, W.: Hauptkatalog A58/2 Messwerkzeuge, Frankfurt/M. ohne Datum {laut Auskunft der Firma Leschhorn wurde dieser Katalog 1958 publiziert. Angeboten werden Chronoskope der FAVAG und Chronoskope mit Synchronmotor von Jaquet} Anonym: Correspondenzblatt des kgl. Württembergischen Landwirtschaftlichen Vereins Bd. 18 (1840) 160-163 Gärttner: Ertheilung der Industriepreise für das Jahr 1840, Schwäbische Chronik vom 27.09.1849 Anonym: Correspondenzblatt des kgl. Württembergischen Landwirtschaftlichen Vereins Bd. 20 (1842) 44, 51 Anonym: Zwölfter Rechenschaftsbericht an die Gesellschaft für Förderung der Gewerbe in Württemberg, Stuttgart 1842 Anonym: Die Industrieausstellung, Beilage zum Schwäbischen Merkur 03.06.1842 Anonym: Bekanntmachung der aus Anlaß der diesjährigen Industrieausstellung gnädigst bewilligten Auszeichnungen, Schwäbische Chronik vom 20.06.1842 Schwankl, H.: Das Württembergische Ausstellungswesen Veröffentlichungen des Wirtschaftarchivs Baden-Württemberg, St. Katharinen 1988 Anonym: Der neue Buchstaben-Schreibtelegraph des Mechanikers Mathias Hipp aus Reutlingen in Württemberg, Illustrierte Zeitung vom 20.12.1851 Kulka, R.: Historisches Messinstrument wieder zu Hause, General Anzeiger Bonn 16.10.2003 {Bericht über die Rückgabe des gestohlenen Chronoskops an die Universität Bonn} Funke, J.: HIS-001: Ein Chronoskop auf Abwegen, Internetseiten des Psychologischen Instituts der Universität Heidelberg {zum Diebstahl des Chronoskops in Bonn und zur Auffindung des Instruments} Brown, J.D.: A catalogue, descriptive and photographical of philosophical instruments devised by James Mck. Cattell, Camden 1893 Movado: Utilisation des appareils de precision pour la mesure du temps, La Chaux-de-Fonds ca. 1930 Pritchard, K.: Swiss timepiece makers (1775 – 1975), West Kennebunk 1997 Hammer, Joh.: Neue Geräte für die Zeitmessung - Liste 25 + ein Foto, das einen experimentellen Versuchsaufbau mit Chronoskop und Tertienuhr zeigt, Leipzig (1938), auf 1. Seite eingeklebt: JH Bitte besuchen Sie mich auf Stand 187 und 231-235, Halle 12, Kino- Optik-Feinmechanik, dort sehen Sie das neuste Elektrochronoskop DRGM, den gleichen Katalog gibt es mit dem Aufdruck des Handelshauses Gebrüder Sachsenberg Berlin Löffler, C.: Die Werkstatt der Christa Hammer, Leipziger Blätter 44 (2004) 75-75 Zimmermann, E.: Rechnung Nr. 31013, über 2 Chronoskope mit 8 min Laufzeit, Nullstellung der Zeiger und Gusseisengestell, geliefert an Strasser & Rohde/Glashütte, Leipzig 4.5.1942 Löbner, F.L.: Das neuste Elektrochronoskop DRGM, Berlin 1938 {Blatt aus einen Katalog von Juni 1938} Löbner, F.L.: Zeitdrucker Modelle C und E für Sport, Industrie und Wissenschaft, Berlin 1938 {Blatt aus einen Katalog von Juni 1938} 84

DAS CHRONOSKOP VON HIPP (222) (223) (224) (225) (226) (227) (228) (229) (230) (231) (232) (233) (234) (235) (236) (237) (238) (239) (240) (241) (242) (243) (244) (245) (246) (247) (248) (249) (250) (251) (252) (253) (254) (255) (256) (257) (258) (259) (260) (261) (262) (263) (264) (265) (266) (267) (268) (269) (270) (271) (272) (273) (274) (275) (276) (277) (278) (279) Hammer, Joh.: Liste Kymographion, Leipzig o.J. Zimmermann, E.: Transportables Chronoskop nach Hipp, 4-fach gesetzlich geschützt, Leipzig o.J. {Chronoskop für die Verwendung im Freien mit Schutzgehäuse und Gewichtsantrieb} Zimmermann, E.: Chronoscope Nr. 21012 nach Hipp Schulze, Liste 302 Leipzig o.J. (ca. 1954) Jaquet SA: Jaquet Time Registering Apparatus, Basel o.J. {Liste 529} Bergakademie Freiberg: Katalog über den physikalischen Apparat I, Kapitel VII: Instrumente zur Elektricitätslehre, Freiberg {Eintragung vom Februar 1851 zum electromagnetischen Chronoskop von Hipp} Zimmermann, E.: DRGM 1434136 vom 07.02.1938, Exzenteranwurf für Hippsche Uhren(Chronoskope) Zimmermann, E.: DRGM 1434137 vom 07.02.1938, Moment-Nullstellung beider Zeiger durch einen Druckknopf an Hippschen Uhren Zimmermann, E.: DRGM 1434138 vom 07.02.1938, Regulier-Stimmfeder für Hippsche Uhr aus Stahl mit geringstem Temperaturkoeffizienten, {die vollständige Schrift des DRGM ist nicht zu ermitteln} Zimmermann, E.: DRGM 1434139 vom 07.02.1938, Gewichts-Ablauf-Anzeiger mit federndem Aufzugsschlüssel für Hippsche Uhr FAVAG: Appareils pour la mesure du temps, Neuchâtel 1928 Oyama, T.: Imported Hipp chronoscopes in the early 20th century History of Psychology and Psychology Studios (2004) 45-47, {in japanischer Sprache, Bericht über 2 Chronoskope von E. Zimmermann} Gaeta, A.: 79 – Due Tom per cento Hipp, Lucidi News im Internet 2005, {Bericht über die wissenschaftlichen Arbeiten von Tom Perera und Tom Schraven} Schmidgen, H.: Physics, Ballistics and Psychology: A history of the chronoscope in/as context 1845-1890, History of Psychology 8 (2005) 46-78 Löbner, F.L.: 1862 – 1912 Uhrenfabrik F.L. Löbner Berlin, Berlin 1912 Anonym: Beschreibung des Chronoskops von Hipp, unbekannte Quelle {bekommen aus USA, 3 Seiten englischer Text und 4 Zeichnungen} Jaeger, G.: Lehrbuch der allgemeinen Zoologie Band II – Entdeckung der Seele, Leipzig 1885 Schraven, T.: The Hipp Chronoscope, The Virtual Laboratory (ISSN 1866-4784), http://vlp.mpiwg-berlin.mpg.de/ references?id=enc13 Zimmermnn, E.: 50 Jahre E. Zimmermann wissenschaftliche Apparate, Leipzig 1937 Wirtschaftarchiv Sachsen: persönliche Mitteilung zu E. Zimmermann, Leipzig April 2000 Gundlach, H.: Inventarium der älteren Experimentalapparate im Psychologischen Institut Heidelberg, sowie einige historische Bemerkungen, Heidelberg 1986 Stock, A.: Liste der Chronoskope in der Sammlung, Adolf-Würth-Zentrum für Geschichte der Psychologie, Würzburg Sept. 2013 Zimmermann, E.: Liste 205 Diagnostische Apparate, Leipzig 1939 (keine Chronoskope) Anonym: Postkarte mit Chronoskop Zimmermann, DDR Bild und Heimat – Reichenbach (Vogtland) ca. 1980 Sonntag, I. & Henkel, B.: Firma Johannes Hammer wissenschaftliche Apparate, Leipzig (2011) 179-195, 200, 223 Hoppe, H.G.: Die Feinmechanische Werkstatt der Christa Hammer, Galvanotechnik 12/2006 Schraven, T.: JH - Neue Geräte zur Zeitmessung, Krefeld 2013, geschrieben als Ergänzung zu (245) Hammer, Joh.: Angebot an Firma Friedrich Deckel in München, Leipzig 3. April 1940 Jaquet, J.: Liste 548 Jaquet Zeitregistrier Apparate, Basel o.J. (um 1950) 7-8, 25-27 Schraven, T.: F.L. Löbner – Tertienuhren aus Berlin, Jahrbuch der DGC (2013) 161-194 Polizeipräsidium Berlin: Auskunfterteilung über den Inhaber der Firma Löbner, Landesarchiv Berlin Bestand A Pr.Br.Rep030 Löbner, F.L.: Jubiläumskatalog, Berlin (1913) 63-64 Hennig: Informationsblatt zur Uhrtechnischen Lehrschau, Hartha o.J. (ca. 1980), gezeigt wird Chronoskop #050} Löbner, F.L.: Für Sport und Technik, Industrie und Wissenschaft Löbner Uhren, Berlin ca. 1929, Deutsches Historisches Museum Berlin Inv.Nr. Fs 87/1041 Polikeit Paul: Institut für Präzisionsmechanik Halle/Saale, Deutsches Historisches Museum Berlin Inv.Nr. Fs 89/1393.2 Dittrich, H.: Die Messung des Augenblicks, Deutsches Uhrenmuseum Glashütte (2008) 60 Chem. Techn. Reichsanstalt Bescheinigung 6206/40 P über die Prüfung einer Tausendstelsekundenuhr Nr. 721 (Löbner) eingereicht von Strasser & Rohde, Berlin 1. Nov. 1940 Niezoldi & Krämer Auftrag Nr. 10.395, bestellt wird bei Strasser & Rohde ein Chronoskop mit Gangzeugnis, München 31. Okt. 1942 Chem. Techn. Reichsanstalt Prüfzeugnis 44.1.01 über die Prüfung der Tausendstelsekundenuhr Nr. 639 eingereicht vom Alexanderwerk A.G. in Remscheid, Berlin 13. Jan. 1944 Reichel, R.: Mitteilung zu Chronoskop mit Serienummer 639, Glashütte 29. Juli 2004 Osaka, N.: Birth and development of experimental psychology in Japan, Kyoto (2000) 135, 167, 179, 211, 254, 331 Anonym: Ludwig Strasser 1853 – 1917, Uhrenmuseum Glashütte (2013) 22 Anonym: Zeitmessung nach Tausendstel Sekunden, DUZ 8 (1895) 89-90 und 10 (1895) 113-114 Land Belgien: Diplome d’Honneur Groupe III Classe 15 Allemagne, Weltausstellung Brüssel 1910 Frankel, S.: Hipp-type chronoscope Zimmermann inventory WJ0105, Collection of historical instruments, Havard University Dittrich, H.: Foto eines Chronoskops auf einem Wandbrett, das aus der Werkstatt von Strasser & Rohde kommen soll. Schraven, T.: Löbner Berlin – Präzise Messung kurzer Zeiten, Chronometrophilia 77 (2015) 40-62 Hammer, Joh.: Kontobuch Karl Schneegass, Leipzig 1939-1944 Ebling, H.: Undatierte Fotografie Löbner und Mitarbeiter, persönliche Mitteilung Schraven, T.: Fabrikation des Hippschen Chronoskops in Deutschland, Chronometrophilia 81 (2017) 67-96 Findlay & Co: Catalogue No. 1c - Watch & clock mechanisms, stop watches, chronographs, time recorders, London 01.06.1939 Schraven, T.: Zeitregistrierapparate von James Jaquet Basel, Chronometrophilia 90 (2022) 36-56 Anonym: Foto mit Versuchsaufbau und Hipp Chronoskop, vermutlich um 1920 in Marburg aufgenommen. Aus dem Archiv des Zentrums für Geschichte der Psychologie Würzburg FAVAG: Anzeige Chronoskop M400, Bulletin technique de la Suisse Romande 76 (1950) 6 Stroele, P.: Le chronoscope synchrone FAVAG, La Federation Horlogerie Suisse (Mai 1945) 29-31 Anonym: Anzeige Motorchronoskop FAVAG, La Federation Horlogerie Suisse (Juni 1944) Anonym: La participation horlogere a la 25eme Foire Suisse d’Echantillons a Bale, La Federation Horlogerie Suisse (15. Mai 1941) 148 Anonym: Chronometrage sportif, La Federation Horlogerie Suisse (Sept. 1941), Omega/Favag Chronoskop Hammer, Joh.: Mappe mit Messergenissen Elektrochronoskop 501 u. Hipp Chronoskop incl. Prüfbescheinigung der CTR, Leipzig Nov. 1937 85

UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM Ein Werk ohne Herkunft aus dem späten 16. Jahr- hundert, nicht komplett, aber für einen Turmuhren- freak hochinteressant. Es war gerade Zeit für ein paar Fotos, dann wanderte das kostbare Stück in ein neues Depot im Dachboden des Keltenmuseums. Im März 2014 erreich- te mich ein Anruf aus dem Keltenmuseum Hallein: Im Depot sei ein Eisengestell aufge- taucht, ich solle es mir an- sehen. Schnell gab es einen Termin mit Archivarin Anna Holzner und Restaurator Dirk Böckmann: Das Gestell in einem Transportbus stell- te sich als spätgotisches Turmuhrwerk heraus, wohl ABB. 1) DIE SPÄTGOTISCHE ÜBERRASCHUNG IM TRANS- PORTBUS 2014. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) SPÄTGOTISCHES TURMUHRWERK AUS DEM SPÄTEN 16. JAHRHUNDERT MÄRZ 2014 ENTDECKT DEPOT KELTENMUSEUM HALLEIN 88

UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM in Hallein“ machte, bat ich im Keltenmuseum um die Möglichkeit, das Werk ohne Herkunft genauer zu unter- suchen. Es befand sich mittlerweile in einem wie- derum neuen Depot auf der „Pernerinsel“. Sie ist nach Christoph Perner benannt, einem Gewerken des 16. Jahrhunderts, der z.B. we- nige Jahre vor seinem Tod 1565 die Salzach im Bereich von Pass Lueg und die Sal- zachöfen schiffbar machen wollte. Natürlich stellte sich nun immer wieder bei Kon- takten mit dem Team des Keltenmuseums die Frage, woher das Werk stammte. Ich vermutete eine Herkunft aus Hallein oder der Umgebung. Immer wieder gab es negative Ant- worten: Es scheine auch in älteren Inventaren nicht auf, Notizen über eine Schen- kung seien nicht vorhan- den, ein Übergabeschein sei nicht zu finden … Kurz: Die Herkunft sei nicht zu klären. Als ich mich acht Jahre später an das Projekt „His- torische Öffentliche Uhren Eine spätgotische Kostbarkeit Ich erhielt den erbetenen Zugang und konnte im November 2022 das Kultur- gut Turmuhrwerk genauer untersuchen: Es hat einen quadratischen Grundriss von 41 mal 41 cm, ist 84,5 cm hoch und misst mit den Eckpfeilern und der Pendel- brücke 104,5 cm. Das Gestell mit starken Miniumresten und Resten eines späteren 90

UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM ABB. 2) DIE SPINDEL MIT DIREKT ANGESETZTEM REST DES KURZ- PENDELS. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) bei den Eckpfeilern werden es 9 mm. Die Eckpfeiler sind diagonal gestellt und tragen vier nach außen gekröpfte Bekrönungen, die ursprüng- lich wohl alle eine Holzkugel trugen, von denen nur eine erhalten ist. Es gibt nach bisherigem Befund keine Inschriften. Das Gehwerk weist eine ho- rizontale Spindel mit stark abgenützten Spindellappen auf, an die das Kurzpendel direkt angesetzt ist. Das Pendel fehlt leider, es hatte nach der Konstellation von Bodenrad, Zwischenrad und Kronrad 4500 Halbschwin- gungen pro Stunde und 75 pro Minute, es war (errech- nete) 636 mm lang, das wa- ren 2,14 Salzburger Fuß. Die Zeigerleitung führte vom Bodenrad mit einer Umdre- hung pro Stunde nach oben zum Zeigergetriebe. 91 dunklen Schutzanstrichs ist zur Gänze vernietet, die drei Lagerbänder sind verkeilt. Die verwendeten Flacheisen sind durchwegs 50 mm breit und 4 bis 5 mm stark,

UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM ABB. 3) DIE BEIDEN ÄUSSEREN LAGERBÄNDER WURDEN BEIM UMBAU DER HEMMUNG NACH OBEN VERLÄNGERT. (© HOROLO- GIUM, MICHAEL NEUREITER) ABB. 4) BERND ROTHS HAUS- UHR MIT EISENKUGELN AUF DEN ECKPFEILERN. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) Mehrere In- dizien, wie die beiden nach oben verlängerten Lagerbänder, funktionslose Öffnungen und Feuerschweißspuren, sprechen dafür, dass wir es mit einem Umbau von der Hemmung mit vertikaler Spindel und Waag auf die vorhandene mit horizonta- ler Spindel und Kurzpendel zu tun haben. Es gibt nur ein Stunden- schlagwerk mit innenver- zahnter Schlossscheibe (78 Zähne), deren Trieb fehlt. Es wird durch einen Storchen- schnabel mit schleichender Auslösung und Herzscheibe aktiviert, also ohne War- nung. Der Windflügel des Schlagwerks fehlt. Der Aufzug erfolgte bei beiden Teilwerken mit dem gleichen Trieb, in den die Kurbel mit Welle einge- steckt wurde. HTTP://WWW.TURMUHREN.EU/ HTTPS://KURZELINKS.DE/LHHF 3) 92

UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM Zu den Kugeln auf den Eck- pfeilern habe ich bisher nur ein verwandtes Beispiel gefunden, und zwar Kugeln in Eisen bei einer gotischen Hausuhr des Kollegen Frieder Spohn in Eimeldin- gen, Baden-Württemberg.. In meiner Turmuhren- Datenbank http://www. turmuhren.eu/ mit fast 400 4) Beispielen aus derzeit 16 europäischen Staaten gibt es bisher keine Parallele zu diesen Kugeln. Möglicher- weise sind solche in der Datenbank des 2021 verstor- benen Bernhard Schmidt mit 562 Turmuhrwerken zu finden, die ich aufgrund des Entgegenkommens seiner Nachkommen freischalten konnte: https://kurzelinks. de/lhhf Das Werk wurde ohne Zer- legen ausgesiedelt, lediglich der Auslöse /Einfallhebel des Schlagwerks und der Schlaghebel wurden da- bei ausgebaut. Über den Verbleib der Gewichte ist nichts bekannt. 93

UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM ABB. 6) DER AUSSCHNITT DES ALTARBILDS DES PESTALTARS IN DER HALLEINER STADTPFARR- KIRCHE, ENTSTANDEN UM 1798, ZEIGT V.L. DAS GOLLINGER TOR MIT ROTER TURMZWIEBEL, DIE STADTPFARRKIRCHE MIT ZIFFER- BLATT, DEN RATHAUSTURM, DEN PFLEGTURM MIT ZIFFERBLATT UND GANZ RECHTS DEN BÜR- GERSPITALTURM MIT ZIFFER- BLÄTTERN. (© VERLAG ST. PETER, REINHARD WEIDL) Die älteste Ge- samtdarstel- lung von Hallein stammt von 1632 (Abb. 5) und zeigt einige mögliche „Tatorte“ des gotischen Turmuhrwerks: von links „S. Georgen“, die Stadtpfarrkirche „S. An- thonius“, darunter rechts vorne das Gollinger Tor an der Salzach, das Rathaus, den Pflegturm links von der „Freipfleg“ und „Spit- tal“. Im Umland kamen die Leprosenhauskapelle und die Brauerei Kaltenhausen, die Wallfahrtskirche am Dürrnberg und das Schloss Wiespach in Frage. Die neu- en Uhrenstandorte des 19. Jahrhunderts, Bahnhof und Bürgerschule, konnten un- beachtet bleiben. 96

UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM Zu den „verdächtigen“ Orten in der obigen Reihe: „S. Georgen“, die Georgskirche, hatte nach den vorliegenden Informationen und Darstellungen einen Turm, aber keine Uhr. Von der Uhr der Stadtpfarrkirche „S. Antho- nius“ wissen wir, dass ein Werk 1790 auf den Hakengang umgebaut und 1932 durch ein Werk von Hörz ersetzt wurde. Das Werk des Gollinger Tors wurde 1858 repariert und an die neu errichtete Pfarrkirche Leopolds- kron-Moos in der Stadt Salzburg geschenkt, das Tor wurde abgerissen. Die Spuren des Turmuhrwerks „Rathaus“ belegen, dass es einen waagrechten Abgang der Zeiger- leitung hatte, es ist auszuschließen. Im Pflegturm bei der „Freipfleg“ steht heute ein Werk von „F.X.Schneider, Freudenthal, ös- terr. Schlesien“ von 1894. Gegen den Stand- ort „unseres“ gotischen Werks spricht, dass es im Pflegturm zwei erhaltene barocke Schlagschellen gibt, das gotische Werk brauchte für seinen Betrieb nur eine! Und die „f.e. Capeln“ auf der Insel im „Berner- gartten“, die wohl aus dem frühen 17. Jahr- hundert stammende Salinenkapelle, hatte vermutlich auch keine Uhr. Im Umland hatte die spätgotische Lepro- senhauskapelle bei Kaltenhausen aus dem 15. Jahrhundert sehr wahrscheinlich keine Uhr, wohl mit ein Grund, warum im 18. Jahr- hundert für die 1765 errichtete Kapelle im Brauhaus Kaltenhausen in dessen Turm eine Uhr installiert wurde, deren Schlag- werk im 19. Jahrhundert auf die Technik des „Schweizer Surrers“ umgebaut wurde – eine Rarität bei Turmuhrwerken. Dieses Werk ist erhalten und in Privatbesitz. Das Werk der Wallfahrtskirche Maria Dürrnberg stammt von etwa 1700, wurde 1788 auf den „engli- schen Perpendikel“ umgebaut und ist in situ. 97

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UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM Die konkrete Vermutung, das Bürgerspital … Das Halleiner Bür- gerspital, eine Versorgungs- einrichtung zur Pflege von alten, mittellosen und kranken Menschen, stammt aus dem 14. Jahr- hundert und wurde im 16. Jahrhundert auf Initiative des oben erwähnten Chris- toph Perner am heutigen Standort erbaut.1 Die Bürger- spitalskapelle zum hl. Kreuz wurde in der heutigen Form 1708 gestaltet.2 In den ab 1602 erhaltenen Rechnungen scheint 1623 eine Ausgabe von 24 Gulden für einen Uhrmacher auf:3 Möglicherweise war das ein Umbau einer vorhandenen Uhr auf eine andere Hem- mung? ABB. 8) DAS „BÜRGER-VER- SORGUNGSHAUS“ HALLEIN UM 1935 ZEIGT DAS BÜRGERSPITAL EINGANGSSEITIG MIT DEM STRA- SSENSEITIG GENEIGTEN SCHIE- FEN TURM UND ZWEI SEINER DREI ZIFFERBLÄTTER. GLOCKEN SIND NICHT AUSZUMACHEN. (© KELTENMUSEUM HALLEIN FO 2013 0171) 100

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UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM minger 594 Gulden und 49 Kreuzer sowie dem Zimmer- meister Joseph Schöndorfer 49 Gulden und 34 Kreuzer bezahlt.4 Vielleicht stammt aus dieser Zeit der „schiefe Turm von Hallein“? Der Bürgerspitalturm, den schon die Faistenauer- Ansicht von Hallein 1632 (Abb. 5) zeigt, musste 1798 gründlich repariert werden, vermutlich wurde er im oberen Teil neu aufgemau- ert? Für „Reparirung des Spitalkirchenthurmes und des Daches“ wurden dem Maurermeister Joseph Hel- … und ein mühsamer Lokalaugenschein Es war also wichtig, zur Lösung des Rätsels „Uhr sucht Turm“ in den Bür- gerspitalturm zu kommen. Das war nicht so einfach: Erste Adresse war die Eigen- tümerin des Komplexes seit den 1980er-Jahren, die Wohn- und Siedlungsgenos- senschaft „Die Salzburg“. Dort war beim ersten Kon- takt nicht bekannt, wie man in den Turm kommen könn- te. Auch die Nachfrage bei der Stadtgemeinde Hallein, die als ursprüngliche Eigen- tümerin Nutzungsrechte für die Bürgerspitalkapelle hat, war ohne Erfolg, trotz der hilfreichen Halleiner Lie- dertafel, die die Kapelle als Proberaum nützt. 1 2 3 4 Paul Buberl: Die Denkmale des politischen Bezirkes Hallein, Wien – Augsburg – Köln 1927 (Österreichische Kunsttopographie Bd. XX), S. 137. Fritz Moosleitner: Hallein – Portrait einer Kleinstadt, Hallein 2. Aufl. 1989, S. 123. Archiv der Erzdiözese Salzburg, Inv. A.23.3895. Ebda. 101

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ABB. 9) DIE TÜR ZUM TURM WURDE VERMUTLICH SEIT DEM UMBAU DES BÜRGERSPITALS IN EIN WOHNHAUS VOR FAST 40 JAHREN NICHT GEÖFFNET. DA DIE SCHLÜSSEL VERSCHOLLEN SIND, WURDE SIE FÜR UNSER PROJEKT AUFGEBROCHEN. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEU- REITER) ABB. 10) DAS TURMUHRWERK IM DEPOT, VORNE DIE AUFZUGS- SEITE, WIE SIE IM TURM AN DER STIEGE LAG. LINKS DAS GEH- WERK, RECHTS DAS SCHLAG- WERK (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM 9) Ein türkischer Mitbürger, der die Wohnanlage kannte, zeigte mir den Zugang zum Dachboden. Die- ser lag für den Zugang zum Turm um zwei Geschoße zu hoch, wie ich erst beim Durchrobben bemerkte. Dann kam von „Die Salzburg“ die Lösung: Horst Burkl, der Abteilungsleiter Hausverwaltung, grub einen Bauplan des 2. Stockwerks aus der Umbauphase in den 1980er-Jahren aus, auf dem ein Zugang zum Turm zu finden war. Mit Hilfe eines professionellen Schlosskna- ckers gab Burkl den Zugang zum Turm frei, die Beweissicherung konnte beginnen. War hier die „Heimat“ des herkunftslosen Turm- uhrwerks? 103

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UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM 11) Zeigerwerken versehen, die eine Übersetzung der an- kommenden Minutenzeiger- bewegung auf ein Zwölftel für den Stundenzeiger bewirkten. Die Zeigerwerke wurden vom Zeigergetriebe in der Mitte des Turms an- gespeist. Die Tür war ge- knackt, die Ver- mutung stand vor dem Beweis. Und sie bewahrheitete sich: Die Stellfläche eines früher vorhandenen Uhrwerks zeig- te markante Spuren des Ge- stells, die exakt zu den Ge- stellmaßen des gotischen Werks passten. Dazu kamen die Platzierungen der noch vorhandenen Zeigerleitung und der Schlagleitung, die über eine Umleitungswelle führte. Der „Tatort“ des go- tischen Turmuhrwerks war gefunden. Die Maße und die schräg- stehende Position der Ver- tiefungen für die Füße des Werks, die Öffnungen für die Gewichtszüge, die Ab- gänge der Zeigerleitung und die Umlenkung der Schlag- leitung bewiesen: Das Werk stand in diesem Turm! Vom Schlaghebel des Stun- denschlagwerks führte der Schlagzug aus Draht rechts zum Umlenkhebel, von die- sem links der Drahtzug zum Schlaghammer an einer Glocke im Turm. Die drei Zifferblätter außen am Turm (Abb. 8) waren im Südwesten, Südosten und Nordosten angebracht. Sie waren hinter dem Blatt mit 104

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Ursprünglich gab es sicher nur Stunden- zeiger. Sie wurden möglicherweise mit dem Umbau der Hemmung von der verti- kalen Spindel mit Waag auf die horizontale Spindel mit Kurzpendel um Minutenzeiger ergänzt – die neue Hemmung brachte eine höhere Genauigkeit der Zeitangabe. 12) 13) UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM ABB. 11) DIE STELLFLÄCHE DES WERKS IM BÜRGERSPITALTURM MIT DEN VIER SCHRÄGGESTELL- TEN KERBEN DER ECKPFEILER DES WERKS UND DEN ÖFFNUN- GEN DER BEIDEN GEWICHTSZÜ- GE. DAS GEHWERK STAND LINKS, DAS SCHLAGWERK RECHTS. IN DER MITTE IST DIE KRUSTE DER SCHMIERMITTEL DURCH JAHR- HUNDERTE ZU SEHEN. RECHTS HINTEN DIE ÖFFNUNG FÜR EINEN DER BEIDEN GLOCKENZÜ- GE. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) ABB. 12) DIE LINKE SEITE DES SCHLAGUMLENKHEBELS, VON HIER FÜHRTE DER DRAHTZUG ZUM SCHLAGHAMMER AN EINER GLOCKE. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) ABB. 13) DAS ZEIGERGETRIEBE GAB DIE MINUTENBEWEGUNG AN DIE DREI ZEIGERWERKE HIN- TER DEN ZIFFERBLÄTTERN WEI- TER. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) 105

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(oder auch schon früher) ausgebaut und in das Kel- tenmuseum gebracht wur- de. Die Zifferblätter wurden schon früher entfernt. Das gotische Uhrwerk wird im Museum bleiben, eine „Heimkehr“ in den Turm ist nicht geplant. Am „Tag des Denkmals“ am 24. Septem- ber 2023 standen das Bür- gerspital und seine Uhr im Keltenmuseum sowie ande- re Öffentliche Uhren in der Halleiner Altstadt auf dem Programm. ABB. 14) IM BILD DAS HALLEINER BÜRGERSPITAL HEUTE MIT DEM EINGANGSPORTAL ZUR KAPELLE. AM TURM SIND UNTERHALB DER SCHALLLÖCHER ZWEI DER DREI ÖFFNUNGEN FÜR DIE ZEIGER- LEITUNGEN ZU SEHEN. DAS UHRWERK STAND IN DER HÖHE DES KLEINEN FENSTERS LEICHT OBERHALB DER DACHTRAUFE DES HAUSES. DIE TURMÖFF- NUNG IM ZWEITEN STOCK LIEGT IN DER HÖHE DES AKTUELLEN TURMEINGANGS, EIN FRÜHERER ZUGANG IM DRITTEN STOCK WURDE BEIM UMBAU VER- SCHLOSSEN. (© HOROLOGIUM, MICHAEL NEUREITER) UHR SUCHTE TURM UHR SUCHTE TURM Die Uhr brauchte nur eine Glocke für den Stun- denschlag. Im Bürgerspitalturm ist 1729 ein Umgießen eines „Spital- kirchenglöggls“ mit Kosten von 4 Gulden 7 Kreuzern be- legt.5 1863 wurden zwei klei- ne Glocken von der Gießerei Franz I. Oberascher ange- schafft, die auch verschol- len sind.6 Im Turm sind in den Zwischendecken zwei Glockenzüge vorhanden. Die Uhr hat ihren Turm ge- sucht und gefunden, ihr gesicherter „Tatort“ war der Bürgerspitalturm. Da Be- lege völlig fehlen, ist an- zunehmen, dass das Werk vermutlich beim Eigen- tumsübergang von der Stadtgemeinde Hallein an die Wohn- und Siedlungs- genossenschaft „Die Salz- burg“ in den 1980er-Jahren 5 6 Buberl: Denkmale Hallein (wie Anm. 1), S. 137. Josef Kral: Glockengedächtnis. Die Glockenkunde des P. Augustin Jungwirth Salzburg, Salzburg 2017 (Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese Salzburg Bd. 16) S. 167. 106

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DIE HIGHLIGHTS DER KOMMENDEN 111. AUKTION Steffen Pahlow "Tourbillon Nr. 5" Lot 42 Ref. 25829SP, circa 1998 Limitierte, sehr attraktive und äußerst seltene Kult- Armbanduhr aus Stahl und Platin, mit ewigem Kalender und Mondphase in skelettierter Ausfüh- rung. Passend dazu wird ein Paar "Royal Oak" Man- schettenknöpfe aus 18 Ka- rat Weißgold angeboten Schätzwert 70.000 – 120.000 Euro Circa 1990-2001 Einzigartige, große und schwere Savonnette mit Minuten-Tourbillon, Federchronometerhemmung, Gangreserveanzeige und 35 Gehäuseteilen, gefertigt nach Glashütter Bauart von Steffen Pahlow von 1990 bis 2001 Schätzwert 22.000 – 50.000 Euro 116 0708

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Inhalt 3. Die Wettbewerbskaliber SEITE 132 3.1. Erläuterungen zur Auswahl der beschriebenen Kaliber 3.2. Bord- und Taschenchronometer 3.2.1 Bord- und Taschenchronometer von OMEGA SEITE 132 SEITE 135 SEITE 135 3.2.2 Bord- und Taschenchronometer von LONGINES SEITE 144 3.2.3 Bord- und Taschenchronometer von MOVADO 3.2.4 Bord- und Taschenchronometer von ZENITH SEITE 152 SEITE 156 3.2.5. Bord- und Taschenchronometer Technicum Neuchâtelois SEITE 161 3.3. Armbandchronometer 3.3.1. Armbandchronometer von OMEGA 3.3.2. Armbandchronometer von LONGINES 3.3.3. Armbandchronometer von MOVADO 3.3.4. Armbandchronometer von ZENITH 3.3.5. Armbandchronometer von Seiko SEITE 174 SEITE 174 SEITE 201 SEITE 212 SEITE 215 SEITE 221 130

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3. Die Wettbewerbskaliber 3.1. Erläuterungen zur Auswahl der Wettbewerbskaliber Die beschriebenen Kaliber in die- sem Abschnitt basieren auf den Einreichungen in die Wett- bewerbe von Neuchâtel ab 1923. Ab diesem Jahr werden die Durchmesser der Kaliber in mm in den Ergebnislisten angegeben, was die Identifi- kation erst ab diesem Zeit- punkt möglich macht. Die Wettbewerbe in Neuchâtel wurden ausgewählt, da sie die umfangreichsten Wett- bewerbe mit den meisten Teilnehmern im Vergleich zu Genf und Kew/NPL dar- stellen. Von Manufakturen über Schulen bis hin zu Zulieferern werden Chrono- meter eingereicht und deren Ergebnisse international be- obachtet und in der Fachwelt diskutiert. Die Ergebnisse der Wettbewerbe in Neu- châtel liegen lückenlos bis 1967 vor und die Überschnei- dungen der eingesetzten Kaliber zu den eingereichten in Genf sowie Kew/NPL sind sehr hoch. Die Auswahl der hier dargestellten konkur- rierenden Kaliber bzw. der teilnehmenden Manufaktu- ren basiert auf Intensität und Kontinuität der Teilnahme, d.h. dem Willen, um die besten Plätze und Rekorde zu konkurrieren, eigene Kali- ber für die Wettbewerbe zu konstruieren und über eine eigene Präzisionsreglageab- teilung zu verfügen. Für den Verkauf getestete Kaliber werden nur eingeschränkt 132

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Neuchâtel da berücksichtigt. Auch wird sich auf die Kaliber konzentriert, die über längere Zeit- räume eingesetzt werden. Sicherlich gibt es zahlreiche Exoten, die bewusst oder experi- mentell zum Einsatz gekommen sind. Viele von ihnen sind aber auch heute noch un- bekannt und eine zusätzliche Beschreibung der bekannten Exoten würde den Rahmen „Die beschriebenen Kaliber in diesem Abschnitt basieren auf den Einreichungen in die Wettbewerbe von Neuchâtel ab 1923.“ dieser Publikation sprengen. Aufgrund der intensiven Präsenz der Firma Seiko in der Kategorie Armbandchronometer in den spä- ten 60er-Jahren wird auch auf diese Kaliber eingegangen, da gerade in den letzten Jahren der Wettbewerbe Seiko eine herausragende Stellung einnimmt und somit diese Kaliber nicht fehlen sollen. Zusätzlich werden die speziell konstruierten Kaliber des Technicum Neuchâtelois betrachtet, die in den Uhr- macherschulen in La Chaux-de-Fonds und Le Locle konstruiert werden. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Bord- und Taschen- chronometer. Auf eine Betrachtung der Kategorie Mari- nechronometer wird verzichtet, da diese Kategorie für die Protagonisten OMEGA, MOVADO, ZENITH und LONGINES nahe- zu bedeutungslos ist und die Manufaktur ULYSSE NARDIN aus Le Locle eine geradezu historisch erdrückende Vormachtstellung bei Marinechronometern besitzt. Bord- und Taschenchronometer werden zusammen- gefasst, da bis 1952 Bordchronometer auch in der Kategorie Taschenchronometer getestet werden und umgekehrt. 133

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Kategorisierung der Wettbewerbskaliber Versucht man, die Arten der eingesetzten Kaliber (unabhängig ob Bord-, Taschen- oder Armbandchronometer) zu kategorisieren, er- gibt sich folgendes Bild: • Serienkaliber (frühe Taschenuhren) • Serienkaliber, ausgestattet mit Präzisions-Kompo- nenten wie Guillaumeunruh, Ankerbrücke etc., teilweise mit abgedrehten Platinen (z.B. OMEGA 35.5 mm modifi- ziert zu OMEGA 34 mm) oder entfernter Chronographen- kadratur (LONGINES 261, OMEGA 38Chro. etc.) • Serienkaliber mit ergänzter Neukonstruktion (z.B. OMEGA 30DP mit zusätzlicher Platine, OMEGA 47.7 mit großem Federhaus) • Neukonstruktionen exklusiv für Wettbewerbsteilnah- me (OMEGA 30GD, MOVADO 355AN, LONGINES 30B etc.) • Schuluhren, konstruiert für die Wettbewerbsteilnahme (z.B. Technicum La Chaux-de-Fonds 65 mm) • Schuluhren ausgestattet mit Präzisions-Komponen- ten wie z.B. Guillaumeunruh. (Technicum La Chaux-de- Fonds 43 mm oder Technicum Le Locle 43 mm) 134

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3.2. Bord- und Taschenchronometer 3.2.1. Bord- und Taschen- chronometer von OMEGA 60.8 mm Das Kaliber 60.8 mm Das Kaliber 60.8 mm wird 1925 exklusiv für die Präzisions- wettbewerbe konstruiert. Ausgelegt auf reine Präzision strahlt es eine Sachlich- keit aus, die ein wenig an Kaliber aus den 60er-Jah- ren erinnert - wie zum Bei- spiel das Kaliber 49.9 der Uhrmacherschule in La Chaux-de-Fonds. Insofern ist es konstruktiv seiner Zeit voraus und ist gleichzeitig das größte Kaliber, das von OMEGA in die Wettbewerbe der Observatorien geschickt wird. Das Kaliber hat eine Bauhöhe von 10 mm und ist ausgestattet mit 23 Steinen, wovon 2 facettierte Diaman- ten als Decksteine für die Un- ruh eingesetzt werden. Die Guillaumeunruh hat einen Durchmesser von 24.9 mm über den Schraubenköpfen. Die Stahlspirale hat eine Innen- und Außenkurve nach Phillips. Die Abstände der Spiralstifte können für kleinste Isochronismus-Kor- rekturen über eine spezielle Feinregulierung verstellt werden. Das ausgedrehte Ankerrad ist im abgesenk- ten Kloben unter der Unruh gelagert, um den größtmög- lichen Platz für die Unruh zu gewährleisten. Um weiteren Platz für die Unruh zu schaf- fen, haben die Konstrukteure das Minutenrad dezentrali- siert. 135

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 60.8 mm, konstruiert für die Wettbewerbe. 47.7 mm Kaliber 21‘‘‘ und 47.7 mm Das legendäre Kaliber 21‘‘‘ wird ab 1911 produziert und als Observatoriumschrono- meter eingesetzt sowie als Chronometer erster Klasse an Kunden verkauft. Zwi- schen 1911 und 1912 werden 372 Exemplare produziert. Ausgestattet mit Guillau- meunruh ist es das Flagg- schiff für die Wettbewerbe in Neuchâtel, Genf und Kew und erzielt beachtliche Erfol- ge. 1916 werden 6 Exemplare und 1919 zusätzlich 66 Ex- emplare für den Einsatz bei den Wettbewerben modi- fiziert. Diese Chronometer werden mit einem größeren Federhaus zur Erhöhung der Zugkraft sowie mit einem größeren Unruhreifen aus- gestattet. Federhaus und Unruh ragen somit über die Platine hinaus, was Aus- sparungen in den Gehäusen notwendig macht. Es ist die 137

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT erste konstruktive Verände- rung eines OMEGA Kalibers speziell für den Einsatz in den Wettbewerben. Auf der Basis des Kalibers 21‘‘‘ entsteht, leicht modi- fiziert, 1919 das berühmte Kaliber 21 ½ NN L bull oder wie es gemäß der neuen Ka- liberbezeichnungen von 1918 heißt, das Kaliber 47.7 NN L. Zwischen 1919 und 1920 wird es in einer Stückzahl von ungefähr 330 Exempla- ren hergestellt, wovon ca. 30 Exemplare zuletzt 1951 fertig gestellt werden. Das Kaliber 21‘‘‘ der ersten Serie aus dem Jahr 1911 in der Observatoriumsvariante. Leider ist nicht mehr zu klären, welche Motivation zur Ferti- gung der letzten 30 Kaliber des 47.7 mm geführt hat. Höchstwahrscheinlich versucht man hier noch 138

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Kaliber 53.7 mm Das Kaliber 53.7 mm gibt es in unterschied- lichen Ausfüh- rungen bezüglich Gehäuse und Bearbeitung des Werkes. Wie bereits in Kapitel 1 zur Einführung in die Präzisions- wettbewerbe beschrieben, handelt es sich natürlich nicht um ein Kaliber, das darauf ausgerichtet ist, Re- korde zu erzielen. Vielmehr stellt das Erreichen eines Gangscheins eine grund- legende Zertifizierung des Schleppzeigers dar, um für Sportzeitmessung auf höchs- tem Niveau zugelassen zu werden. Nachzuweisen sind Einreichungen in Neuchâtel (und 1962 in Genf), wobei Eingereichte OMEGA Chronographen, die nicht am Wettbewerb teilnehmen (siehe letzte Spalte). 140

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Die Kaliber 43 mm, 38 mm und 37.6 mm Diese 3 Kaliber werden vorwie- gend in Genf eingereicht und ausschließlich durch Alfred Jaccard reguliert. In der Kate- gorie B Taschenchronometer größer 38 mm und kleiner/ gleich 43 mm erzielt Jaccard mit dem 43 mm (grade very best) 1930 und 1931 einen neuen Serienrekord sowie 1931 einen Einzelrekord. In der Kategorie kleiner/gleich 38 mm verbessert er 1931, 1932 und 1933 jeweils den Serienrekord für die 5 besten Chronometer. Dabei kom- men die Kaliber 37.6 mm und das Kaliber 38 mm zum Ein- satz. Das 38 mm basiert auf dem Chronographenkaliber 39 Chro (Chronographen- kadratur entfernt) und wird entsprechend dem Regle- ment auf 38 mm abgedreht. 43 mm, 38 mm, 37.6 mm 142

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3.2.2. Bord- und Taschenchronometer von LONGINES 43 mm Das Kaliber 21.29 (43 mm) nicht mehr wieder, da sie für die Präzisionsreglage keine Funktion erfüllt. Kommer- ziell ist das Kaliber 21.29 zu- sätzlich ein Verkaufsschlager für LONGINES im Präzisions- uhrensegment. So findet sich das Werk als Basis für viele Navigationsuhren und nicht zuletzt in dem berühmten Siderographen von 1939 wieder. Das Kaliber 21.29 wird von 1924 bis 1960 aus- schließlich in der Kategorie Taschenuhren von LONGINES eingereicht. Es hat ursprünglich einen Durchmesser von 48 mm und wird entsprechend dem Reglement in Neu- châtel auf 43 mm abgedreht. Für die Wettbewerbe ist es mit einer Guillaumeunruh ausgestattet. Das Auf-und- Ab Werk wurde entfernt, um zusätzliche Reibung zu vermeiden. Auch die mar- kante Feinregulierung über Schneckenscheibe findet sich bei einigen Exemplaren 144

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 21.29 von LONGINES. 54 mm Das Kaliber 24.99 (54 mm) Ab 1924 kommt das Kaliber 24.99 in den Kategorien Bord- und Taschenchrono- meter zum Einsatz. Mit einem Durchmesser von 54 mm verfügt es über ein Federhaus mit einem Durch- messer von 25 mm sowie eine Guillaumeunruh mit einem Durchmesser von 20 mm. Im Gegensatz zum 21.29 handelt es sich nicht um ein Werk mit Dreiviertel- platine, sondern um ein Brü- ckenwerk in der typischen Dimension eines Bordchro- nometers. Bereits 1908 (im Jahr der ersten Produktion) wird es bei den Ankaufsprü- fungen des Naval Observato- ry in Washington in einem 22-wöchigen Test auf Herz und Nieren für den militäri- schen Einsatz geprüft. 145

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Erfolgreich, da bereits im selben Jahr die ersten Bordchronometer dieses Typs an die US Navy geliefert werden. In der Kategorie Taschenchronometer wird es in Neuchâtel bis 1944 eingereicht, in der Kategorie Bord- chronometer nur bis 1926. Das liegt daran, das LONGINES sein Engagement Ende der 20er-Jahre stark auf die Kategorie Taschen- chronometer ausrichtet. Vergleichbar mit OMEGA wird dann ab 1942 der Schwerpunkt der Einreichungen auf die neu geschaffene Kategorie Armbandchronometer gelegt, da die Zukunft kommerziell bei den Armband- uhren gesehen wird. 58 mm Das Kaliber 24.99 in der Ausführung für die US Navy. 146

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 147 Das Kaliber 26.99 in der Ausführung mit Brückenwerk. Das Kaliber 26.99 (58 mm) der Reglageabteilung vor- behalten, die es in den Wett- bewerben der Observatorien einsetzt. Durch die größere Dimension des Werkes werden auch die eingesetzte Guillaumeunruh sowie das Federhaus vergrößert. Die Einreichungen in Neuchâtel sind allerdings überschaubar und beziehen sich schwer- punktmäßig auf die Jahre 1924 und 1925. In Genf wird es bis 1929 eingereicht. Das Kaliber 26.99 existiert in einer Ausführung als Brückenwerk sowie in einer Ausführung mit Mittelbrücke und ist dem Einsatz in den Wettbewerben vorbehalten. War das Er- zielen eines begehrten Bul- letins auch bei LONGINES zunächst eher verkaufsorien- tiert, so änderte sich die Ein- stellung zu den Wettbewer- ben in den frühen 20ern in Richtung erfolgsorientierter Teilnahme hinsichtlich Prei- sen und Rekorden, um Argu- mente für die Bewerbung der Verkaufsprodukte zu liefern. So bleibt das Kaliber 26.99

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 260/261 (50 mm) 1958 kommt zum ersten Mal das Kaliber 260/261 in der Kategorie Ta- schenchronometer zum Einsatz. Es handelt sich bei diesem Kaliber ursprünglich um ein Chronographen- kaliber mit Schleppzeiger, das einen Durchmesser von 52.8 mm besitzt und auch regelmäßig für den Einsatz bei renommierten Sportver- anstaltungen in Neuchâtel 50 mm geprüft wird. In der Wett- bewerbsvariante wird das Werk auf regelkonforme 50 mm heruntergedreht und die Chronographenkadratur entfernt. Ab 1961 ist es das einzige Taschenchronometer von LONGINES, das noch bis zum Ende der Wettbewerbe (und darüber hinaus bis 1971) in Neuchâtel ins Rennen geschickt wird. Ausgestattet mit Guillaumeunruh han- 150

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 151 Das Kaliber 261 in der Wettbewerbsvariante. delt es sich um einen Schnellschwinger mit 36.000 Halbschwingung/h, der auch von der Firma Nivarox in gleicher Form (nur mit Glucydurunruh und Nivaroxsprirale) in die Wettbewerbe geschickt wird. Die Tendenz zu schnellschwingenden Hemmungen hat sich somit nicht nur in der Kategorie der Arm- bandchronometer, sondern auch bei den Taschenuhren etabliert. Trotzdem setzen die großen Manufakturen und deren Regleure weiterhin auf die Guillaumeunruh, da die “starre“ Glucydurunruh in ihren Reglage- möglichkeiten beschränkt ist. Durch die Hände von Frank Vaucher erzielt dieses Werk in den Jahren 1964 bis 1966 jeweils den ersten Platz in der Kategorie Taschenchro- nometer. 1966 erzielt es mit einem Gesamtergebnis von N=1,72 einen Rekord, der nicht mehr gebrochen wird.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 50 mm Kaliber 50 mm (2. Observatoriumsserie) Das 50 mm Kali- ber kommt in den Kategorien Bord- und Ta- schenchronometer bis 1928 zum Einsatz und umfasst eine Serie von ca. 50 Chrono- metern. Die Abbildung zeigt das Werk, wie es beim Wett- bewerb zum Einsatz kommt. Ohne jegliche Finissierung, mit Messingplatinen und ohne Kennzeichnung auf dem Werk. Ausgestattet mit Flachspirale und doppelter Endkurve nach Phillips, Guil- laumeunruh und einfachem Rücker. Die Hemmungspartie ist feinstens vollendet und aus- gestattet mit einer speziellen Feinstellungsvorrichtung für die Rückerstifte. Das Kaliber kommt in Neu- châtel auch im ersten inter- nationalen Wettbewerb (zu Ehren des 100-jährigen Todestages von Breguet) zum Einsatz. Ein respektabler 11. Platz, ausgezeichnet mit einem ersten Preis und regu- liert von Louis Augsburger, markiert das beste Ergeb- nis für MOVADO in diesem Wettbewerb. Abgelöst wird es ab 1927 vom Kaliber 64 mm/65 mm. 154

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Kaliber 65 mm (3. Observatoriumsserie) 65 mm Die Konstruktion des 65 mm (exklusiv für die Wettbe- werbe) ist auf die Erzielung bester Ergebnisse und höchs- ter Präzision ausgelegt. Es kommt bis 1939, dem Ende der Teilnahme von MOVA- DO, in den Kategorien Bord- und Taschenchronometer (mit der Ausnahme der Concours International von 1948) mit ca. 50 Ex- emplaren zum Einsatz. Es handelt sich um ein 2/3-Pla- tinenwerk, das schon beim Anblick stabil und sehr mas- siv wirkt. Der Unruhreif ist mit 26 mm extrem groß und die Unruhschrauben sind abgeflacht, um den Luftwiderstand so gering wie möglich zu halten. Federhaus und Hemmungs- partie sitzen auf einer separat zu demon- tierenden Platine. Die Rückerstifte haben eine spezielle Feinstellungsvorrichtung. Erstaunlicherweise kommen bis 1931 bi- metallische Unruhreifen zum Einsatz und erst in den Jahren 1936 und 1938 durch- gängig Guillaumeunruhen. Das Kaliber verzeichnet zahlreiche Spitzenplätze, u.a. einen ersten Platz 1936 in der Kategorie Poche 1. reguliert von Werner-A. Dubois mit einem Ergebnis von N=4,10. Nach 10 Jahren Pause ist es auch Werner- A. Dubois, der dieses Kaliber für die inter- nationalen Wettbewerbe 1948 feinstellt. Er erzielt 2 erste Preise in der Kategorie Bord- und Taschenchronometer. 155 Das Kaliber 65 mm der 3. Observatoriumsserie.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3.2.4. Bord- und Taschen- chronometer von ZENITH Das Kaliber 44 mm mit spezieller Feinregulierung für die Rückerstifte. 44 mm Kaliber 44 mm Das Kaliber 44 mm wird bis 1951 in der Kategorie Taschenchrono- meter in Neuchâtel eher dosiert eingesetzt, da das Reglement bis zu diesem Zeitpunkt den Einsatz von Kali- bern bis zu einer Größe von 70 mm erlaubt und damit das Observatoriumskaliber 65 mm von ZENITH den Vorzug erhält. Erst mit der Reglementsänderung 1952, die für Taschen- chronometer nur noch eine maximale Größe bis 50 mm zulässt, erfährt dieses Kaliber ein Comeback, bevor es 1962 vollständig durch das 50 mm Kaliber 5011K O ersetzt wird. In der Zeit bis 1941 erzielt es allerdings bemer- kenswerte Ergebnisse und landet 1955, 1956 und 1958 auf dem ersten Platz der Kategorie Taschenchronometer. Ausgestattet ist es mit Guillaumeunruh und einer Flachspirale mit 2 Endkurven nach Phillips und in einer Spe- zialversion mit der Rückerfeinregulierung, die auch beim legendären Kaliber 261 zum Einsatz kommt. 156

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 49.6 mm Kaliber 49.6 mm Ein weiteres Kaliber, das aufgrund der neuen Regle- mentsänderung ab 1952 zum Einsatz kommt, ist das Ka- liber 49.6 mm. Auch dieses Kaliber erzielt sehr gute Ergebnisse, wird aber weni- ger eingesetzt als das 44 mm. Ausgestattet ist es mit einer Abfallreglage nach Rosat sowie mit Guillaumeunruh und zwei Spiralendkurven. Über die Gründe warum dieses Kaliber, trotz seiner größeren Dimensionierung weniger zum Einsatz kommt, kann nur spekuliert werden. Vielleicht war es auch nur eine Frage der Verfügbarkeit, da es sich um ein Werk han- delt, das seinen Ursprung im Jahr 1907 findet. Die gene- relle Frage der Verfügbarkeit eines Spitzenkalibers, zuge- schnitten auf die Wettbewer- be in der Kategorie Taschen- chronometer kann auch dazu beigetragen haben, dass ZENITH sich mit dem Kaliber 5011K zu einer Neuentwick- lung entschließt, die sowohl als Observatoriumschrono- meter sowie als Chronometer für z.B. Abschlussarbeiten von Uhrmacherschülern der Schule in Le Locle genutzt wird. Das Kaliber 49.6 mm. 157

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Kaliber 50 mm (5011K O) 1960 sind die Arbeiten am Kaliber 5011K abge- schlossen. Dem Regle- ment entsprechend hat es eine Höhe von 10 mm und arbeitet mit 18.000 Halb- schwingungen/h. In der Ob- servatoriumsversion verfü- gen alle eingereichten Werke über eine Guillaumeunruh, die über dem abgesenkten Gangradkloben schwingt. Bereits im ersten Jahr des Einsatzes erreicht es einen zweiten Platz in der Katego- rie Taschenchronometer mit einem Ergebnis von N=2,4, reguliert von Rene Gygax. Bis zum Ende der Wettbe- werbe erzielt es viele hervor- ragende Ergebnisse, gekrönt 1967 mit der Belegung der ersten vier Plätze und einem N=1,75 an der Spitze der Platzierungen Taschenuhr 1. Klasse. 50 mm 158 Das Kaliber 50 mm (5011K O).

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 65 mm Kaliber 65 mm (261 Observatoriumsversion) Das Fundament für die kontinuierlichen Erfolge der Firma ZENITH in den Katego- rien Bord- und Taschenchro- nometer bildet das Kaliber 261 mit einem Durchmesser von 65 mm, das seit 1922 im Einsatz ist. Seinen Ursprung hat das Werk (Kaliber 260) in der Herstellung für die Armaturenbretter von Schweizer Postbussen als Auto-Uhr. Aufgezo- gen und gestellt wird es über die Lünette und ist mit einer Gangreserve von 8 Ta- gen ausgestattet. Aufgrund der Robustheit und Stabili- tät des Werkes entwickelt sich die Idee, es in einen Observatoriumschronome- ter zu transformieren. Das große Federhaus sowie der Platz für eine große Unruh bieten ideale Voraussetzun- gen. Die erste Version ent- spricht optisch mit Aufzug und Zeigerstellung über die Lünette der Verkaufsversion. Das Werk wird mit einer Gangreserve von 56 Stunden ausgestattet sowie mit einer Guillaumeunruh und einer speziellen Vorrichtung für Das Kaliber 65 mm (261, zweite Version). 159

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 65 mm (261, zweite Version). die Verstellung der Rücker- stifte, die es ermöglicht, die Spirale parallel zu verstellen sowie auch den Abstand zwischen den Rückerstiften zu verändern. Der angegebe- ne Durchmesser von 65 mm gilt ohne den Befestigungs- ring und das Werk ist auf 4 Pfeilern montiert. Das Gang- rad ist abgesenkt, um einen größtmöglichen Platz für die Guillaumeunruh zu schaf- fen. Spätere Ausführungen dieses Werkes werden über Schlüssel direkt auf der Wel- le des Federkerns aufgezogen und über einen Steckknopf auf der Rückseite des Gehäu- ses gestellt. Über 45 Jahre wird dieses Werk an den Observatorien in Neuchâtel, Genf und Kew/ NPL eingereicht. Das wohl außergewöhnlichste Ergeb- nis erzielt es bereits im Jahr 1923 mit einem ersten Platz und einem N=2,50 in der Kategorie Taschenuhren in Neuchâtel. Ein Einzelrekord, der bis 1960(!) Bestand hat und seiner Zeit so weit vor- aus ist, dass man Messfehler oder ein ideales Zusammen- treffen aller Parameter wie perfekte Regulierung, Klima- verhältnisse, Luftdruck etc. vermuten kann. Zu dieser Zeit steht der Einzelrekord für Marinechronometer bei N=3,40 durch ULYSSE NAR- DIN. Der Einzelrekord für Bordchronometer (ebenfalls ein 65 mm Kaliber 261) steht durch ZENITH bei N=5,20 und wird somit mehr als halbiert. 160

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3.2.5. Bord- und Taschenchro- nometer Technicum Neuchâtelois (Uhrmacherschulen Le Locle und La Chaux-de-Fonds) Besondere Delikatessen unter den Schuluhren sind die Taschen- und Bordchronometer, die im Rahmen der Ausbildung zum Technicien- Horloger umgesetzt werden. Die Ausbil- dung wird 1895 von Paul Berner, Direktor der Uhrmacherschule in La Chaux-de-Fonds entwickelt. Mit 5 Jahren Ausbildungszeit ist der Technicien-Horloger die anspruchs- vollste Ausbildung auf höchstem Niveau: “Der Konstrukteur am Reißbrett, geschult in Theorie und Praxis mit Ausbildung in Kleinstgruppen, unter Leitung und Auf- sicht hervorragender Fachlehrer“. Mit jedem neuen Schuljahr wechseln die Schüler in die nächsthöhere Klasse und setzen die Theorie in die Praxis anhand ihrer Schuluhr sowie anderer selbstgefertigter Stücke wie Werk- zeuge oder Gangmodelle um. Fester Bestand- teil der Ausbildung ist die Teilnahme an den Wettbewerben am Observatorium Neuchâtel am Ende der Ausbildung. Ziel der Ausbildung zum Technicien-Horloger ist die Entwicklung der Elite der zu- künftigen schweizer Uhren- industrie, der nach Abschluß Firmengründer, Direkto- ren und Spitzenlehrer von Uhrmacherschulen sowie begnadete Konstrukteure entspringen. Schuluhren auf höchstem Niveau, versehen mit einem Bulletin eines der jährlichen Präzisionswettbe- werbe, zeugen vom extremen Anspruch, der an die Schüler gestellt wird. Betrachtet man die Perfektion der Ausfüh- rung dieser Uhren, läßt dies auf die unglaubliche Aus- dauer und Mühe schließen, die diese jungen Schüler in den Bau ihrer Schuluhr in- vestieren. 161

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Le Locle In der ersten Version wird es ausschließlich als Feder- chronometer gebaut. In der zweiten Version finden sich Feder- und Ankerchronome- ter. Das letzte nachweisbare 50 mm mit Federchronome- ter findet sich in den Wett- bewerbslisten des Observato- riums 1941. Danach erhalten nur noch 50 mm Kaliber mit Ankerhemmung einen der begehrten Gangscheine in der Prüfungskategorie Ta- schen- oder Bordchronome- ter. Auch über das offizielle Ende der Präzisionswettbe- werbe 1967 hinaus werden noch 50 mm Kaliber am Observatorium geprüft. Der Schüler A. Thiébaud erhält noch 1971 ein Bulletin für seine 50 mm Schuluhr. 163 Die erste Version des 50 mm Kalibers mit Federchronometerhemmung

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 50 mm mit Federchronometerhemmung, zweite Version aus dem Jahr 1919. Gebaut von Henri Gerber, technischer Direktor bei OMEGA von 1928 bis 1965. Wann genau und unter welchen Umständen das uns in den Versionen 2 und 3 bekannte schuleigene 50 mm Kaliber evolutioniert wird, liegt leider im Dun- keln. Anhand der Ergebnis- listen des Observatoriums in Neuchâtel kann man von den 20er-Jahren ausgehen, da sich zu dieser Zeit erste Ein- reichungen nachweisen las- sen. Auch wann das Kaliber zur Version 3 modernisiert wird, ist leider nicht belegt. Aufgrund der bekannten Uhren kann man hier vom Anfang der 50er-Jahre aus- gehen. 50 mm 164

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Vergleicht man beide Versio- nen, so sind sie zifferblatt- seitig nahezu identisch. Die Zeigerstellung erfolgt bei der modernisierten Version über die Krone, daher fehlt der Druckknopf. Der Bügelhals ist in dieser Ausführung län- ger. Ansonsten sind Gehäuse (925 Silber), Zifferblatt und Zeiger identisch. 50 mm Ankerchronometer in der zweiten (rechte Abbildung Schülernummer 2038) und dritten (linke Abbildung Schülernummer 2268) Version. Werkseitig kann man die Veränderung anhand des Aufbaus des Gesperrs, der Form des abgesenkten Gang- radklobens sowie des Klo- bens für das Kleinbodenrad erkennen. Die Lagersteine werden gepresst und nicht mehr gefasst. 165

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 50 mm Ankerchronometer in der zweiten (rechte Abbildung Schülernummer 2038) und dritten (linke Abbildung Schülernummer 2268) Version. Diese Veränderun- gen bzw. Mo- dernisierungen entsprechen dem Zeitgeist dieser Epoche, die sich von den klassischen Elementen des Uhrenbaus Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hin zum funk- tionalen Auftritt in der zwei- ten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wandelt. Die konstruktive Auswirkung 50 mm der Änderung des Zeiger- stellungsmechanismus ist am besten zifferblattseitig zu erkennen. Das hier abgebildete 50 mm Kaliber mit der Schülernum- mer 2038 erhielt 1947 bei den Präzisionswettbewerben in Neuchâtel in der Kategorie Taschenchronometer einen ersten Preis und wurde von Jaques-André Roulet (1923– 166

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Mit einer 2/3 Hauptplati- ne und der Anordnung der Kloben für das Klein- bodenrad, Sekundenrad und die Unruh zeichnet es be- reits konstruktiv das spätere 65 mm Kaliber in Ansätzen voraus, ausgestattet mit Zei- gerstellung über Druckknopf und überwiegend in Neu- silber mit nicht veredelter Oberfläche gebaut. Häufig finden sich weiße Saphire als Lagersteine (zur besseren Be- obachtung der Öllagerung) und die Zifferblätter sind im sachlichen Stil von klas- sischen Bordchronometern gehalten. Der Bau eines Kalibers D ist dem Ausbildungszweig des Technicien-Horloger vorbe- halten. Betrachtet man die Ergebnislisten der Präzisi- onswettbewerbe in Neuchâ- tel, so finden sich dort nach- weisbar 47 Uhren in einem 168

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Kaliber D mit Ankerhemmung. PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 50 mm Zeitraum von 1923 bis 1954. Etwas mehr als 1/3 mit Ankerhemmung und ca. 2/3 mit der Ausführung als Federchronometer. Wie in den Abbildungen zu sehen, werden auch Wippenchronmeter als Variante des 50 mm gebaut. Erstaunlicherweise werden bei- de bekannten Uhren als Federchronometer in den Ergebnislisten ausgewiesen. Interessant ist auch, dass viele dieser Abschlussarbeiten zunächst in der Kategorie Taschenchrono- meter eingereicht werden. Nach bestandener Prüfung wird das Chronometer erneut, dies- mal allerdings in der Kategorie Bordchrono- meter eingereicht, die für den Erhalt eines Bulletins die Messlatte höher legt. Zwei bislang unbekannte Exemplare des Kalibers D mit Wippen-Chronometerhemmung. 169

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Zifferblatt- und Werkansicht der ersten Version des Bordchronometers Kaliber 65 mm Das 65 mm Kaliber 1930 nimmt an der Schu- le die Idee Gestalt an, ein weiteres Kaliber zu konstruieren, das spezi- ell für die Einreichung in die jährlichen Präzisionswett- bewerbe des Observatoriums in Neuchâtel vorgesehen ist. Es ist die Geburt des spekta- kulärsten Kalibers unter den Konstruktionen der Uhr- macherschule. Das Kaliber 65 mm. Die Väter des 65 mm Kaliber sind Robert Gafner (Maître de chronométrie), Georges Sautebin (Maître du rég- lage de précision) sowie Fridolin Wiget (stellver- tretender Direktor und Konstrukteur). Das 65 mm Kaliber der Uhrmacherschule La Chaux-de-Fonds hat einen Gehäusedurchmesser von 71 mm bei einem Gewicht von über 400 Gramm. Gefertigt 65 mm 170

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT aus Neusilber, besitzt das Brückenwerk ein abgesenktes Gangrad und dadurch den notwendigen Platz für eine riesige Guillaumeunruh mit Goldschrauben, die dem Durchmesser des Federhauses (30 mm) in nichts nachsteht. Die Spirale hat Innen- und Außenkurve. Als Lagersteine werden weiße Saphire anstatt Rubine ver- wendet. Das Gehäuse ist aus Silber, beid- seitig verglast und verschraubt. Das Ziffer- blatt in der ersten Version ist in der Regel aus Silber, in der zweiten Version aus feinster Emaille. Die erste Version verfügt über eine Auf- und Ab-Anzeige. Im letzten Ausbildungsjahr und unter Anleitung des Leiters der Reglageklasse G. Sautebin bzw. später P. Girardet, folgt dann die Reglage der gebauten Uhren für die Einreichung am Observatorium. Zifferblatt- und Werkansicht der zweiten Version des Bordchronometers Kaliber 65 mm, Nr. 1201-1 von Jean-Daniel Paratte. 171

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das erste nachweis- bar erfolgreiche 65 mm wird im Jahr 1934 ein- gereicht. Bis 1952 werden die 65 mm häufig zuerst in der Kategorie Poche größer 45 mm und danach in der anspruchsvolleren Kategorie der Bordchronometer größer 60 mm geprüft. Mit dem Jahr 1952 (und aufgrund einer Reglement-Änderung) nur noch in der Kategorie Bord- chronometer. Wann genau die modernisierte zweite Version die erste Version des 65 mm ablöste, ist nicht genau nachweisbar und wird sich auch aufgrund der Aus- bildungsdauer zeitlich über- schnitten haben. Kaliber 49.9 mm in einer späten Variante mit Glucydurunruh. 172

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 49.9 mm Das Kaliber 49.9 mm Am Ende der Ära der schuleige- nen Kaliber für die Wettbewerbe wird das 65 mm Kaliber durch das Kaliber 49.9 mm abgelöst. Fridolin Wiget erstellt die Konstruktionspläne für dieses Kaliber und Willy Godon, ver- antwortlich für die Erstellung der Rohwerke, fertigt die Werk- zeuge. Das Kaliber 49.9 mm ist mit An- kerhemmung ausgestattet, die über eine Guillaumeunruh oder später über eine Glucydurunruh (teilweise mit Affixen als Hilfs- kompensation) verfügt. Bis 1975 reichen Schüler des Technicums das 49.9 mm zur Prüfung am Observatorium in Neuchâtel ein. Dann endet auch diese Ära. 173

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3.3. Armbandchronometer 3.3.1. Armbandchronometer von OMEGA Wie bereits beschrie- ben, wird auf Druck der Fabrikanten 1941 ein erster Testlauf für die neu geschaffene Kategorie der Armbandchronometer am Observatorium in Neuchâtel durchgeführt. Die Ergeb- nisse werden im jährlichen Rapport des Observatoriums festgehalten, aber erst 1945 wird diese Kategorie offiziell eingeführt. Es ist einer der spannendsten Zeitabschnitte in der Geschichte der Prä- zisionswettbewerbe, da es eine Experimentierphase für die Manufakturen auf dem Weg zum optimalen Armbanduhrkaliber für den Einsatz im Wettbewerb ist. Glücklicherweise haben sich im Archiv von OMEGA diese Testobjekte erhalten, von denen bisher nur wenig bekannt ist. Ihnen gleich ist der Umstand, dass es sich um Serienkaliber handelt, die mit besten Komponenten wie neuzeitliche Räderwer- ke, Ankerbrücken und Guil- laumeunruhen ausgestattet werden. Das Reglement lässt einen Durchmesser bis 34 mm bei einer Bauhöhe von 5,3 mm zu. Warum aber in der Zeit bis 1945 mit we- sentlich kleineren Kalibern bei OMEGA experimentiert wird, lässt sich leider nicht mehr klären. Erst 1946 wird das Kaliber 35.5 auf 34 mm heruntergedreht und für den Einsatz umgerüstet. Mit dem internationalen Wettbewerb 1948 wird das Reglement angepasst und ab den jährlichen Wettbewer- ben 1949 dürfen nur noch Armbandchronometer, die einen maximalen Durchmes- 174

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT ser von 30 mm (entsprechen 707 mm2 für Formwerke) bei einer Bauhöhe von maximal 5,3 mm vorweisen, einge- reicht werden. Diese Vor- gaben ändern sich bis zum Ende der Wettbewerbe nicht mehr. Doch zurück zu den Anfängen. Das Kaliber T-17. Das Kaliber T-17 Das Kaliber T-17 wird 1934 von Charles Perregaux ent- wickelt, wobei das T (Ton- neau) einen Hinweis auf die Form des Werkes gibt und die Zahl 17 für die Breite der Mitte in Millimeter steht. Die Maße des Werkes sind 17 x 24,5 x 3,75 mm. Die Tat- sache, dass dieses Kaliber über eine Gangreserve von 60 Stunden und somit über ein entsprechend großes Federhaus verfügt, dürfte für den Regleur Gottlob Ith ausschlaggebend gewesen 175

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Mit hoher Wahrscheinlich- keit wurde das Werk nicht in die Wettbewerbe eingereicht und kommt über die experi- mentelle Phase nicht hinaus. Es gibt auch keine Hinweise auf Einreichungen in den Ergebnislisten der Observa- torien Neuchâtel und Genf. sein, um mit diesem Werk zu experimentieren. Zudem verfügt es über ein abgesenk- tes Gangrad, was bei diesem Kaliber eine zumindest etwas größere Unruh zulässt. Das Messingzifferblatt ist sehr grob gehalten und bei der 12 mit der Bezeichnung T-17 graviert. Zusätzlich verfügt es über einen Durchbruch, der einen Blick auf das Lager der Unruhwelle freigibt. 176

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 23.4 mm. Die Kaliber 23.4 mm mit Kompensationsschrauben im Unruhreifen. Das Kaliber 23.4 mm Beim Kaliber 23.4 mm handelt es sich um das kleins- te nachweisbare Kaliber, das jemals in Neu- châtel in die Wettbewerbe eingereicht wird. Die Bau- höhe beträgt 3,75 mm und in der Observatoriumsversion ist es mit Guillaumeunruh mit zwei Endkurven sowie einer Ankerradbrücke ausge- stattet. Entwickelt wird das Werk 1936 und in der Obser- vatoriumsvariante erhalten zwischen 1943 und 1944 insgesamt fünf Chronometer einen Gangschein, reguliert duch Gottlob Ith. 23.4 mm Es ist den größeren Kalibern aber unterlegen und landet nur auf mittleren und hinte- ren Plätzen. Danach kommt es nicht mehr zum Einsatz. Es existiert eine weitere interessante Variante des 23.4 mm mit zwei Goldkom- pensationsschrauben im Un- ruhreifen, vorgesehen für die Einreichung am NPL. Eine Unruhvariante, die sich auch bei einem Kaliber 47.7 findet, das erfolgreich in Neuchâtel und Genf eingereicht wird. 177

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 26.5 mm Die Kaliber 26.5 mit Hilfskompensationen in Form von Affixen Das Kaliber 26.5 mm verfügt über eine Bauhö- he von 3,95 mm, schwingt mit 18.000 Halb- schwingungen/h und wird 1926 entwickelt. Gottlob Ith experimentiert zudem mit diesem Kaliber höchst- wahrscheinlich zum ersten Mal mit 25.200 Halbschwin- gungen/h. Das Werk mit der Nummer 7049740, reguliert 26.5 mm von Gottlob Ith, erhält 1942 einen Gangschein. Das Werk mit der Nummer 7049788 erhält ebenfalls 1942 einen Gangschein und wird von Alfred Jaccard eingereicht. Beide Werke verfügen über eine Guillaumeunruh mit Stahlspirale. Letzteres weist eine Besonderheit auf, die bei keinem anderen Obser- vatoriumschronometer von OMEGA bekannt ist. Es hat 178

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 34 mm DP Kaliber 34 mm DP 34 S bul. Das Kaliber 34 mm DP ist das Obser- vatoriumschro- nometer von OMEGA, das –neben dem legendären 30 mm– zwi- schen 1946 und 1948 in die Chronometerwettbewerbe für Armbanduhren in Neu- châtel eingereicht wird. Es kommt (nach dem Erfolg von LONGINES mit dem 34 mm Werk 15.68Z im Arm- banduhrenwettbewerb 1945) 1946 zum ersten Mal zum Einsatz. Mit einem Durch- messer von 34 mm und einer exakten Bauhöhe von 5,3 mm. Es handelt sich dabei 180 um ein transformiertes Kali- ber 35.5 S, dass von 35.5 mm auf einen Durchmesser von 34 mm runtergedreht wird und in seiner Bauhöhe durch eine zusätzliche Platine von 4,5 mm auf 5,3 mm erhöht wird. Dies entspricht der ma- ximal möglichen Höhe, die durch das Reglement fest- gelegt wird. Dabei wird die Federhauspassung der Werk- platine durchbrochen und ein höheres Federhaus mit einer höheren und schma- leren Feder für eine größere Kraft und mehr Umläufe eingesetzt. Diese sorgt für eine konstantere Kraftvertei- lung. Übernommen werden

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 34 mm die Werkplatine, die Räder- werk- und Federhausbrücke, der Unruh-Kloben sowie der Aufzug- und Zeigerstellme- chanismus. Der Anker-Klo- ben wird aus Stabilitätsgrün- den durch eine Ankerbrücke ersetzt. Neu hinzu kommen eine zusätzliche Platine (Double Platine) für die untere Federhauslagerung, ein Federhaus mit Gesperr, ein neuzeitlich verzahntes Räderwerk, eine Qualitäts- ankerhemmung, ein Deck- stein auf dem Ankerradlager, eine Guillaumeunruh sowie ein spezieller Werkring mit Aussparungen für Federhaus und Unruh. Diese Ausspa- rungen sind notwendig, da sowohl die Unruh als auch das Federhaus leicht über den Durchmesser der Werk- platine hinaus reichen. Ein kleiner Trick, der auch beim 47.7 angewendet wird, da das Reglement sich auf den Durchmesser der Werk- platinen, nicht aber auf die Größe der ‘überstehenden‘ Unruh oder des Federhauses bezieht. Nach diesen Modifi- kationen liegt nun das Chro- nometerwerk 34 S bul mit 19 Steinen und einer Abmes- sung von 34,0 x 5,3 mm vor. Kaliber 34 mm DP 34 S bul. Links die zusätzliche Platine, rechts die durchbrochene Federhauspassung der Werkplatine. 181

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Angaben zu diesem Werk finden sich in keiner Kaliber- liste von OMEGA, ebenso sind die Werknum- mern nicht im Nummernver- zeichnis von OMEGA regist- riert. Die jährlichen Rapporte mit den entsprechenden Ergebnislisten lassen darauf schließen, dass es sich um ca. 30 transformierte Werke handelt. Eingereicht wird das 34 S bul von 1946 bis 1948, aller- dings nur mit durchschnitt- lichem Erfolg. So finden sich in diesen frühen Jahren des Präzisionswettbewerbs für Armbanduhren ZENITH und LONGINES mit ihren Kali- bern auf den ersten Plätzen. Die beste Platzierung er- reicht OMEGA 1946 mit ei- nem vierten Platz und einem Gesamtergebnis N=7,8. Das Kaliber 30 mm DP Kaum ein anderes Kaliber ist so legendär wie das Kaliber 30 mm von OMEGA. 1939 von Henri Kneuss unter der Leitung des technischen Direktors Henri Gerber konstruiert, gehört es zu den wichtigsten Kalibern, die bei OMEGA entwickelt werden. Eine eigene Kaliberfamilie geht im Laufe der Zeit daraus hervor. Der Chronometerver- sion für den Verkauf widmet sich ein eigenes Buch, das im Eigenverlag von Erich Lexer geschrieben und aufgelegt wurde (Titel: OMEGA 30 mm Chronometer). 182

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Dass während der Konst- ruktion des 30 mm auch an den Einsatz bei den Wett- bewerben gedacht wird, ist eher fraglich, da zu diesem Zeitpunkt die Kategorie Armbandchronometer in Neuchâtel oder Genf noch nicht existiert. Bereits 1942 wird es zusammen mit dem Kaliber 26.5 mm in Neuchâ- tel eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch nie- mand, dass sich das 30 mm 30 mm PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT zum wichtigsten Kaliber von OMEGA bei den Wettbewer- ben entwickeln wird. Die Reglementierung auf 30 mm ab 1949 spielt dem Kaliber in die Karten, doch die Bauhö- he von 5,30 mm wird nicht erreicht. Daher entscheiden sich die Konstrukteure und Regleure, das gleiche Prinzip wie beim 34 mm anzuwen- den, indem eine zusätzliche Platine mit einer Höhe von 1,3 mm montiert wird. Die Federhauspassung in der Werkplatine wird durch- brochen, um für ein höheres Federhaus Platz zu schaffen, das in der zusätzlich aufge- setzten Platine gelagert ist. Das Federhaus ist mit einer Malteserkreuzstellung ver- sehen und verfügt über eine höhere und schmalere Zugfe- der mit mehr Umläufen. Die- se Veränderungen bedingen weitere Konstruktionsände- rungen wie ein Minutenrad mit einem hohen Trieb sowie einen Sekundenzeiger mit überlangem Rohr. Double Platine Konstruktion für das 30 mm DP. 183

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Kaliber 30 mm ohne Double Platine mit der Werknummer 9378518. Das Werk schwingt ursprünglich mit 18.000 Halb- schwingungen/h, in der Observatoriumsva- riante wird es auf 25.200 Halbschwingungen/h um- gerüstet. Ob es in den frühen 40ern mit 18.000 Halb- schwingungen/h und ohne Double Platine verwendet wird, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Sollte es so gewesen sein, wird es spä- ter auf Double Platine und die höhere Schwingungs- zahl umgerüstet. Bekannt ist nur ein Kaliber mit der Werknummer 9378518, das nachweislich bis 1965 ein- gereicht wird und nicht über die Besonderheit der Double Platine verfügt. 184

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT dieser Aufkleber bezieht sich nicht nur auf einen Sicht- schutz vor zu neugierigen Blicken, sondern dient dazu, die empfindlichen Öle vor UV-Strahlungen zu schützen. Dies wird von Andre Briel- mann in einem persönlichen Gespräch bestätigt. Alle bekannten 30 mm DP sind in einem Prüfgehäuse (zur Lagenprüfung) aus Alu- minium untergebracht sowie einem einfachen Werk- gehäuse, das zweifach ver- schraubt ist. Auf der Rück- seite ist das Werkgehäuse mit einem Aufkleber ver- sehen (soweit dieser erhalten geblieben ist), der zusätzlich mit einem schwarzen Papier beklebt wird. Die Funktion Schwarzes Papier zum Schutz der Öle vor UV-Strahlung. Wie viele 30 mm DP bei den Wettbewerben zum Einsatz kommen, ist nur näherungswei- se zu ermitteln. Anhand der Ergebnislisten aus Neuchâtel und Genf kann man von einer Schätzung von ca. 180 Exemplaren ausgehen. Sie teilen sich in folgende Serien auf: 185

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Observatorium Regleur Ergebnis Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Joseph Ory, Bienne Gottlob Ith, Bienne Gottlob Ith, Bienne 9,30 13,00 7,50 9,00 8,40 9,80 9,40 4,60 5,00 2,58 4,20 719,00 740,00 47,71 49,54 49,13 43,22 42,94 54,65 51,55 54,55 53,36 54,09 55,14 87.3 90.7 Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel Genf Genf Genf Genf Genf Genf Genf Genf Genf Genf Genf Genf Genf Kew Kew 190 Jahr 1946 1948 1949 1953 1955 1957 1958 1960 1963 1965 1966 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1959 1960 1961 1962 1964 1966 1946 1950

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 193 Fourniturenkasten für das Kaliber 30 mm DP mit der Werknummer 10829675. Das Werk wird von 1946 bis 1955 von Gottlob Ith reguliert und ab 1956 von Joseph Ory über- nommen. Insgesamt erhält es 26 Gangscheine, von denen 11 auf Neuchâtel, 13 auf Genf und 2 auf Kew/NPL entfallen. Es ist das Obser- vatoriumschronometer, das die meisten Gangscheine in der Geschichte dieser 3 Ob- servatorien erzielt. 21 Jahre lang wird es immer wieder eingereicht. Nach der Ein- reichung am Observatorium kehrt es zurück und wird für die nächsten Einreichun- gen wieder reguliert. Der Regleur dokumentiert alle Modifikationen und versucht den nächsten Einsatz zu optimieren. Es sind “seine“ Chronometer, die ihn über Jahrzehnte begleiten und die er in- und auswendig kennt. Diese Kontinuität ist ein wei- terer Schlüssel zum Erfolg. Im letzten Jahr der Wett- bewerbe für Armband- chronometer gelingt Andre Brielmann mit dem Gesamt- ergebnis N=1,73 ein letzter Einzelrekord, der offiziell nicht mehr überboten wird. Mit einem 30 mm DP.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 30 mm GD Kaliber 30 mm GD mit dezentralem Minutenrad. Das Kaliber 30 mmGD ist, neben dem Kali- ber 60.8 mm, das einzige Werk von OMEGA, das rein für die Wettbewerbe konzipiert wird und nicht in den Verkauf gelangt. GD steht dabei für ein dezentra- les Minutenrad. Dieses Kons- truktionsmerkmal sowie der unter die Unruh gelagerte Gangradkloben schaffen den entsprechenden Platz für eine große Unruh. Die- ses Prinzip wird bereits 1929 beim Kaliber 60.8 mm von OMEGA angewendet und hat seine Gültigkeit bezüglich der idealen Voraussetzungen für die Präzisionsreglage bis heute nicht verloren. Zudem verfügt das ¾ Brü- ckenwerk über eine Malte- serkreuzstellung und alle Raddurchmesser sind im Vergleich zum 30 mm DP kleiner ausgeführt. Verwen- det wird ausschließlich eine Guillaumeunruh mit Stahl- spirale und zwei Endkurven. Bei der Schwingungszahl und der Größe des Unruh- 194

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT reifens wird experimentiert. Es gibt Versionen mit 25.200 Halbschwingungen/h sowie eine mit 21.600 Halbschwin- gungen/h. Ausgelegt auf eine große Unruh existiert auch eine Variante, bei der der Unruhreif den vorhande- nen Platz nicht voll ausfüllt. Werk in einer ungefähren Stückzahl von 40 Exempla- ren in zwei Serien. Aus den bekannten Exemplaren lässt sich ableiten, dass die erste Serie mit großer Unruh (wie ursprünglich konzipiert) und die zweite Serie mit kleine- ren Unruhen eingesetzt wird. Das 30 mm GD kommt 1957 in Neuchâtel und Genf zum ersten Mal zum Einsatz. Parallel mit dem 30 mm DP wird es bis Ende des Jahres 1967 in die Wettbewerbe geschickt und erzielt dabei neben weiteren Erfolgen 1966 einen ersten Platz und mit N=1,97 einen Rekord, der zum ersten Mal eine 1 vor dem Komma ausweist. Ins- gesamt betrachtet ist es aber nicht erfolgreicher als das 30 mm DP, obwohl es nur für die Wettbewerbe konstruiert wird. Hergestellt wird das Kaliber 30 mm GD mit großer Unruh und 21.600 Halbschwingungen/h. 30 mm Kaliber 30 mm GD mit kleiner Unruh und 25.200 Halbschwingungen/h. 195

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 30 I (30 mm) Das Kaliber 30 I ist das erste Arm- banduhrenkaliber mit Tourbillon. Es hat einen Durchmesser von 30 mm und das Tourbillon dreht sich in 7,5 Minuten einmal um die eigene Achse. Es handelt sich um eine Variante, die das klassische Tourbillon mit dem robusteren Karussellgang kombiniert, der sich in der häufigsten Variante in 60 Minuten um die eigene Achse dreht. Das Armbanduhrkaliber 30 I mit Tourbillon. Konzipiert wird das Werk, das ausschließlich den Wett- bewerben vorbehalten ist, von Marcel Vuilleumier, dem Direktor der Uhrmacher- schule im Vallee de Joux. Jean-Pierre Matthey-Clau- det, der die Entwicklung der Prototypen des 30 mm verantwortete, ist auch für die Herstellung der nur 12 Exemplare verantwortlich. 196

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Marcel Vuilleumier, Konstrukteur des 30 I und Jean-Pierre Matthey-Claudet, verantwortlich für die Umsetzung des 30 I. 30 mm In den Ergebnislisten von Genf und Neu- châtel ist das 30 I von 1947 bis 1952 nach- weisbar, allerdings ausschließlich 6 Exem- plare mit dem Nummernkreis 10595933 bis 10595938. Alle Einreichungen werden von Alfred Jaccard vorgenommen. 1948 nimmt es erfolgreich am internationalen Wettbewerb teil und 1950 erzielt es am Observatorium in Genf einen Einzelrekord in der Kategorie Armbandchronometer mit einem Gesamt- ergebnis von N=867,7. In einer Anzeige, die OMEGA zum Rekord publiziert, wird allerdings nur auf den Durch- messer von 30 mm verwiesen. Es suggeriert dem Betrachter, dass es sich bei der Rekord- erzielung um das “normale“ 30 mm Werk von OMEGA handelt. 197

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Werbeanzeige mit Verweis auf den Rekord des 30 I 1950 in Genf. Das Kaliber E11 Gerade in den letzten Jahren der Wettbewerbe entwickelt sich in der Kategorie Armbanduh- ren ein extremer Kampf um die Erzielung neuer Rekorde zwischen den Manufakturen OMEGA, LONGINES, ZENITH und MOVADO. Von 1962 bis 1967 wird jährlich sowohl der Einzelrekord als auch der Serienrekord (hier sogar jährlich seit 1954) in Neu- châtel überboten. Von 1963 bis 1967 ist es OMEGA, das den jeweils neuen Serienre- kord erzielt. Bei den Einzel- rekorden in diesem Zeitraum jeweils dreimal. Im Gegen- satz zu den 3 Hauptkonkur- renten hat OMEGA bisher nicht auf die Entwicklung eines Formwerkes gesetzt und der Erfolg gibt den Ver- antwortlichen recht. Warum Pierre Chopard mit Unter- stützung von Joseph Ory 1965 den Auftrag bekommt, ein Formkaliber für die Wettbewerbe zu entwickeln, kann nur damit begründet werden, dass man die Erfolge langfristig festigen will und somit auch den Weg der Ent- wicklung eines Formkalibers wählt. Beim Kaliber E11 muss das Minutenrad aufgrund der polygonalen Form nicht aus dem Zentrum des Kali- bers verbannt werden, um ein größtmögliches Feder- 199

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Kaliber E11 Formwerk. Die späte Entwicklung des E11 deutet aber auch darauf hin, dass man 1965 noch lan- ge nicht mit der Miniaturi- sierung der Quarzwerke und dem damit zwangsläufigen (bzw. vorläufigen) Ende der Mechanik und der Wettbe- werbe rechnet. haus und eine große Unruh zu gewährleisten. Das Werk kommt aber über den Proto- typenstatus nicht hinaus. Die in der Abbildung zu sehende Unruh ist nur ein Platzhalter und Zeiger sowie Zifferblatt werden nicht fertiggestellt. Das Kaliber E11, dessen Bezeichnung bis heute ein Rätsel ist, kann sich in den Wettbewerben nicht mehr beweisen, die offiziell 1968 in der Kategorie Armbandchro- nometer eingestellt werden. 200

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 30 mm 204 Die Kaliber 13ZN und 30CH Die Umstellung des Reglements auf einen maximalen Durchmesser von 30 mm stellt die Manufak- turen, die über kein Kaliber dieser Größe verfügen, vor ernsthafte Beschaffungspro- bleme. Mit welchem Zeitver- satz diese Umstellung vom Observatorium bekanntge- geben wird, ist heute leider nicht mehr zu ermitteln. Fakt ist aber, dass LONGINES in den Jahren von 1949 bis 1951 nicht an dem Wettbewerb in der Kategorie Armbandchro- nometer teilnimmt. Auch kommt es für LONGINES nicht in Frage, ein Fremdka- liber wie das Peseux 260 zu benutzen und so experimen- tiert man mit den Chrono- graphenkalibern 13ZN und 30CH, die einen Durchmes- ser von 29,8 mm aufweisen,

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT allerdings eine Bauhöhe von 6,05 mm (13ZN) bzw. 6,20 mm (30CH) besitzen. Um auf die im Reglement verankerte maximale Höhe von 5,3 mm zu kommen, entfernt man die Chronogra- phenkadratur oder sieht sie erst gar nicht vor (30CH). Aus den LONGINES Archiv- unterlagen geht hervor, dass das 13ZN mit 24 Exemplaren und das 30CH mit 60 Exem- plaren auf den Einsatz für die Wettbewerbe umgerüstet werden. Das 13ZN speziell für die Prüfungen am NPL, jedoch nur ein Exemplar er- zielt dort einen Gangschein. Weitere Gangscheine erhält es in Genf. Für das 30CH können keine erfolgreichen Einreichungen nachgewie- sen werden. Das Kaliber 30CH in der Observatoriumsversion ohne Chronographenkadratur. 205

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 30Z Das Kaliber 30Z wird ab 1950 exklusiv für die Wettbewerbe pro- duziert. Es hat einen Durch- messer von 30 mm und eine Bauhöhe von 4,6 mm. In Neuchâtel lassen sich 1952 nur zwei Einreichungen nachweisen, was ungewöhn- lich für ein speziell für die Wettbewerbe entwickel- tes Kaliber ist. Neben der klassischen Variante mit Guillaumeunruh und Stahl- spirale sind immer wieder Werke aufgetaucht, die mit Glucydurunruh und Niva- roxspirale ausgestattet sind. Vor welchem Hintergrund damit bei LONGINES expe- rimentiert wird, liegt leider auch im Dunkeln und so ist es mehr Spekulation als Fakt, dass diese Kaliber mit Glucydurunruh speziell für Prüfungen am NPL vorgese- hen ist. 206 Das Kaliber 30Z in der Version mit Glucydurunruh und Nivaroxspirale. Warum dieses Kaliber nicht weiter für die Wettbewerbe verwendet wird, kann man damit erklären, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Entscheidung für die Ent- wicklung eines neuen Kali- bers gefallen ist, dem 30B.

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30 mm Das Kaliber 30B. PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 30B Das Kaliber 30B ist eines der kons- truktiv interes- santesten Kaliber, das bei den Wettbewerben für Armbandchronometer zum Einsatz kommt. Es wird eigens für die Wettbewerbe entwickelt und verfügt ne- ben dem abgesenkten Gang- radkloben über ein exzent- risch versetztes Minutenrad. Damit ist so viel Platz für den Unruhreif geschaffen, dass dieser größer ist als die Hälfte des Durchmessers des gesamten Werkes. Um das Minutenrad und damit die Zeiger zentral auf dem Ziffer- blatt erscheinen zu lassen, wird das Werk versetzt in das Prüfgehäuse montiert. Diese Besonderheit bietet nur das 30B. Der Durchmesser liegt bei 30 mm und einer Bau- höhe von 5 mm. Die Hem- mungspartie ist ausschließ- lich mit Guillaumeunruh und Stahlspirale ausgestattet und das Werk verfügt über 21 Steine. Anhand der Num- mernkreise (85858xx und 87506xx) kann davon ausge- gangen werden, dass ca. 150 Exemplare dieses Kalibers gebaut werden. 207

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Unterzifferblattansicht der Deckplättchen für die Hemmungsteile (links mit langem Anker, rechts mit versetztem kurzem Anker). Seiten beweglich ist. Die Ab- sicht des Regleurs mit dieser Maßnahme ist nicht eindeu- tig geklärt, die Beeinflussung des Trägheitsmomentes durch diese Vorrichtung jedoch wahrscheinlich. Die ausbleibenden Erfolge des 30B ebnen den Weg zum revolutionären Konzept des Kalibers 360, auf das im Weiteren näher eingegangen wird. Erstaunlicherweise erzielt auch das 30B nicht die ge- wünschten Ergeb- nisse im Sinne von ersten Plätzen oder Rekorden. Eingesetzt von 1953 bis 1961 erzielt es 1955 mit einem sechsten Platz in Neuchâtel sein bestes Ergebnis. Eine ge- wisse Unzufriedenheit kann auch daraus interpretiert werden, dass viele Werke auf einen kürzeren Anker um- gebaut werden. Eine interes- sante Maßnahme. Nachdem dieses Werk speziell nur für die Wettbewerbe konstruiert wird, versuchen die Regleure mit allen möglichen Verbes- serungen das 30B weiter zu optimieren. Zudem wird beim rechts abgebildeten Werk eine Klammer auf die Unruhwel- le montiert, die nach allen Unruhreifen des Kalibers 30B mit verstellbarer Messingklammer auf der Unruhwelle. 208

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 360, das erste nur für die Wettbewerbe entwickelte Formwerk. Das Kaliber 360 Das Kaliber 360 kommt 1959 zum ersten Einsatz. Auf Anhieb er- zielt es einen 4. und 7. Platz, reguliert von Frank Vaucher und Robert Chopard. Mit die- sem Kaliber geht LONGINES als erste der großen Manu- fakturen einen vollkommen neuen Weg. Es ist das erste Formwerk, das nur für die Wettbewerbe konzipiert wird. Mit einer Fläche von 705 mm2 und einer Höhe von 5,3 mm bietet es den Platz für ein groß dimensioniertes Fe- derhaus. Die Schwingungs- zahl wird auf 36.000 Halb- schwingungen/h erhöht. Zum Einsatz kommt eine Guillaumeunruh mit Stahl- spirale. Nur 2 Jahre später erzielt LONGINES mit diesem Kaliber einen neuen Serien- rekord sowie den ersten Platz. 1962 wird dieser Se- rienrekord überboten und auch der Einzelrekord geht mit einem N=3,00 an LON- GINES. Das beste Ergebnis erzielt Fernand Wenger 1966 210

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3.3.3. Armbandchronometer von MOVADO Das Kaliber Peseux 260 Ab 1950 steigt MOVADO in die Wettbewerbe für Armbandchrono- meter ein und bedient sich des Fremdkalibers Peseux 260. Doch erst ab 1956 kön- nen Erfolge verbucht wer- den, was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass der ehema- lige Leiter der Reglageklasse der Uhrmacherschule in La Chaux-de-Fonds, Georges Sautebin, nach seiner Pen- sionierung für die Regu- lierung gewonnen werden kann. Während seines Enga- gements von 1956 bis 1959 erzielt Sautebin mit dem Pe- seux 260 dreimal den ersten und 1959 den zweiten Platz. Mit diesen Ergebnissen ein- her geht 1957 und 1958 ein Serienrekord. Eine fast un- glaubliche Erfolgsgeschichte in so kurzer Zeit. 212 Kaliber Peseux 260 eingereicht von der Firma Spiraux Reunis. Im ersten Moment scheint es erstaunlich, dass aus- gerechnet mit der Einfüh- rung des neuen Reglements (Limitierung auf 30 mm Durchmesser und 5,3 mm Bauhöhe) für die Kategorie Armbanduhren 1949 exakt zu diesem Zeitpunkt das Peseux 260 der Firma Peseux S.A. aus dem gleichnamigen Ort zur Verfügung steht. Grund dafür ist allerdings

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT neben MOVADO und ULYS- SE NARDIN sind es gerade viele kleinere Manufakturen und Zulieferer, die auf dieses Kaliber für den Einsatz in den Wettbewerben zurück- greifen. Bis 1963 setzt MOVADO aus- schließlich auf das Peseux 260, das ab 1961 von Henri Guye reguliert wird, nach- dem MOVADO mit Aus- scheiden von Sautebin 1959 in den folgenden zwei Jahren nicht am Chronometerwett- bewerb für Armbanduhren teilnimmt. Wirkliche Erfolge stellen sich ab 1961 aller- dings nicht mehr ein. Und so beschreitet MOVADO den gleichen Weg wie LONGINES und ZENITH: Die Entwick- lung eines eigenen Formwer- kes, ausschließlich zum Ein- satz in den Wettbewerben. 213 die Kategorie D in Genf, die 1944 eingeführt, den Durch- messer und die Bauhöhe auf die oben genannten Maße limitiert, die für die jährli- chen Wettbewerbe der Kate- gorie Armbandchronometer ab 1949 vom Observatorium in Neuchâtel übernommen wird. Seit 1945 wird bei der Peseux S.A. bereits das Ziel verfolgt, ein hochwertiges Armbanduhrenkaliber für die Wettbewerbe zur Ver- fügung zu stellen. Warum sich allerdings an Genf und nicht an Neuchâtel orientiert wird, bleibt unbeantwor- tet. Das Peseux 260 wird eine Erfolgsgeschichte und

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 707 mm2 Das Kaliber 707 mm2 im Prüfblock. Über das Kaliber 707 ist leider nur wenig zu erfah- ren. Erst Ende der neunziger Jahre tauchen die ersten Exemplare auf. Bis dahin war das Kaliber voll- kommen unbekannt und nur aufgrund der Durchmes- serangaben in den Ergeb- nislisten der Wettbewerbe belegbar. Eines der wenigen Stücke ist hier abgebildet und alle Rückschlüsse zu die- sem Kaliber müssen anhand der Bilder gezogen werden. Im Gegensatz zu den Form- werken von LONGINES, ZENITH und OMEGA ist das Werk in einer ovalen Form konstruiert, das Minuten- rad ist zentral angeordnet und die Gillaumeunruh ist schnellschwingend. Das Gangrad wurde nicht abge- senkt und die Konstruktion verfügt über ein zusätzliches Zwischenrad. Eingereicht wird es im Zeitraum von 1964 bis ein- schließlich 1966. In Relation zum Aufwand der Entwick- lung eines eigenen Kalibers für die Wettbewerbe sind die Ergebnisse eher enttäu- schend. Reguliert von Henri Guye, erzielt es 1966 mit ei- nem 21. Platz mit N=2,97 das 214

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT beste Ergebnis. Zum letzten Wettbewerb für Armbanduh- renuhren tritt MOVADO 1967 nicht mehr an. 3.3.4. Armbandchronometer von ZENITH Das Kaliber 26,5 mm Mit der inoffiziellen Einfüh- rung der Kategorie Armband- chronometer im Jahr 1942 gehört ZENITH zu den ersten Einreichern. 1941 und 1942 werden 5 von 6 erfolgreichen Einreichungen durch ein 12‘‘‘ Kaliber erzielt. Nach Abgleich der Serien- nummern gibt das Archiv von ZENITH an, dass es sich dabei um das Serienkaliber 12-4 handelt, das ausgestattet mit Guillaumeun- ruh und Stahlspirale (mit 2 Endkurven) ins Rennen geschickt wird. Das Serienkaliber 12-4 mit 26,5 mm Durchmesser. Leider existieren von diesem und vom fol- genden Kaliber 33 mm keine Abbildungen der Versionen der Observatoriumschrono- meter, so dass weitere Veränderungen nicht nachgewiesen werden können. Ab 1943 setzt Zenith dieses Kaliber nicht mehr im Wettbe- werb ein. 215

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Ergänzend wird das Kaliber mit dem 33 mm Durch- messer durch das Kaliber 28,5 mm, das von 1947 bis 1953 auch ergänzend zum Kaliber 135 eingesetzt wird. Seinen größten Auftritt hat es bei den Concours Interna- tional 1948 und erzielt dort einen zweiten Platz neben weiteren 4 Platzierungen. Es handelt sich um das von ZENITH mit 13‘‘‘ N.S.I. be- zeichnete Serienkaliber. Das Kaliber ZENITH 28,5 mm. Für die Wettbewerbe wird das Serienkaliber entspre- chend umgerüstet. Neben einer Guillaumeunruh mit Stahlspirale, die über zwei Endkurven verfügt, findet eine weitere Transformation statt. Die Brücke für das An- kerrad wird entfernt und in eine angefertigte Platine, die nun Anker-, Sekunden- und Kleinbodenrad lagert, inte- griert. Zusätzlich bekommt das Ankerrrad ein Deckplätt- chen. Durch diese Konstruktion wird Raum für eine größe- re Unruh geschaffen. Ein erfolgreiches Konzept, das sich in den Ergebnissen 1948 wiederspiegelt. 28.5 mm 217

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das legendäre Kaliber 135 in der Observatoriumsversion. Das Kaliber 135 (30 mm) Entwickelt vom Konstrukteur Ephrem Jobin, wird das Kaliber 135 im Jahre 1948 zum ersten Mal vorgestellt. Ausgerichtet auf den Einsatz sowohl in den Wettbewerben als auch für die Serienproduktion hochwertigster Armband- chronometer von ZENITH. Zusammen mit den Kalibern LONGINES 30B, Peseux 260 und OMEGA 30 mm GD, bildet es ein Quartett der legendären Wettbewerbska- liber mit einem Durchmesser von 30 mm. Die überdimen- sionale Unruh dominiert die Konstruktion, das Feder- 30 mm haus ist größtmöglich di- mensioniert. Dafür wird der Gangradkloben abgesenkt und das Minutenrad aus der Mitte versetzt. Eingesetzt in den Wettbewerben wer- den Guillaumeunruh mit Stahlspirale und später auch Glucydurunruh mit Nivarox- spirale. Insgesamt existieren 7 Serien, die in Neuchâtel eingesetzt werden, woraus eine ungefähre Anzahl von 270 Werken abgeleitet wer- den kann, die zum Einsatz im Wettbewerb kommen. Eingesetzt wird das Kaliber 135 in Neuchâtel von 1950 bis 1963. Von 1950 bis ein- 218

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT schließlich 1954 erzielt es fünfmal in Folge den ersten Platz. Dabei erzielt es 1952 und 1954 einen Serienrekord für Fabrikanten. Ein Einzelrekord bleibt dem Kaliber 135 nicht ver- gönnt, da der Fabelrekord von LONGINES aus dem Jahre 1945 erst 1955 geknackt werden kann. Darüber hinaus experimentiert ZENITH mit dem Kaliber 135 hinsichtlich höherer Fre- quenzen und Unruhformen. Die bekannten Varianten sind ein Kaliber 135 mit 36.000 Halbschwingungen/h sowie mit 18.000 Halbschwingungen und einer riesigen Glucy- durunruh. Befriedigende Ergebnisse erzielt es damit aber scheinbar nicht. In Anbetracht der Erfol- ge des Formwerkes LONGINES 360 reift auch bei ZENITH der Gedanke, ein eigenes Form- werk für die Wettbewerbe zu konstruieren. Kaliber 135 mit 18.000 Halbschwingungen/h und großer Unruh. 219

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 707 (687 mm2) Das Kaliber 707 mm2, aufgrund der Formgebung auch die Kartoffel genannt. Es entsteht eine der eigenwilligs- ten Konstruktionen. Das Kaliber 707 mm2. Die Entwicklung Anfang der sechziger Jahre lief allgemein auf höhere Frequenzen hinaus. Doch kam man bei ZENITH wohl zu dem Schluss, dass die Konstruktion des Kalibers 135 dafür nicht geeignet ist. Daher musste ein neues Kaliber konstruiert werden, dass sich im Wettbewerb gegen das LONGINES 360 und die weite- re Konkurrenz behaupten kann. Unter der Führung des technischen Direktors Aurèle Maire entwickelte ein Team von Technikern und Regleuren das Kaliber 707, das in seiner Bezeichnung etwas irreführend ist, da die Fläche des Werkes nur 687 mm2 groß ist und die Bezeichnung 707 höchstwahrscheinlich ein Arbeitstitel war. Die Anzahl der herge- stellten Werke kann mit ca. 130 Stück bezif- fert werden. Rein optisch betrachtet handelt es sich wohl um die skurrilste Konstruktion eines Form- 220 werkes, das konsequent auf Stabilität und Präzision ausgerichtet ist. Alle Brücken werden von Pfeilern getragen und im Gegen- satz zu anderen Konzepten wird an einer relativ großen Unruh festgehalten, die unter einer Brücke gelagert ist. Das Gangrad ist abgesenkt. Im Rahmen der erhöhten Fre- quenz (28.800 Halbschwingungen/h) ver- fügt es über ein Zwischenrad, was eigentlich mit einer erhöhten Reibung einhergeht. Das Federhaus ist groß, um eine leistungsstarke Feder aufnehmen zu können, und der Feder- kern in einem Kugellager gelagert. Die Erfolge bleiben nicht aus und so erzielt das Kaliber 707 bereits im zweiten Jahr seines Einsatzes 1964 in Neuchâtel einen Einzelre- kord mit N=2,62, reguliert von Rene Gygax. Dieser wird bereits 1965 von Jean-Pierre Vuille mit einem N=2,33 überboten. Das beste Ergebnis wird 1966 mit N=2,25 erzielt, was in diesem Jahr allerdings nur für den vierten Platz reicht.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 3.3.5. Armbandchronometer von SEIKO 1964 steigt die japanische Manufaktur Seikosha in die Wettbewerbe für Arm- bandchronometer in Neu- châtel ein. Zwei unabhängige Teams der Tochtergesell- schaften Suwa Seikosha und Daini Seikosha entwickeln insgesamt 5 Formkaliber, die ausschließlich für die Wett- bewerbe eingesetzt werden. Das Kaliber S-36 (Suwa) Das erste Kaliber von Suwa Seikosha mit der Bezeichnung S-36. Das erste Formwerk von Suwa Seikosha hat die Form eines Rechteckes mit abgerunde- ten Seiten und eine Fläche von 704 mm2. Es verfügt über eine große Guillaumeunruh, die über dem abgesenkten Gangrad läuft, so- wie ein groß dimensioniertes Federhaus für eine starke Zugfeder. Im Gegensatz zu den Schweizer Formwerken arbeitet es noch mit 18.000 Halbschwingungen/h. Insgesamt 10 Exemplare erhalten 1964 ein Bulletin ohne Prämierung. Wie bereits erwähnt, werden die schlechten Ergebnisse im Jahr 1964 auf eine Magnetisierung der Spiralfeder zurück- geführt. 1965 wird dieses Werk zum letzten Mal in Neuchâtel ins Rennen geschickt. Auch die Er- gebnisse dieses Jahres sind unbefriedigend, so dass es ab 1966 nicht mehr eingereicht wird. Die Nummernserie fängt mit 366xxx an und die Anzahl der hergestellten Werke kann auf ca. 60 Stück geschätzt werden. 221

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das zweite Kaliber von Suwa Seikosha mit der Bezeichnung R-45. Das Kaliber R-45 (Suwa) Parallel zum Kaliber S-36 wird ab 1965 auch das Kaliber R-45 eingereicht. Rein optisch unterscheidet es sich wenig von seinem Vorgänger. Die Schwin- gungszahl wurde aber nun auf 36.000 Halbschwingun- gen/h heraufgesetzt. Zusätz- lich hat die Unruh zwei im 90 Grad Winkel zu den Un- ruhschenkeln angeordnete Arme, die durch die Möglich- keit der Materialabtragung das Trägheitsmoment der Unruh beeinflussen. Zusätzlich experimentierte Suwa Seikosha mit der Be- füllung des Gehäuses mit Wasserstoff und Stickstoff, um den Einfluss des Luft- widerstandes auf die Unruh zu minimieren und jegliche Oxidation der Werkkom- ponenten zu verhindern. Eingesetzt wird das Kaliber von 1965 bis 1967. Mit einem N=2,23 erzielt es 1967 sein bestes Ergebnis und einen 12. Platz. Die produzierte Stückzahl kann sehr grob geschätzt 60 Exemplare be- tragen. 222 Unruhreifen mit im 90 Grad Winkel angeordneten Armen.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber R-67 (Suwa) Das dritte Kaliber von Suwa Seikosha ist eine vollkommene Neukonstruktion und fünf- eckig konzipiert. Die Fläche beträgt 705 mm2 und das Werk verfügt über ein extrem gro- ßes Federhaus. Die Schwingungszahl wurde erneut erhöht und nun arbeitet das R-67 mit extremen 54.000 Halbschwingungen/h sowie in einer weiteren Version mit 72.000 Halbschwingungen/h. Entsprechend kleiner ist die Größe der Unruh ausgelegt. In Neu- châtel kommen nur 2 Werke 1967 zum Ein- satz. Mit einem Gesamtergebnis von N=2,56 erzielt es einen respektablen 20. Platz. Nach Aussage des Epson Museums ist der zusätzli- che kleine Zeiger für die Messung der Ab- weichung zuständig und sitzt zwischen dem Sekundenrad und Ankerrad. Er bewegt sich gegen den Uhrzeigersinn. Das dritte Kaliber von Suwa Seikosha mit der Bezeichnung R-67. 223

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 965 (Daini) Auch das erste Kaliber von Daini Seikosha erhält aufgrund seiner Form intern den Spitzna- men Kartoffel. Mit einer Schwingungszahl von 21.600 Halbschwingungen/h lehnt es sich noch an die traditio- nellen Schwingungszahlen an und verfügt entsprechend der Form über ein großes Fe- derhaus und eine sehr große Unruh. Die Fläche beträgt 703 mm2. Eingesetzt wird es in den Wettbewerben von 1964 bis 1966, doch die Ergeb- nisse entsprechen nicht den Erwartungen. Auch hier kommt das Regleurteam zu der Erkenntnis, dass die Schwingungszahl nicht für die Erzielung bester Ergeb- nisse geeignet ist. Die späten Kaliber werden auf 36.000 Halbschwingungen/h um- gerüstet. Der Unruhdurch- messer dürfte dadurch entsprechend verkleinert worden sein. Sein bestes Ergebnis erzielt das Kaliber 1966 mit einem N=4,88 und einem 108. Platz. Die Werk- nummern fangen jeweils mit 965xxx an, eine Herstel- lungszahl ist daraus nicht zu ermitteln. 224 Das erste Kaliber von Daini Seikosha mit der Bezeichnung 965.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Kaliber 052 (Daini) Das Kaliber 052 baut im Grundprinzip auf dem Kaliber 956 auf, wird aber von Anfang an als Schnell- schwinger konzipiert, der zwischen 36.000 Halb- schwingungen/h und 72.000 Halbschwingungen/h variieren kann. Entspre- chend der Steigerung der Schwingungszahl reduziert sich die Größe der Unruh. Daini Seikosha experimen- tiert mit diesem Kaliber bis zu einer Schwingungszahl von 180.000 Halbschwin- gungen/h, was aber keinen Mehrwert in der Testphase bringt. Ein weiterer Unter- schied zum Kaliber 052 ist die Unruhbrücke, die der Hemmung weitere Stabilität verleiht. Die Fläche beträgt 703 mm2. Eingesetzt wird das Kaliber 1966 und 1967. Es erzielt 1967 mit einem N=2,04 und einem 4. Platz das beste Ergebnis eines japanischen Wettbewerbschronometer in der Zeit der offiziellen Wett- bewerbe. Darüber hinaus belegt es die Plätze 5, 7 und 8. Ein riesiger Erfolg für Daini Seikosha. Das Kaliber 052 mit kleiner Unruh und 72.000 Halbschwingungen/h. Das zweite Kaliber von Daini Seikosha mit der Bezeichnung 052. 225

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 4. Die Präzisionsregleure - Protagonisten der Präzisionswettbewerbe 4.1. Der Beruf Präzisionsregleur Wie bereits in der Einführung zu den Präzisionswettbewer- ben erwähnt, lassen sich die Präzisionsregleure in drei berufliche Kategorien unterteilen: 1. Der Präzisionsregleur als Angestellter der Uhrenmanufaktur. 2. Der freiberufliche Präzisionsregleur. 3. Der Präzisionsregleur als “Nebenberuf“. Eine sehr plakative Beschreibung der not- wendigen persönlichen Voraussetzungen und Qualifikationen für das Berufsbild Regleur findet sich 1964 in der Schweizer Uhrmacher Zeitung. Im Interview gibt Joseph Ory auf die Frage, wie man Präzisionsregleur wird, folgende Antwort: 228

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT “Schwierig zu sagen, oder eher lang zu erklären. Am Anfang zum Start benötigt man eine solide Erfahrung in der praktischen und theoretischen Uhrmacherei, ebenso einen gewissen Geschmack am Wettbewerb, natürlich auch ein bisschen Glück, dann die Bereit- schaft zu akzeptieren, dass die Samstage und die Sonntage keine freien Arbeitstage mehr sind und vor allem die Fähigkeit und der Wille, sich an auftretenden beruflichen Schwierigkeiten bis zu deren Lösung festzuklammern. Alles immer besser zu machen ist das Motto des Präzisionsregleurs. Zum Beispiel: Ein Chronometer in die Arbeit zu nehmen, ihn bis in seine Details zu kontrollieren, um herauszufinden, warum die wenigen 100stel-Sekunden mitt- lere tägliche Gangabweichung zu viel entstanden sind. Alles aus außergewöhnlicher Leidenschaft.“ Einen kleinen Einblick in die tägliche Arbeit des Regleurs geben die Beobachtungs- protokolle eine 30 mm von Omega, reguliert durch An- dré Brielmann in den Jahren 1966/67. Sie lassen erahnen, mit welcher Ausdauer und Hingabe die Regulierung eines Chronometers vorge- nommen wird. Beobachtungsprotokolle eines Omega 30 mm, reguliert für die Genfer Wettbewerbe. 229

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Die hohe Arbeitsintensität und der immense Druck, der gerade in der Blütezeit der Wettbewerbe auf den Regleu- ren lastet, bedingt aber auch, dass erfolgreiche Regleure auch immense Einkommens- möglichkeiten haben. Gute Ergebnisse und Rekorde waren mit gestaffelten Bo- nuszahlungen hinterlegt, die dem Regleur ermöglich- ten, an die Einkommen des Top-Managements heranzu- kommen und sogar darüber hinaus. So erhält Joseph Ory für seine Wettbewerbsergeb- nisse 1966 in Neuchâtel und Genf einen Bonus von über 100.000 SFr(!). 4.2. Die Präzisionsregleure von OMEGA Präzisionsregleure Albert Willemin und Werner-A. Dubois Bewegt man sich chronologisch ent- lang der jährlichen Präzisionswett- bewerbe, so ist es Albert Willemin aus Biel, der 1896 in der Kategorie Taschenuhr “B“ und “C“ der Wettbewerbe am Observatorium Neuchâtel die ersten Gang- scheine für OMEGA erhält. Ab 1907 reguliert er auch in der Kategorie Bordchronometer. Gemeinsam mit Willemin werden bei eini- gen Einreichungen J. Schœni und P. Wehrli als Regleure genannt, über die aber keine weiteren Informationen existieren. Willemin arbeitet von 1894 bis 1913 als angestellter Regleur für OMEGA und wird 1911 durch Albert Willemin, Regleur von 1894 bis 1913 für OMEGA. 230

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Werner-A. Dubois, Regleur von 1911 bis 1917 für OMEGA. Werner-A. Dubois (geboren 1879 in Biel) unterstützt, der ab 1914 Willemin ersetzt. Bereits 1917 beendet Werner- A. Dubois sein Engagement für OMEGA und wechselt zu Paul Ditisheim (später Fabrique Solvil), wo er sein Engagement 1934 beendet. Im Laufe der folgenden Jahre entwickelt er sich zu einem der erfolgreichsten freiberuf- lichen Regleure, der Auf- tragsarbeiten für zahlreiche Fabrikanten durchführt. ULYSSE NARDIN, MOVADO, Paul Buhre, Henry Sandoz, A. Reymond, Helvetia und Vulcain sind nur einige Ma- nufakturen, die hier genannt werden. Er reguliert vor- wiegend Bord- und Taschen- chronometer, in den Jahren 1949 bis 1951 auch Armband- chronometer. Seine Aktivi- täten in den Wettbewerben von Neuchâtel enden 1952 mit 2 Bordchronometern von Paul Buhre. Im selben Jahr verstirbt er und sein Sohn, Werner Dubois tritt in seine Fußstapfen und wird ein ebenso erfolgreicher Regleur wie sein Vater. Das Wesen von Werner-A. Dubois wird im Buch von Charles Tho- mann (Les dignitaires de l’horlogerie) als lebensfroh und für einen Regleur eher extrovertiert beschrieben. Er spielt gerne Klavier und singt in Gesellschaft dazu. Auf der anderen Seite prägt seine Individualität sein Wesen. Er arbeitet lieber an seiner eigenen Werkbank, um voll- kommen frei und ohne den eingegrenzten zeitlichen Ablauf einer Fabrik seinem Talent freien Lauf zu lassen. Während seiner beruflichen Laufbahn erzielt er in den Wettbewerben mehr als 400 erste Preise und über 50 Guillaume Preise, haupt- sächlich in Neuchâtel. 231

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 1918 können keine Einreichungen durch OMEGA am Observatorium in Neuchâtel nachgewiesen werden. Man kann davon ausgehen, dass OMEGA auf der Suche nach einem neuen Präzisionsregleur ist und daher eine Teilnahme in diesem Jahr nicht realisie- ren kann. Zu spezialisiert ist der Beruf des Präzisionsregleurs und die Gefahr des Schei- terns in den Wettbewerben keine Option. 1919 findet sich dann ein Regleur-Duo in den Ergebnislisten aus Neuchâtel wieder: Carl Bil- leter und Gottlob Ith werden als Regleure für OMEGA angegeben. Präzisionsregleur Gottlob Ith Carl Billeter, Regleur von 1918 bis 1920 für OMEGA. Bereits 1920 findet sich in den Ergeb- nislisten nur noch der Name von Gott- lob Ith als Regleur für OME- GA. Der Beginn einer großen Ära der Präzisionsreglage für OMEGA. Möchte man das Klischee des zurückgezogenen und introvertierten Regleurs bedienen, der abgeschottet von der Welt sich mit größ- ter Hingabe seiner Berufung widmet, so trifft dieses Kli- schee auf Gottlob Ith zu. Ein akribischer Arbeiter, der auch in seinem Laborato- 232 rium arbeitet, während seine Kollegen der Preisverleihung des Observatoriums für die jährlichen Wettbewerbe bei- wohnen. Geboren 1890 in Schaffhausen als Sohn eines Kleinbauers, arbeitet er zu- nächst in zwei Unternehmen in Le Locle, bevor er seine Karriere 1918 bei OMEGA beginnt und zu einem der talentiertesten und erfolg- reichsten Präzisionsregleure reift. Zusammen mit Alfred Jaccard widmet er sich als erster Regleur bei OMEGA der vom Observatorium Neuchâtel neu eingeführten Kategorie Armbandchrono- meter, die in den Jahren 1942

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT beste Kaliber zu identifizieren. Beim 34 mm kommt zum ersten Mal die höchstwahr- scheinlich von Ith entwickelte Double Platine zum Einsatz. Beim Concours International 1948 erzielt er mit einem 30 mm Kaliber den ersten Platz. Weitere Erfolge bei Bord- und Taschenchronometern sind 1932 der erste Platz bei Bordchronometern, 1933 die ersten vier Plätze (Bordchronometer > 60 mm) und 1934 die ersten neun Plätze (Bordchrono- meter > 60 mm), ergänzt durch einen ersten Platz in der Kategorie Taschenchronometer größer 45 mm. Den ersten Platz 1932 erringt er mit einem Kaliber 47,7, die weiteren oben beschriebenen Erfolge mit dem Kaliber 60,8, das speziell für die Wettbewerbe konstruiert wird. Man kann davon ausgehen, dass Ith bei der Konstruktion des Kalibers 60,8 maßgeb- lich beteiligt war. Er ist der einzige Regleur, der dieses Kaliber in den Wettbewerb für OMEGA einreicht. Gottlieb Ith in seinem Atelier um 1920. 233 Gottlieb Ith, Regleur von 1919 bis 1956 für OMEGA. bis 1944 noch inoffiziell ge- prüft wird. Ab 1945 wird sie offizielle Prüfungskategorie, deren Chronometer einen Durchmesser bis 34 mm und eine Höhe von maximal 5,3 mm aufweisen dürfen. Erst mit dem Reglement der jährlichen Wettbewerbe 1949 wird die Größenbegrenzung der Armbandchronometer auf 30 mm Durchmesser und 5,3 mm Höhe begrenzt und bis zum Ende der Wett- bewerbe für Armbandchro- nometer beibehalten. In den Jahren von 1942 bis 1948 experimentiert Ith mit den unterschiedlichsten Arm- banduhrkalibern, um das

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Bei den Genfer Wettbewerben re- guliert Ith ausschließlich 30 mm Armbandchronometer mit Double Platine. Bord- und Taschenchrono- meter werden von 1929 bis 1952 ausschließ- lich von Alfred Jaccard eingereicht. 1934 erzielt er am NPL mit dem Kaliber 60,8 einen ersten Platz, ausgezeichnet mit einem Class A Zertifikat mit 97,0 Punkten(!). Seinen verdienten Ruhestand kann er leider nicht geniessen, da er nach langer Krankheit am 22. April 1956 mit nur 66 Jahren stirbt. Gottlieb Ith, Regleur von 1919 bis 1956 für OMEGA. Präzisionsregleur Alfred Jaccard Parallel zu Gottlob Ith sorgt ein weiterer hochkarätiger Präzisionsregleur für Erfolge bei den Wettbewerben für die Marke OMEGA. Es ist Al- fred Jaccard, der 1929 in das Unternehmen eintritt und bis 1953 Präzisionsuhren für die Marke OMEGA reguliert. Geboren wird Alfred Jac- card 1865 in Sainte Croix im Schweizer Jura, verbringt aber die frühen Jahre seiner Karriere in Frankreich. Nach- dem er mit 16 Jahren eine sechsmonatige Ausbildung zum Regleur durchläuft, geht er nach Besançon, wo er in der französischen Uhren- manufaktur L. Leroy et Cie arbeitet. Ein Meilenstein in seiner Karriere ist der erste Platz in der Kategorie Taschen- und Bordchronometer beim Concours International in Neuchâtel zum 100-jährigen Todestag von Breguet 1923. 5 Jahre später kehrt er in die Schweiz zurück und fängt 1929 bei OMEGA in Genf an. Er arbeitet aber nicht in der Fabrik, sondern lebt auf dem Land in einer kleinen Villa, in der er den ersten Stock zu seinem Atelier umgebaut 234 Alfred Jaccard, Regleur von 1929 bis 1953 für OMEGA.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT OMEGA Rekordanzeigen 1932, links mit Alfred Jaccard. hat. Hier reguliert er OMEGA Chronometer für die Wett- bewerbe in Neuchâtel, Genf und Kew/NPL. In Neuchâtel erhält er beim zweiten internationalen Wettbewerb 1948 insgesamt 7 erste und einen zweiten Preis in der Kategorie Bord- und Taschenchronometer. Im internationalen Wettbe- werb und in den jährlichen Wettbewerben konzentriert er sich auf das Regulieren des legendären Kalibers 47,7. Aber auch das 43 mm re- guliert Jaccard für die Kate- gorie Taschenchronometer sowie das berühmte 30 mm Tourbillon 30I, das er in der Kategorie Taschen- und Armbandchronometer beim internationalen Wettbewerb 1948 einreicht. Ab 1942 reguliert er für die neu geschaffenen Wettbe- werbe für Armbanduhren ein 30 mm Kaliber Double Platine sowie eine OMEGA 26,5 mm, die mit Affixen als Hilfskompensationen auf der Unruh (vergleichbar mit dem Patent von Ditisheim) 1942 einen Gangschein erhält. Das Observatorium in Genf ist jedoch im Vergleich zu Neuchâtel sein Wohnzim- mer. 235

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Die Familie von Alfred Jaccard. V.l.n.r.: P.R. Jaccard, Nina Jaccard, Alfred Jaccard, Helène Jaccard und Georges Jaccard. 1931 hat dabei einen beson- deren Stellenwert, da er es schafft, sämtliche Rekorde in allen Kategorien am Obser- vatorium Genf zu verbes- sern. Neben den Kalibern 47,7 mm und 43 mm spielen die bereits erwähnten Kali- ber 37,6 mm und 38 mm die Hauptrolle. 1932 übertrifft Jaccard 3 dieser selbst aufgestellten Rekorde erneut. Welchen Stellenwert diese Ergebnisse für OMEGA besitzen, lässt sich den beiden auf vorheri- ger Doppelseite abgebildeten Anzeigen entnehmen. Auch in der noch jungen Kategorie Armbanduhren er- zielt der bereits über 80 Jahre alte Präzisionsregleur direkt Erfolge. 1945–47 jeweils den Einzelrekord und 1947 zu- sätzlich den Serienrekord. Seinen größten Erfolg feiert Jaccard 1936 in Kew/NPL. Mit einem Gesamtergebnis von 97,8 Punkten erzielt er ein Resultat, das nie wieder übertroffen wird. Protago- nist ist mal wieder das Kali- ber 47,7 mm, das der Meister- regleur an die Grenzen des Machbaren reguliert. Einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass ein Von 1929 bis ein- schließlich 1949 reicht ausschließ- lich Jaccard für die Marke OMEGA mit großem Erfolg Chronometer in Genf ein. Mit den Kali- bern 37,6 mm und 38 mm (basierend auf dem Chrono- graphenwerk 39Chro, dem Reglement entsprechend auf einen Durchmesser von 38 mm abgedreht) erzielt er weitere Erfolge in der Kate- gorie kleine Taschenchrono- meter bis 38 mm. Insgesamt 4 Einzelrekorde und 7 Se- rienrekorde erzielt Jaccard in den Jahren 1930 bis 1933 in allen Kategorien. Das Jahr 236

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Vaters mit 854 Punkten ein und 1934 bricht sie den Rekord ihres Vaters mit 862,5 Punk- ten(!). Warum Helène Jaccard nach 1934 nicht mehr für Vacheron & Constantin weiter re- guliert, ist leider nicht bekannt. Fakt ist, dass sie sich in diesen Jahren in einer absoluten Männerdomäne behauptet. Mit 87 Jahren stirbt Jaccard und noch bis zum letzten Tag seines Lebens widmet er sich der Regulierung seiner Chronometer. Welchen Stellenwert Alfred Jaccard in der schweizer Uhrenindustrie genießt, zeigt nicht zuletzt ein einseitiger Nachruf im Journal Suisse d’horlogerie 1953. Enkel von Alfred Jaccard dem OMEGA Archiv ein altes Familienfoto überlassen hat, auf dem beide Söhne, seine Tochter sowie die Frau von Alfred Jaccard zu sehen sind. Es ist in zweierlei Hinsicht historisch interessant, da es nicht nur die Familie zeigt, sondern auch gleichzeitig die Präzisionsregleurin Helène Jaccard, die von 1931 bis 1934 für Vacheron & Constantin reguliert und damit direkt gegen ihren eigenen Vater antritt. Und ihre Ergebnisse sind beeindruckend. 1932 erzielt sie in der Kategorie großformatige Taschenchro- nometer den ersten Platz. 1933 stellt sie in der gleichen Kategorie den Rekord ihres Nachruf Alfred Jaccard im Journal Suisse d’horlogerie 1953. 237

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Präzisionsregleur Joseph Ory 1950 betritt ein weiterer Präzisionsregleur die Bühne der Wettbewer- be. Es ist Joseph Ory, der sich von Beginn an auf die Kategorie der Armbandchro- nometer konzentriert. An- fang der 50er-Jahre reguliert er noch einige 47,7 mm in der Kategorie Taschenchronome- ter sowie in der gleichen Ka- tegorie 1956 Taschenchrono- graphen mit Schleppzeiger (höchstwahrscheinlich für ein internationales Sporter- eignis). Sein Augenmerk ist jedoch von Anfang an auf die immer wichtiger werdende Kategorie der Armbandchro- nometer gerichtet. Bemer- kenswert ist allerdings aus seinen frühen Einreichungen ein Ergebnis in der Kategorie Taschenchronometer. Es das 47,7 mm mit der Nummer 12780805, das 1954 das beste für OMEGA jemals in dieser Kategorie erreichte Ergebnis erzielt. Ein zweiter Platz mit dem Gesamtwert N=3,60 und einem ersten Preis. Mit dem Tod von Gottlob Ith 1956 übernimmt Ory die Leitung der Abteilung Präzi- sionsreglage und bleibt bis 1971 der Firma OMEGA als Präzisionsregleur treu. Mit welcher Leidenschaft und Hingabe Ory die Aufgabe des Präzisionsregleurs erfüllt, wird eindrucksvoll durch sei- ne Erfolge in Neuchâtel und Genf in der Kategorie Arm- Joseph Ory, Regleur von 1950 bis 1971. 238

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT bandchronometer dokumen- tiert. In Neuchâtel erzielt er 1959 einen Einzelrekord mit einem Gesamtergebnis von N=3,70, ebenso 1966 mit N=1,97, gleichzeitig das erste Armbandchronometer das jemals ein Gesamtergebnis N mit einer eins vor dem Komma bekommt. 1959 und 1960 erzielt er jeweils einen Serienrekord im Alleingang. Zusammen mit dem Regleur André Brielmann, der 1960 in das Unternehmen ein- tritt, erzielt er in den letzten 5 Jahren der Wettbewerbe in Neuchâtel jährlich(!) einen neuen Serienrekord. An- gefangen 1963 mit einem Gesamtergebnisdurchschnitt von N=3,32 bis 1967, als das Regleur-Duo einen durch- schnittlichen Gesamtwert von N=1,93 erzielt. Diese Entwicklungen sind Quantensprünge und die Ergebnisse in der Kategorie Armbanduhren sind gerade in den 60er-Jahren mehr als erstaunlich. Es ist nicht eindeutig zu belegen, warum gerade in dieser Zeitspan- ne solche Verbesserung in puncto Präzision stattfinden. Sicherlich ist es ein Zusam- menwirken von unterschied- lichen Faktoren, die sich aus dem reichen Erfahrungs- schatz der Regleure, aus neuen Materialien, Ölen und technischen Entwicklungen, Messmethoden, Fertigungs- OMEGA 47,7 mm mit dem Besten jemals erreichten Ergebnis in der Kategorie Taschenchronometer Neuchâtel N=3,60. 239

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Glückwunschtelegramm eines Importeurs für Ory/Brielmann. Rekordserienpreis 1965 mit einem Gesamtdurchschnittsergebnis von N=2,57. toleranzen und nicht zuletzt hohen Investitionen in die pres- tigeträchtigen und werbewirksamen Armbanduhrenwett- bewerbe zusammensetzen. Darüber hinaus werden ab 1963 die Wettbewerbe unter konstantem Luftdruck durchgeführt. Diese Reglementsänderung wird nicht zuletzt nach langem Drängen der Regleure durchgesetzt und schließt den negati- ven Einfluss eines variablen Luftdrucks (je nach Wetterlage) auf die Ganggenauigkeit aus. Auch in Genf hinterlässt Joseph Ory deutliche Spuren. Von 1958 bis einschließlich 1960 verbessert Ory von Jahr zu Jahr seinen eigene Serienrekord. 1963 verbessert er seine eigenen Rekorde in der Einzel- und Serienbewertung aus dem Jahr 1961. Und 1966 erringt er seinen letzten Serienrekord, der offiziell nicht mehr übertroffen wird. 240

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Präzisionsregleur André Brielmann Mit dem Namen André Briel- mann, dem letzten großen Präzisionsregleur bei OMEGA, bleibt untrennbar der offiziell unübertroffene Einzelrekord 1967 in der Kategorie Armbandchronometer der Wettbewerbe in Neuchâtel mit einem Er- gebnis von N=1,73 verbunden. Allen Investitionen in eigene Konstruktionen zum Trotz, ob bei OMEGA oder den Konkur- renten, ist es am Schluss ein 30 mm mit Dou- ble Platine, das den letzten großen Rekord erringt. Bereits 1957 wird dieses Chronometer zum ersten Mal in Neuchâtel mit einem Gang- schein und einem zweiten Preis versehen. Regleur des Chronometers ist zu dieser Zeit Joseph Ory. Weitere erfolgreiche Einrei- chungen finden sich bis zum letzten großen Einzelrekord 1967. Der “Schüler“ Brielmann übertrumpft so im letzten Jahr der Wett- bewerbe für Armbandchronometer seinen Meister Joseph Ory. Das große Talent des jungen Regleurs kün- digt sich bereits 1963 an. Brielmann erzielt mit einem 30 mm Double Platine seinen ers- ten Einzelrekord in der Kategorie Armband- chronometer mit einem Gesamtergebnis von N=2,82. In der relativ kurzen Zeit seines Schaffens trägt er maßgeblich zu den Erfol- gen von OMEGA in den 60er-Jahren bei. Mit dem Ende der Chronometerwettbewerbe für Armbanduhren reguliert Brielmann bis 1971 noch Chronometer mit Stimmgabelwerken, eine Technologie, die den jungen Regleur fasziniert. 242 André Brielmann, Regleur für OMEGA von 1960 bis 1971. OMEGA Stimmgabel-Chronometer für die Wettbewerbe in Neuchâtel.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 4.3. Die Präzisionsregleure der Schweizer Konkurrenz Analysiert man die Teilnahme der unterschiedlichen Fabrikanten an den Wettbewerben in Neu- châtel, so kristallisieren sich die Unternehmen ULYSSE NARDIN, MOVADO, ZENITH und LONGINES heraus, die am kontinuierlichsten teil- nehmen und somit zu den schärfsten Konkurrenten von OMEGA gehören. In Genf dagegen sind es neben OMEGA die Unternehmen Patek Philippe, Vacheron & Constantin und LONGINES, die kontinuierlich um bes- te Ergebnisse und Rekorde wetteifern. Ein vergleichba- res Bild zeigt sich in England am Observatorium in Kew bzw. am NPL. Patek Philip- pe, Vacheron & Constantin sowie LONGINES stellen sich als Hauptkonkurrenten. Ergänzt werden diese durch S. Smith & Son sowie dem Importeur von Schweizer Produkten Stauffer, Son & Co, einem Unternehmen, das ursprünglich in La Chaux- de-Fonds 1830 von Robert Stauffer gegründet wird. Über die Regleure der beiden letztgenannten geben die Ergebnislisten aus Kew/NPL leider keine Auskünfte, da im Gegensatz zu den Obser- vatorien Neuchâtel und Genf die Namen der Regleure nicht publiziert werden. Louis Augsburger, Regleur für ULYSSE NARDIN. 244

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT „ULYSSE NARDIN nimmt aufgrund der Kontinuität und auch der Anzahl der eingereichten Chronometer eine Sonderstellung ein... Dabei geht es ULYSSE NARDIN nicht um die Jagd nach Rekorden, sondern um den Nachweis der Ganggenauigkeit ihrer herausragenden Produkte.“ ULYSSE NARDIN nimmt aufgrund der Kontinuität und auch der Anzahl der eingereichten Chronometer eine Sonderstellung ein. 8471 Gangscheine erhält die Manufaktur aus Le Locle am Observatorium in Neuchâtel, verteilt auf alle Kategorien. Dabei geht es ULYSSE NAR- DIN nicht um die Jagd nach Rekorden, sondern um den Nachweis der Ganggenauig- keit ihrer herausragenden Produkte. Die Entwicklung von Kalibern, die nur für die Wettbewerbe und nicht für den Verkauf eingesetzt werden, gehört nicht zur Unternehmensphilosophie und unterscheidet damit ULYSSE NARDIN von MOVA- DO, ZENITH, LONGINES und OMEGA. Die Chronometer werden u.a. von Henri Rosat, Louis Augsburger, Edouard Seitz und Werner Dubois re- guliert. Für die Regulierung von Armbandchronometern ist fast ausschließlich Willy Jacot verantwortlich. 245

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Die Manufakturen ZENITH und MOVADO folgen der gleichen Philosophie wie OMEGA. Ihre Zielsetzung in den Wettbewerben ist das Erreichen von Rekorden und Bestleistun- gen, um sich werblich ins richtige Licht zu setzen. Beide scheuen keine kostenintensive Entwicklung eigener Konstruktionen für die Wettbewerbe. Für ZENITH regulieren u.a. Charles Rosat, Charles-Ferdinand Perret, Jean-Pierre Sunier, Jean Pierre Vuille, Paul Favre, Rene Gygax und Charles Fleck. Für MOVADO regulieren u.a. Edmond Ditis- heim, Henri Guye, Louis Augsburger (später ULYSSE NARDIN), Werner-A. Dubois und Georges Sautebin, der lange als Lehrer am Technicum von La Chaux-de-Fonds verant- wortlich für die Reglageklasse ist. Georges Sautebin, Lehrer am Technicum La Chaux-de-Fonds und freiberuflicher Regleur. Cortébert 65 mm Bordchronometer. 247

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Armbandchronometer Marc Favre, reguliert von André Jeanmairet. Erfolgreiche Teilnahme 1955 und 1956 in Neuchâtel. Die Verbindung von Uhr- macherschulen und Fab- rikanten beruht auf einer symbiotischen Beziehung. Die Uhrmacherschulen sorgen für die Ausbildung von spezialisierten Arbeits- kräften. Das Spektrum reicht von einer zweijährigen Aus- bildung für Regleurinnen bis zum Uhrmachertechniker, der eine 5-jährige Ausbil- dung auf höchstem Niveau durchläuft. Sie konstruieren sogar spezielle Kaliber für die Wettbewerbsteilnahme wie im Falle des 65 mm für die Manufaktur Cortebert, das auf Basis des 65 mm der Technicums in La Chaux-de- Fonds basiert. Von den regio- nalen Fabrikanten werden sie im Gegenzug finanziell unterstützt. André Jeanmairet, Direktor der Uhrmacherschule Le Locle und freiberuflicher Regleur. 248

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT V.l.n.r.: Joseph Ory, Robert Chopard, Fernand Wenger, Frank Vaucher, André Brielmann. In den Kategorien Bord- und Taschenchronometer regu- lieren vorwiegend Arnold Vuille-Roulet, David Perret, Hans Wehrli und Alfred Hofer. Auch Fernand Wenger und Frank Vaucher finden sich als Regleure bei der Kate- gorie Taschenchronometer wieder. Ihr Schwerpunkt liegt mit der Einführung der Kategorie Armbandchrono- meter allerdings dort. Zu- sammen mit Robert Chopard bilden sie ein Regleur-Trio, das maßgeblich diesen Wett- bewerb prägt, vergleichbar mit Gottlob Ith, Joseph Ory und André Brielmann für OMEGA. Auch am Observatorium in Genf konkurrieren OMEGA und LONGINES intensiv mit 250

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Francois Modoux, Regleur für Patek Philippe. André Zibach, Regleur für Patek Philippe. PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Patek Philippe und Vacheron & Constantin. Die großen Präzisionsregleure von Patek Philippe sind R. Mathez, spe- zialisiert auf Armbanduhren von 1950 bis 1966, M. Studer, spezialisiert auf Armband- uhren von 1959 bis 1966, Francois Modoux, der für alle Kategorien bis 1955 reguliert, sowie André Zibach, der bis 1960 ebenso für alle Katego- rien reguliert. Für Vacheron & Constantin ist es Edmond Olivier, der noch im Alter von 84 bis zu seinem Tode 1954 reguliert. Edmond Olivier, Regleur für Vacheron & Constantin bis zu seinem Tode 1954 mit 84 Jahren. 251

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Treffen der ehemaligen Präzisionsregleure Treffen der ehemaligen Schweizer Präzisionsregleure. Stehen die Präzisions- regleure durch ihre konkurrierenden Unternehmen oder Auftraggeber auch in starker Konkurrenz zueinander, so verbindet sie doch ihre Pas- sion zur Präzision. Im Buch Quand nous étions horlogers von Simone Opplinger aus dem Jahre 1980 findet sich ein Bild eines Treffens der ehemaligen Präzisionsreg- leure. Von links nach rechts sind darauf abgebildet: Arthur Hofer (Nivarox), André Brielmann (OMEGA), Jean-Pierre Sunier (ZENITH), Pierre Girardet (Ecole d’horlogerie La Chaux- de-Fonds), Henri Guy und Rene Gygax (bei- de ZENITH), Frank Vaucher (LONGINES), Rene Gonthier (Ecole d’horlogerie Le Locle), Marcel Juillerat (Nivarox), Fernand Wenger (LONGINES), Joseph Ory (OMEGA), Leopold Berthoud (ULYSSE NARDIN) und Bernard Huguenin (Nivarox). Eines der letzten Bilddokumente der Meister der Präzision. 252

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 4.4. Die Präzisionsregleure der japanischen Konkurrenz 1959 öffnen sich die Präzi- sionswettbewerbe für inter- nationale Teilnehmer und das Observatorium von Neu- châtel heißt die Konkurrenz aus Fernost willkommen. Es gelingt den japanischen Tochterunternehmen Suwa und Daini Seikosha, in den letzten Jahren zur bedro- henden Konkurrenz der Vorherrschaft der Schweizer Uhrenindustrie zu werden. In erstaunlicher Geschwin- digkeit und mit höchstem Einsatz an Investitionen in Menschen und Material er- zielen sie mit speziell für den Wettbewerb entwickelten Armbanduhrkalibern bis 1967 (in Genf bis 1968) beste Ergebnisse. Die Protagonis- ten sind: Präzisionsregleur Tsuneya Nakamura (Suwa Seikosha) Seit 1944 ist Nakamura bei Suwa Seikosha beschäftigt. Er gilt als die treibende Kraft für die Teilnahme an den Präzisions- wettbewerben, nachdem die inländischen Wettbewerbe durch Seikosha dominiert werden und keine Herausforde- rung mehr darstellen. Parallel zu ersten Einreichungen von Quartz-Chronometern in den Kategorien Taschen- und Bordchronometer reicht Na- kamura 1964 die ersten mechanischen Armbandchronometer des Kalibers S-36 ein. Die Erfolge fallen leider nicht wie er- wartet aus und mit einem 114. Platz ohne Prämierung kehren die Armbandchronometer nach Japan zurück. Tsuneya Nakamura, Regleur für Suwa Seikosha. 253

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Präzisionsregleur Katsumi Yamamura (Suwa Seikosha) Katsumi Yamamura ist von 1965 bis 1967 der verantwortliche Regleur für alle Einreichun- gen der Fabrik Suwa Seikosha in Neuchâtel. Seinen größten Erfolg erzielt er 1967 mit einem Kaliber R-45 mit einem 12. Platz und einem Gesamtergebnis N=2.23. Die Präzisionsregleure der Fabrik Daini Seikosha Sohachiro Nomura und Tsukasa Ibi Sohachiro Nomura ist seit 1950 bei Daini Seikosha beschäftigt und reicht als erster Re- gleur für Daini Seikosha 1964 das Kaliber 956 ein. Er erhält als erster japanischer Regleur ein prämiertes Chronometer dieses Kalibers aus dem Wettbewerb zurück. Als zweiter Regleur fungiert Tsukasa Ibi, der 1965–1967 für Daini Seikosha Armbandchronometer reguliert. Mit dem Kaliber 052 erzielen No- mura und Ibi 1967 die Plätze 4, 5, 7 und 8. Ein großer Erfolg für Daini Seikosha. 254

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Das Präzisionsregleur-Trio: Kiyoko Nakayama, Tokuichi Inagaki und Kenichi Koiko (Suwa Seikosha) Kenichi Koiko Kiyoko Nakayama Tokuichi Inagaki Kiyoko Nakayama gehört zu den er- fahrensten Mitarbeitern bei Suwa Seikosha. Sie ist eine der wenigen Frauen in der Branche mit um- fangreichen Erfahrungen im Zusammenbau von unterschiedlichsten Uhrwerken und in der Reparatur von Uhren. In ihrer Funktion als Technikerin ist sie für die Präzisionsregu- lierung sowie den Zusammenbau der Kaliber zuständig. Ihr Kollege Tokuichi Inagaki ist seit 1953 bei Suwa Seikosha. Bei den Armbandwettbewer- ben in Genf 1968, die ausschließlich durch Suwa Seikosha bestritten werden, erzielt er mit einem Gesamtergebnis N=58,19 einen Rekord, der nicht mehr übertroffen wird. Kenichi Koike ist seit 1955 bei Suwa Seikos- ha und angesehener Techniker. Als dritter Regleur erzielt er 1968, neben weiteren Gang- scheinen, einen vierten Platz mit einem Gesamtergebnis von N=57,33. 255

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 5. Rekorde, Werbung und kritische Betrachtungen Das Salz in der Suppe von Wett- bewerben sind Rekorde. Ob bei Disziplinen der olympischen Spiele, beim Tieftauchen, in der frühen Luftfahrt oder bei Computerspielen. Rekorde und Superlative begegnen uns täglich im Fernsehen und in der Werbung. Einen Rekord als Alleinstellungs- merkmal zu besitzen, hebt uns von Wettbewerbern ab und schafft wiederum Be- gehrlichkeiten bei denen, die ihn nicht besitzen. Wettbe- werbe sind somit die Trieb- feder für Entwicklungen, die schneller, höher, weiter oder präziser machen. Erste systematische Darstellung von Rekorden in Neuchâtel aus dem Jahr 1955, rückwirkend bis 1952. 257

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 258 Werbeanzeige der Manufaktur Zenith 1908 mit Bezug zu einem Rekordergebnis. Diese Erkenntnis macht sich auch früh in den Chefetagen der gro- ßen Uhrenmanufakturen breit und das Erzielen von Präzisions- rekorden in den Wettbewerben wird zuneh- mend vom Wunsch zur Forderung, was die Regleure unter immensen Druck setzt. Be- reits Anfang des 20. Jahrhunderts werben die Fabrikanten mit diesen Rekorden. In den Rapporten des Observatoriums in Neuchâtel allerdings werden die Rekorde offiziell erst ab 1955 mit einem eigenen Ab- schnitt behandelt. Vor 1955 finden Rekorde teilweise Erwähnung im Text der Rapporte, aber ohne systematische Aufarbeitung. Die erste Darstellung geschieht rückwirkend, da sich das Reglement 1952 ändert und dies als Fixpunkt für die Definition der Rekorde ge- nommen wird. Das hält die Manufakturen aber nicht davon ab, mit in Neuchâtel erzielten Rekorden in der Werbung bereits wesentlich früher zu arbeiten, was am Beispiel einer Anzeige von ZENITH aus dem Jahr 1908 belegt ist. Betrachten wir das Observatorium in Genf, so werden die erzielten Rekorde bereits in den 20er-Jahren erwähnt und entsprechend vermarket.

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT wirkungen auf die Branche auch kritisch auseinander- zusetzen. 1951 erscheint im Journal Suisse d’horlogerie ein Artikel von L. Defossez (Direktor der Uhrmacher- schule Le Locle von 1918 bis 1926), der sich den Regleu- ren, ihrem Berufsbild und kritischen Betrachtungen zum Thema Rekorde und Werbung widmet. Einige Stellen seien hier auszugs- weise zitiert: Der Umgang mit Rekorden Die Resultate der Chronometerprüfungen werden in der Presse publiziert; dies ist umso berechtigter, als die teilnehmenden Fir- men große finanzielle Opfer auf sich nehmen, mithelfen an der Erhaltung erstklassiger Arbeitskräfte und dadurch den guten Ruf der Schweizer Uhrenindustrie sichern. Es ist also ganz normal, wenn diese Firmen ihre Erfolge bekanntgeben. Aber in Reklame zu machen, ist wie ein Griff in ein Räderwerk: man läuft leicht Gefahr, viel weiter getrieben zu werden als man wünschte. Die Konkurrenz bleibt nicht müßig, man gelangt nach und nach zu den wildesten Schlagwörtern, zu übertriebenen Lobhudeleien und einer sucht den anderen zu übertrumpfen. Um solche Reklame zu erhalten, braucht es glänzende und zahlreiche Erfolge. Die größten Erfolge aber, die das Publikum von heute kennt, sind die Rekorde. Glück- licherweise bestehen heute Rekorde der verschiedensten Sorten, je nach dem Ort der Konkurrenz, der Kategorie (Marine-, Bord- und Taschenchronometer; Armbandchronometer), und man erfindet Rekorde für die Regelmäßigkeit des Ganges, für die thermische Kompensation für die Regulierung in den Lagen. Aber trotz allem ist es für alle interessierten Firmen schwer, jedes Jahr ein oder mehrere Rekorde aufzuweisen; jene welche keine haben, sind in der Publizität im Hintertreffen und dann ist die Versuchung groß, durch Wortspiele der Wahrheit ein wenig nachzuhelfen, indem man gewisse Einzelheiten unterlässt und auf frühere Erfolge hin- weist. Auf alle Fälle wünscht jeder Fabrikant von Chronometern, dass sein Regleur mindestens einen Rekord pro Jahr aufstellt, dabei ist es ganz unmöglich, dass jeder Regleur diesen Wunsch erfüllen 260

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT 261 kann. Aber jeder versucht es; er legt die größte Sorgfalt auf die Regulierung seiner Chronometer, kontrolliert sie Tag für Tag mit banger Aufmerksamkeit, erfreut, wenn sie sich gut benehmen, verzweifelt, wenn ihr Gang unregelmäßig ist. Seine Nächte sind gestört, wenn er Gangabweichungen feststellt und die Fehlerquel- len unerklärlich sind. Ist es verwunderlich, wenn die Präzisions- regleure manchmal mit ihren Nerven zu Ende sind, missmutig und überempfindlich werden und zuletzt manche ihren Beruf als Narretei auffassen? Man sollte auch verstehen, dass ein Rekord im Allgemeinen nicht die Wichtigkeit hat, die man ihm zuschreibt: er überschreitet den vorhergehenden Rekord so wenig, dass diese Ver- besserung sehr wohl durch einen Zufall zustande kommen kann. […] Wenn Einzelresultate nicht immer den ihnen zugestandenen Wert haben, ist es nicht der gleiche Fall bei den Serienresultaten, welche nicht auf Zufälligkeiten erfolgen können. Die Serienpreise und entsprechende Rekorde sind nicht nur den Anstrengungen der Regleure, sondern oft der ganzen oder einem Teil der Fabrikation zuzuschreiben. Denn eine schlecht konstruierte Uhr kann auch in den Händen eines geschickten Regleurs nie ein Chronometer werden. In Neuchâtel z.B. halten sich die Serienpreise in einigen Hunderts- teln von Einheiten; 1949 hat man für eine Serie von sechs Bord- und Taschenchronometern des gleichen Fabrikanten das Resultat N=4,28, N=4,32, N=4,99 usw. notiert. Wer bildet sich dabei ein, dass die Chronometer des zweiten Fabrikanten minderwertiger sind als die des ersten?

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Der Präzisionsregleur ist ein außergewöhnlicher Arbeiter, von welchem man vielfache und genaue Kenntnisse, große Erfahrung und überdurchschnitt- liche Handfertigkeit verlangt, und dessen eigene Erfolge jedes Jahr die Presse mit Reklame versorgen sollen, die nur mit Mühe in ver- nünftigen Bahnen gehalten werden kann. Diese Notwendigkeit, ein oder mehrere Erfolge zu erringen, ver- giftet das Leben des verantwortungsbewussten Regleurs. Hat er einmal weniger Erfolg als seine Konkurrenten, fühlt er sich in Ver- legenheit vor seinem Brotherrn. Diese Verlegenheit dauert nicht lange, wenn er einen Arbeitgeber mit Verständnis für technische Probleme hat, der weiß, weshalb er den ersten Platz innehat oder nicht, der aber auch das Serienresultat zu schätzen weiß, auch wenn es nicht an erster Stelle steht. Dieser ideale Arbeitgeber exis- tiert; aber er ist selten. Manchmal hat der Chef – derjenige, der di- rigiert – wenig technische Kenntnisse und glaubt, dass es genüge, von seinem Regleur einen neuen Rekord zu verlangen. Die Stellung des Regleurs ist dann bemühend, wenn er sich, nach allen mög- lichen Anstrengungen, nach Preisgabe von Sonntagen und Ferien, nach ruhelosen Tagen und Nächten, vom Glück verlassen, mit dem 2. oder 3. Platz begnügen muss. Es ist unnütz darauf zu beharren: man versteht die Jungen, die eine Abneigung gegen einen Beruf haben, der ihre Väter so quält. Die Jungen sagen sich, dass sich die Reklame nur noch vermehrt, die Ansprüche der Fabrikanten an die Regleure nur noch vergrößert werden und dass nicht immer die ih- nen zustehende Wertschätzung für ihre Bemühungen und Sorgen vorhanden ist. Die wirtschaftliche und moralische Anerkennung ist die beste Stütze für denjenigen, der eine schwierige und oft undankbare Aufgabe zu lösen hat. Sie muss sich deutlicher zeigen, wenn der Nachwuchs in einem so wichtigen Zweig der Uhrenindustrie ge- sichert werden soll. 262

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Artikel des Bieler Tagblatts zum neuen Serienrekord von Joseph Ory im Jahre 1961 in Genf. Einen schönen Ein- druck, in welche exzessiven und aus heutiger Sicht skurrilen Dimensionen die Rekordjagd mündet, gibt der bereits erwähnte Artikel aus dem Bieler Tagblatt, der eine Verbesserung um 132 hundertstel Sekunden durch Joseph Ory am Observato- rium in Genf feiert. Betrachtet man die Über- sicht über die seit 1923 in Neuchâtel erzielten Rekorde, kristallisiert sich die Katego- rie Armbandchronometer als für die Werbung wichtigstes Instrument klar heraus. Fast jährlich wird ab 1952 ein neu- er Einzel- oder Serienrekord erzielt und die großen Manu- fakturen setzen erhebliche Mittel ein, um diese Rekorde zu überbieten. Nicht zuletzt die Entwicklung eigens für den Wettbewerb konstru- ierter Kaliber untermauert diese Vorgehensweise. 263

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Marine Marine Bord Bord Bord/Poche Einzelrekord 4er Serienrekord Einzelrekord 4er Serienrekord 4er Serienrekord 3,40 Nardin 2,90 Nardin 2,80 Nardin 5,20 Zenith 4,60 Zenith ab 1952 bis 1951 3,70 Zenith 3,29 Pierre Sieber élève 5,65 Nardin 5,26 Nardin 4,85 Nardin 4,62 Nardin 3,74 Nardin 3,21 Nardin 2,79 Nardin 2,60 Nardin 2,50 Nardin 2,66 Nardin 2,30 Nardin 2,10 Nardin 2,53 Nardin 3,00 Zenith 2,80 Zenith 2,60 Zenith 3,64 Zenith 3,63 Nardin 3,52 Zenith 3,42 Zenith 3,16 Zenith 2,50 Zenith 2,24 Zenith 2,11 Zenith 2,57 Zenith 2,55 Zenith 2,25 Zenith 1,65 Zenith 1,91 Zenith 1,45 Nardin 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 264

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Poche Poche Einzelrekord 4er Serienrekord Armband Einzelrekord Armband 4er Serienrekord ab 1952 2,50 Zenith PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Einzel- und Serienrekorde aller Kategorien in Neuchâtel seit 1923. 5,0 Longines 6,64 Longines Erst ab 1952 klare Trennung in Bord bis 70 mm und Poche kleiner/gleich 50 mm 4,4 Omega 3,7 Omega 1,80 Vacheron 2,70 Vacheron 2,44 Longines 2,26 Zenith 1,83 Zenith 3,0 Longines 2,82 Omega 2,62 Zenith 2,33 Zenith 1,97 Omega 1,73 Omega 1,72 Longines 6,39 Zenith 6,08 Zenith 6,01 Omega 5,85 Movado 5,46 Movado 4,69 Omega 4,55 Omega 4,07 Longines 3,43 Longines 3,32 Omega 2,89 Omega 2,57 Omega 2,23 Omega 1,93 Omega 265

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Es ist ein gnadenloser Kampf um Rekorde, der mit der ersten Quartzarmbanduhr ein abruptes Ende findet und Generationen von Präzisionsregleuren, die um Hundertstel gekämpft haben, frustriert und ratlos zurück- lässt. In kürzester Zeit gehört das wichtigste Verkufsargument Präzision der Vergangen- heit an und in der weiteren Entwicklung überschwemmt die Quartztechnologie die Märkte mit billigsten Armbanduhren, die jede mechanische Uhr an Präzision weit hin- ter sich lässt. Kritische Betrachtungen metrie zu fördern (speziell im ausgehenden 19. Jahrhun- dert mit seinen vielen noch ungelösten chronometri- schen Problemen), so entwi- ckeln sich die Wettbewerbe im zwanzigsten Jahrhundert mehr und mehr zu einer Institution, die bestands- sichernd für die Schweizer Uhrenindustrie durchge- führt wird. Indikatoren dafür sind z.B.: Neben der Faszina- tion Präzisions- wettbewerbe ist es rückblickend angebracht, diese im Zeit- verlauf auch kritisch zu hinterfragen. Dabei muss man allerdings zwischen den Wettbewerben in England, die von Anfang für inter- nationale Fabrikanten offen waren, und den Schweizer Wettbewerben in Neuchâtel und Genf unterscheiden. Betrachten wir hier den ur- sprünglichen Zweck, genaue Zeitmesser zur Navigation hervorzubringen sowie die Verbesserungen von Ent- wicklungen in der Chrono- 266

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT - Der Ausschluss oder der erschwerte Zugang zu den Wettbe- werben für internationale Fabrikanten bis hin zu Teilnahme- beschränkungen der Genfer Wettbewerbe auf nur kantonsan- sässige Unternehmen bis in die 60er-Jahre. - Höhere Teilnahmekosten für ausländische Anbieter in den späten Jahren der Wettbewerbe. - Die Zugangsvoraussetzung für ausländische Teilnehmer, die Chronometer in den Herkunftsländern feinzustellen, da z.B. klimatische Bedingungen in den jeweiligen Ländern andere Auswirkungen auf die Präzisionsreglage als am Standort der Observatorien haben. - Direkter Einfluss der großen Manufakturen (als wichtigste indirekte Finanzierer der Wettbewerbe) auf die Schweizer Observatorien, die eigentlich als unabhängige Institutionen die Neutralität garantieren sollen, ist ebenfalls kritisch zu betrachten. Beispielhaft hier die Einführung der Armband- uhrenkategorie, die aus rein kommerziellen Gründen der großen Manufakturen etabliert wird. - Der Prüfungsablauf der Kategorie Armbanduhren folgt dem der Taschenuhren, obwohl die Tragegewohnheiten sich völlig unterscheiden. Die Armbanduhr ist vermehrt Stößen aus- gesetzt. Die Lagen verändern sich gegenüber der Taschenuhr um ein Vielfaches und die Armbanduhr ist den Witterungs- bedingungen nahezu ungeschützt ausgeliefert. Die Prüfun- gen berücksichtigen diese Fakten nicht. Dieser Kritik setzt das Observatorium auch hier die Gleichbehandlung der Arm- bandchronometer unter Laborbedingungen entgegen. - Indirekte Faktoren wie z.B. die unterschiedlichen Bedin- gungen im Laufe des Jahres bezüglich Luftdruckvoraus- setzungen, beschädigen zusätzlich die Argumentation der Observatorien, dass alle Chronometer unter gleichen Labor- bedingungen geprüft werden. Diese Prüfungsfaktoren wer- den regelmäßig in der Fachpresse und bei Kongressen dis- kutiert. Erst 1962 wird in Neuchâtel eine Druckluftkammer eingerichtet, die diese Voraussetzungen schafft. 267

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PRÄZISION AUS LEIDENSCHAFT Selbst Konstruktionen von Wett- bewerbskalibern können kritisch betrachtet werden. Sie haben zu alltagstauglichen Kaliberkonstruk- tionen keine Verbindung mehr und dienen rein der Jagd nach neuen Rekorden für werb- liche Maßnahmen, die sich gerade in den späten 50er- und den 60er-Jahren in nicht mehr nachvollziehbaren Veränderungen von Sekundenbruchteilen abspielen. Diese kritischen Aspekte sollen die Errun- genschaften der Wettbewerbe in Form der technischen Weiterentwicklung sowie die Leistungen von Konstrukteuren und Reg- leuren nicht schmälern. Sie dürfen aber zur Entromantisierung anregen. Was bleibt, ist die Faszination für Präzision und die stille Verneigung vor der Kunst der Präzisionsregleure. 268

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Unterwegs mit der Le Bougainville Für gewöhnlich ist es ja so: man betritt nachts den Balkon seiner Kabine, res- pektive eben seiner Suite, hört dieses unwiderstehliche Rauschen der Wellen, sieht vielleicht auch gar die ein oder andere Schaumkrone auf dem Wasser, ansonsten aber herrscht einfach nur Dunkelheit. Hier ist das anders. Wie man dies von Bildern so mancher Megayacht kennt, hat die Le Bougainville Unterwasser-Scheinwerfer im Rumpf verbaut. Und diese erhellen eben entsprechend das Wasser und tauchen es, hier im Mittel- meer, irgendwo zwischen Sizilien und Malta, in ein einfach nur unfassbares Blau. Irgendetwas zwischen Himmelblau, Dunkelblau und Türkis. Unbe- schreiblich. Die Unterwasser-Scheinwerfer sind nur ein Punkt, der die Le Bougainville von gewöhnlichen Kreuzfahrtschiffen unterscheidet. Ein Punkt aber, der schnell klar macht, dass bei Ponant so manches eben anders ist, als man das von anderen Reedereien gewohnt ist. Bei weitem nicht das einzige Unter- scheidungsmerkmal allerdings. 273

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Die Ponant Explorer Klasse Die Le Bougainville ist das dritte von insge- samt sechs Schwester- schiffen, die die französische Reederei in den Jahren 2018 bis 2020 bei Vard an den Standorten Tulcea und Søvik hat bauen lassen. Intern wer- den sie die Explorer Schiffe genannt, da jedes von ihnen nach einem französischen Entdecker benannt ist. In diesem Fall nach Louis-An- toine de Bougainville, der als erster Franzose 1767 bis 1769 die Welt umsegelte. Wie ihre Schwesterschiffe Le Lapérouse, Le Champlain, Le Dumont-d’Urville, Le Bellot und Le Jacques-Cartier, so ist auch die Le Bougainville überwiegend für Expedi- tionsreisen in die wärmeren Gefilde gedacht. Das ergibt Sinn, da Ponant mit den vier zwischen 2012 und 2015 ge- bauten, sogenannten 274

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! „Sister Ships“ Le Boréal, L’Austral, Le Soléal und Le Lyrial, so- wie dem 2021 in Dienst gestellten Eisbrecher-Kreuzfahrtschiff Le Commandant Charcot, bereits genügend Einheiten für Reisen in die Regionen der Arktis und der Antarktis zur Ver- fügung hat. Dennoch verfügen auch die sechs Explorer-Ships zumindest über die Eisklasse 1C und sind mit zehn Zodiacs ausgerüstet. Mit 131 Metern Länge, 18 Metern Breite, gerade einmal vier, okay, sagen wir fünf Passagierdecks und einer Tonnage von 9988 BRZ gehören sie zu den überschaubarsten Möglichkei- ten, auf Kreuzfahrt zu gehen. Wobei genau hier schon mein Problem wartet. 275

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Kreuzfahrt? Nicht so wirklich. allein ist eine Kunst. Sechs Kreuzfahrtschiffe warten bei Reisebeginn auf ihre Gäste. Fünf davon sind von weit her erkennbar. Eines, meines, wirkt hingegen eher wie ein kleines Beiboot. Eine Privatyacht. Und irgendwie erwische ich mich bei dem Gedanken, dass mich das gerade echt unheimlich stolz macht. Kreuzfahrt. Über die Jahre konnte ich ja bereits die ein oder andere Form dieser Urlaubs- form genießen. Selten aber fühlte sich Kreuzfahrt so we- nig nach Kreuzfahrt an, wie an Bord der Le Bougainville. Das fängt schon bei der An- kunft im Hafen von Piräus an. Das Schiff zu erblicken 276

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! „Es ist das ganz kleine da“, erkläre ich denn auch meinem Taxifahrer. Der, so meine ich in seiner Reaktion zu erkennen, ist augen- blicklich sichtlich beeindruckt. Wer weiß, vielleicht aber auch nur reine Einbildung meinerseits. Andere, große Schiffe bekommt man auf den typischen Routen der Ponant Explorer Schiffe ansonsten eher nicht zu sehen. Meist ist man an der jeweiligen Destination alleine. Und sind wirklich einmal andere Schiffe dort, dann meist solche ebenfalls überschaubarer Dimensionen. In die Kreuzfahrt-Realität zu- rückgeholt wird man so im Allgemeinen also erst wieder bei der Ausschiffung. Doch zurück nach Piräus, von wo aus sich die Le Bougainville aus auf den Weg nach Milos, Hydra, Monemvasia, Kythira und Pylos macht, ehe es über Taormina nach Valetta geht. Die Einschiffung macht mir dieses Mal besonders Freude. Keine Menschenmassen sind zu sehen. Stattdessen gehe ich einfach zur netten Mitarbeiterin, die bereits in der Halle wartet, mir meine Bordkarte reicht und mir den Weg zum Shuttlebus weist. Kein Warten, keine Schlangen. Okay, vielleicht hatte ich auch einfach nur Glück mit meiner Ankunftszeit. Andererseits: bei maximal 184 Passagieren, die sich auf bis zu 92 Kabinen an Bord verteilen, würde es mich auch fast wundern, wäre es anders. 277

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! DIE HAFENSTADT ADAMANTAS AUF MILOS Die Kabinen und Suiten der Le Bougainville Bis zu 92 Kabinen, diese meine Formulierung mag auf den ersten Blick ein wenig seltsam klin- gen. Sie erschließt sich aber augenblicklich beim ersten Betreten meiner Bleibe für die sieben Nächte lange Rei- se. Vor mir liegt eine Kabine der Kategorie „Prestige“ auf Deck 5. Sie misst 19 Quadrat- meter, zuzüglich eines rund 4 Quadratmeter großen Bal- kons. Das ist von der Größe her absolut ausreichend, liegt ein wenig über der Quadratmeterzahl einer typi- schen Balkonkabine etwa der Mein Schiff Flotte, allerdings auch ein wenig unter dem Üblichen, vergleicht man es mit anderen Reedereien im Luxus-Segment. 278

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! In meinem Fall hat es da nur ein Problem. „Wo ist denn das Bett?“ denke ich mir, als ich die große Couch und die zwei Sessel erblicke. Denn: ein kombiniertes Couchbett wäre so ziemlich das letzte, das ich mir hier erwartet hätte. Die Lö- sung: Ein Teil der auf Deck 5 und 6 gelegenen Prestige Kabi- nen lassen sich zu sogenannten Prestige Suiten umwandeln. So auch in meinem Fall. Und so besteht meine Kabine – ei- gentlich aus zwei Kabinen. Eine fungiert dabei als Wohnzim- mer, eine als Schlafzimmer. Genial! PRESTIGE CABIN 532 DIENT ALS WOHNZIMMER … … PRESTIGE CABIN 530 ALS SCHLAFZIMMER 279

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Prestige Kabine vs. Prestige Suite Für mich alleine ist die Prestige Suite natürlich absolut überdimensioniert. Die bohrende Frage, welche Dusche, welchen Fernseher oder welche Minibar ich denn nun heute nutzen soll, treibt mir so tag- täglich ein leichtes Schmunzeln ins Gesicht. Spannend aber in dem Zusammenhang: auf ausgewählten Reisen, und das sind gar nicht einmal wenige, verzichtet Ponant auf einen Einzelkabinenzuschlag für Alleinreisende. Das ist alles andere als üblich in der Branche und gehört daher an dieser Stelle wirklich explizit erwähnt. Die Kabine, oder in meinem Fall eben de- rer zwei, ist klug aufgeteilt. Insbesondere die Tatsache, dass die Toilette separat vom eigentlichen Badezimmer ist, gefällt. Das Badezimmer wiederum lässt sich durch ein 281

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Die Schrankfläche in der Kabine selbst ist ebenfalls gut dimensioniert und sollte, zusammen mit den weiteren Schubladen und Schrank- fächern, die über die Kabine verteilt sind, zwei Personen auf einer typischen 7-tägigen Reise in warmen Gefilden ge- nügend Platz bieten. Schiebepanel wahlweise zum Tageslichtbad umgestalten. Wer ungestört die geräumige Dusche nutzen möchte, kann es aber auch entsprechend schließen. Eine zusätzliche Badewanne hat im an sich recht kleinen Bad natürlich ebenso wenig Platz wie ein zweites Waschbecken. Dafür wartet unter dem Wasch- becken ein geradezu riesiges Schubfach für all die Kosme- tik, die man eben so dabei hat. Zeitloses Design Die Möblierung und Farbgebung ist modern. Man könnte sie als skandi- navisch kühl, aber durchaus anspre- chend umschreiben. Vor allem aber wirkt sie zeitlos. Speziell die Wandvertäfelung strahlt extreme Gemütlichkeit aus. Das Bett ist ein- fach nur wunderbar bequem. Und sollten die Kissen für den persönlichen Geschmack zu hart sein, so hat es selbstverständlich auch noch ein umfangreiches Kissenmenü zur Auswahl. HYDRA VON OBEN 283

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Cleanship Label für die Le Bougainville Wer seine Reiseun- terlagen statt per Post nur im PDF- Format bezieht, erhält dar- über hinaus auch gleich ein Zertifikat, das bescheinigt, dass Ponant einen Baum für ihn gepflanzt hat. Ob das nun sämtliche negativen Auswirkungen, die das Rei- sen nun einmal generell mit sich bringt, auffängt, sei an dieser Stelle einmal dahinge- stellt. In jedem Fall aber ist es eine schöne Geste. Das obligatorische Telefon gehört ebenso zur Kabinen- ausstattung wie ein großer Flat-TV. Dieser bietet eine gute Auswahl französischer, aber auch internationaler TV-Programme. Duschgel, Bodylotion, Sham- poo und Spülung werden in großen, wiederauffüllbaren, statt in kleinen Einwegfla- schen zu Verfügung gestellt, bei den Hausschuhen ver- zichtet man auf Plastik-Um- verpackungen. Alle Gläser an Bord sind, ebenso wie die Trinkhalme aus Glas. Plastik sucht man auf dem Schiff somit zum überwiegenden Teil vergebens. So trägt man denn auch das Cleanship Label des Bureau Veritas. SONNENUNTERGANG VOR SIZILIEN 285

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! LE PONANT, DIE SEGELYACHT DER GLEICHNAMIGEN FRANZÖSISCHEN REEDEREI Jede Kabine ist darüber hinaus mit einem por- tablen Bose SoundLink Revolve II Bluetooth Laut- sprecher ausgestattet. Neben einer erfreulich großen Anzahl an Steckdosen im europäischen wie auch im US-Format sind auch USB-A Steckdosen vorhanden. Während der Reise bietet Ponant seinen Gästen kos- tenfreies WLAN. Die Ge- schwindigkeiten sind auf meiner Reise allerdings, insbesondere innerhalb der Kabine, eher mäßig und die Tatsache, dass man sich nach jedem Standortwechsel oder wenigen Minuten Inaktivität wieder neu einloggen und seine Benutzerdaten einge- ben muss, nervt auf Dauer ein wenig und lässt einen in Häfen dann doch lieber zum jeweiligen Roaming-Partner greifen. 286

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Positiv zu erwähnen sei hingegen aber auf jeden Fall der Safe. Er ist für einen Kabinen- safe wirklich schon fast untypisch groß und bietet einem 16“ Laptop sogar längs mehr als genügend Platz. Ein Punkt, der mich auf vie- len Schiffen normalerweise regelmäßig zum Verzweifeln bringt. Der Safe teilt sich den Schrank mit einer Nes- presso-Maschine und einer üppigst gefüllten Minibar. Lediglich die sonst obligatorische Flasche Champagner oder den Obstkorb zur Begrüßung suche ich in meinem Fall ver- gebens. Gut möglich aber, dass dies erst ab einer Kabine auf Deck 6 dazugehört. AUSSENBEREICH AUF DECK 7 287

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Champagner für alle! Ein Problem ist dies aber so und so nicht, denn Champagner gibt es, wie viele weitere Getränke, überall in Hülle und Fül- le. Bei Ponant ist nämlich, neben sämtlichem Essen an Bord, auch eine Auswahl an alkoholfreien sowie alko- holischen Getränken im Reisepreis inkludiert. Diese Auswahl ist zwar ein ganzes Stück kleiner als bei anderen Reedereien in diesem Seg- ment, lässt sich aber bei Be- darf mit dem Premium Pass deutlich erweitern. Die Bar- karte gibt dabei ganz genau Auskunft, was wo inkludiert ist, sodass jeder Passagier schnell selbst einschätzen kann, ob die umgerechnet 25 Euro pro Reisetag und Per- son es einem wert sind – oder eben nicht. 288

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! NEGRONITIME Das Wichtigste aber für ein französisches Schiff: der Haus-Champagner, der ist immer inkludiert. Gleich zwei Sorten davon gibt es an Bord, in den Restaurants schenkt man den Brut des Hauses Abelé 1757 aus, in den Bars hingegen greift man zum Brut Reserve von Charles Heidsieck, einem Champagner, der es zumindest mir schwer macht, auf dieser Reise auch nur irgend etwas anderes zu trinken. Den Kapitänsempfang sponsort Champagne Henriot. Henri Henriot und Veu- ve Cliquot sind darüber hinaus glasweise Teil jenes Premium Passes. Weitere Champagner sind flaschenweise gegen Gebühr erhältlich, wobei die Preise – 220 Euro für eine Flasche Dom Pérignon oder 250 Euro für Krug Grande Cuvée – äußerst fair sind. Der Weinkeller umfasst herkunfts- bedingt eine größere Auswahl französischer Erzeugnisse, ist aber auch anderen Weinre- gionen nicht vollends abgetan. Zu den Mahlzeiten stehen meist ein inklu- dierter Weiß-, ein Rosé- und ein Rotwein auf der Karte, ebenso zwei aufpreispflichtige Empfehlungen. Lokale Weine aus der gerade besuchten Region vervollständigen die Aus- wahl. 289 WELCOME RECEPTION MIT CAPTAIN GILLES THOMAS

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RESTAURANT LE NAUTILUS AUF DER LE BOUGAINVILLE Zwei Restaurants und ausgezeichnete Küche Lokale Gerichte finden sich auch in den Me- nüs wieder. Auf der täglich wechselnden Karte des Hauptrestaurants auf Deck 4, das im Innenbereich allen Gästen gleichzeitig Platz bietet und mit seinem Namen „Nautilus“ darüber hinaus auch die Herzen von Uhrenfans höher schlagen lässt, stehen dabei meist zwei Suppen, drei Vorspeisen, drei Hauptspeisen, sowie etliche Desserts und eine Käseplatte zur Wahl. Am zweiten sowie am vor- letzten Abend der Reise wartet ein Gala-Dinner. Stan- dards, wie etwa ein Entre- côte, gegrillte Hühnerbrust, gedämpfter oder gebratener Lachs, Caesars Salad, der ausgezeichnete Ponant Bur- ger oder auch ein Club Sand- wich sind darüber hinaus immer zu bekommen. 290

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Meine sieben Tage an Bord reichen da leider nicht ein- mal ansatzweise aus, alles zu probieren, doch nichts in dieser Zeit ist dabei, das mich nicht vollends begeistert hätte. Das, was Küchenchef Therance Dalpez auf der Le Bougainville auf die Teller zaubert, ist einfach nur ganz großes Kino. Erfreuli- cherweise bleiben die Portionsgrößen dabei so überschaubar, dass man den Gang auf die Waage am Ende der Reise nicht ganz so scheuen muss. Vorausgesetzt, man wider- steht den Angeboten des wunderbaren und stets sehr aufmerksamen Serviceteams, den ein oder anderen Gang noch einmal nachzu- bestellen. 291

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Le Nautilus & Le Grill – die Restaurants der Le Bougainville Deutlich mehr Tische aber gibt es ein Deck weiter unten. Im „Le Grill“ lässt es sich in legerer Atmosphäre speisen, die Gerichte, ein Teil davon in Buffetform ange- boten, orientieren sich dabei teilweise an der Karte des Hauptrestaurants. Beim nicht gar so schnell erfolgenden Gewichtsauf- bau helfen allerdings auch die Restaurant-Öffnungszei- ten. Diese beschränken sich meist auf gerade einmal an- derthalb Stunden, jeweils für Frühstück, Lunch und Din- ner. Hat man einen anderen Tagesrhythmus, steht man mitunter vor „verschlosse- nen Türen“, respektive eher einem leeren Buffet. Ein 24h Roomservice bewahrt aber selbst in dem Fall vor der auf einem Kreuzfahrtschiff ja bekanntlich immer latent mitreisenden Gefahr des Ver- hungerns. DESSERT-HIGHLIGHT „CHOCO- MENTHE COMME UN AFTER EIGHT“ 293

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Ein wenig hat man darauf- hin das Gefühl, die Tore der Hölle öffneten sich und fragt sich, ob die gegenüber- liegende Glaswand trotz ihrer stattlichen Dicke dem Druck standhalten werde, doch ist die Sorge natürlich unbegründet. Dennoch, an gemütliches Schwimmen ist von nun an nicht mehr zu denken und selbst ein Léon Marchand hätte hier wahrscheinlich seinen Spaß, würde er nicht zeitgleich bei den Olympischen Spielen in Paris viermal Gold holen. Seinen Spaß im oder am Pool der Le Bougainville hatte übrigens auch schon der ein oder andere Formel 1 Fah- rer. Denn das Schiff wurde gerade erst wenige Wochen zuvor im Rahmen des Gro- ßen Preises von Monaco von TAG Heuer, sozusagen als übergroße Party-Yacht, ge- chartert. Yacht-Feeling kommt aber auch außerhalb Monacos auf. Den Aufbau des Schiffes mit seinem langgezogenen Pooldeck und den von dort aus zur Marina hinabführen- den zwei geschwungenen Treppen kennt man so meist eben nur von Privatyachten. YACHT IM HAFEN VON PYLOS 297

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! oder einfach im offenen Meer geschwommen werden. Letzteres allerdings auf Grund der immer möglichen Strömungen unter starken Vorsichtsmaßnahmen. DIE MARINA ALS AUSSICHTSPLATTFORM Ein besonders beliebter Spaß von Kapitän Gilles Thomas aber ist es, die Marina nach oben fahren zu lassen und sie so als wahrlich spektakuläre Aussichtsplatt- form zu nutzen. Gerade beim Sonnenuntergang vor der Festung von Monemvasia, wo noch dazu ein Flottentref- fen mit der Le Ponant, dem namensgebenden Segelschiff der Reederei, wartet, gehört dies zu den echten High- lights dieser Reise. Doch auch wenn die Marina einmal eingefahren ist, ist der Poolbereich tagsüber wie abends der Ort, wo alle Gäste zusammenfinden. Auf den beiden großen Couchen am Heck sitzt es sich tatsächlich wie auf der eigenen Yacht, der Ausblick auch hier ein- zigartig. Allerdings ist die Couch auf Steuerbordseite gleichzeitig auch der einzige Raucherbereich an Bord und entsprechend frequentiert. SCHWIMMEN MIT SICHERHEITSABGRENZUNG GEGEN DIE STARKE STRÖMUNG 299

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Liegen reservieren? Nicht hier! Gerade einmal zwölf Lie- gen sind für ein Schiff mit auf dieser Reise rund 160 Gästen verhältnis- mäßig wenig, doch so sich alle daran halten, Liegen nicht über Stunden zu reservieren (un- glaublich fast, aber ja, das kann tatsächlich funktionieren) ist die Anzahl selbst an Seetagen meist ausreichend. Weitere sechs Liegen finden sich darü- ber hinaus auf Deck 7, das, auch das eine Spezialität der Ponant Explorer-Ships, ebenfalls über eine Außentreppe am Heck des Schiffes zu erreichen ist. Ein wenig schade allenfalls, dass der Service am Pooldeck außerhalb der Öffnungszeiten des "Le Grill" im Grunde nicht existent ist und auch das Fehlen von Handtüchern am Pool ein Umstand ist, der oft erst besei- tigt wird, wenn ein Gast an der Rezeption entsprechend darauf hinweist. Ein Punkt, der bei einer derart guten Passagier- Crew-Ratio, immerhin um- sorgen auf der Le Bougainville 118 Crewmitglieder die Gäste, definitiv noch verbesserungs- würdig ist. 301

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! bin ich, als des Französischen nun einmal nur äußerst be- dingt mächtiger, am Ende komplett verloren. Unbe- gründet. Tagesprogramme, Beschilderungen etc. liegen sowohl in Französisch als auch in Englisch vor. Die Durchsagen des Kapitäns sowie des Cruise Directors Alan Maître finden in zwei Sprachen statt, sodass man keinerlei Probleme hat, ih- nen zu folgen. Vive la France! Entspannt sein, das gelingt mir an Bord der Le Bougain- ville tatsächlich so gut, wie vielleicht noch nie zuvor an Bord eines Kreuzfahrt- schiffes. Ich kann dabei gar nicht so genau sagen, woran es liegt, aber das Schiff, die Crew, die Atmosphäre las- sen einem einfach gar keine andere Wahl, als binnen kürzester Zeit in Urlaubs- stimmung zu kommen. Die Le Bougainville ist ein französisches Schiff. Die Tri- kolore weht stolz und selbst- bewusst am Heck. Meine größte Sorge im Vorfeld so auch: wie findet die Kommu- nikation statt an Bord und BIBLIOTHEK IN DER OBSERVATORY LOUNGE 303

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Deutschland sind ein halbes Dutzend Gäste mit dabei. Dank der Ferienzeit ist das Durchschnittsalter erstaun- lich niedrig. Als ausgewie- sene Kids Club Reise werden die vielen Kinder und Ju- gendlichen von morgens bis abends betreut und haben sichtlich Spaß dabei, wäh- rend ihre Eltern in Ruhe das Bordleben genießen können. KIDS-CLUB UND STUDIO PONANT Gleiches gilt für die obligatorische See- notrettungsübung oder die Vorträge. Einzelne von ihnen werden aber auch zu unterschiedlichen Zeiten angeboten, dann eben einmal rein auf französisch und einmal rein auf englisch. Einzig bei den Landausflü- gen sollte man darauf achten, in welchen Bus man einsteigt, um in den folgenden Stunden nicht komplett „lost in translation“ zu sein. Die überwiegende Anzahl der Gäste auf die- ser Reise kommt zwar aus Frankreich, den- noch ist eine Kommunikation auf Englisch meist kein Problem, was sicherlich auch ein wenig an der Zielgruppe liegen mag. Ledig- lich die ältere Generation tut sich ein wenig schwer damit. Ansonsten ist das Publikum recht international. Zweitgrößte Gruppe an Bord sind diesmal die Australier, hier und dort hört man Spanisch, aber auch aus 304

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Ein unerklärliches Gefühl vollkommener Entspanntheit Von dieser Tatsache geschul- deten, spontanen aber meist nur kurzen Boombox-Ein- sätzen einmal abgesehen, ist die Le Bougainville aber ein ruhiges Schiff. Auf dem Pooldeck läuft tagsüber leise Musik, die Aktivitäten an Bord sind auf das Nötigste begrenzt. Alles fällt dabei ein wenig kleiner aus, als man das von anderen Schif- fen gewöhnt ist, auch das ein Punkt, der mir durchaus nicht ganz unsympathisch ist. Es gibt keine Anima- tionen, kleinere Showdar- bietungen am Abend finden meist in der Main Lounge, ab und an auch im Theater statt. DIE OBSERVATORY LOUNGE AM ABEND AUSSENBEREICH DER OBSERVATORY LOUNGE AUF DECK 6 In der gemütlichen Observatory Lounge, deren Bar allerdings auch nur recht eingeschränkte Öffnungszeiten hat, kann man Vorträgen lauschen, sich ein Buch aus der dortigen Biblio- thek zu Gemüte führen oder einfach nur dem Sonnenunter- gang beiwohnen. Die Observatory Lounge verfügt darüber hinaus auch über einen großen Außenbereich, der speziell beim morgendli- chen Einlaufen schöne Ausblicke bietet. Bessere gar noch als von der darunterliegenden Kommandobrücke. Ponant ver- folgt auf seinen Schiffen eine „Open Bridge“ Philosophie. 305

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! One More Thing… Ja, und dann gibt es da noch – dieses „one more thing“. Im Fall der Ponant Explorer Schiffe wartet dieses auf Deck 0, einem Deck, auf dem Passa- giere normalerweise so rein überhaupt nichts zu suchen haben. Hier ist das anders. Denn hier befindet sich mein ganz persönlich größtes Highlight dieser Schiffsklas- se: die Blue Eye Lounge. VON DECK 1 AUF DECK 0: ZUGANG ZUR BLUE EYE LOUNGE Zu den Öffnungszeiten, die im Tagesprogramm ersicht- lich sind, ist der vordere Auf- zug für Deck 1 freigeschaltet. Die Aufzugstüren öffnen sich und man findet sich vor einer dunkelblau aus- gekleideten Treppe wieder, die hinunter auf das unterste Deck des Schiffes führt. Dort findet man sich in einer Unterwasserwelt wieder, wie sie aus einem James Bond Film entsprungen sein könnte. Außergewöhnlich gestylte Sofas, riesige Video- Screens statt Wänden, dazu jeweils ein riesiges Auge auf jeder Seite des Schiffes. Jedes von ihnen besteht aus 18 Schichten Spezialglas und gibt den Blick frei auf die Un- terwasserwelt und das, was sich gerade rund um – und unter dem Schiff so tut. Ab 308

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Eine andere Welt: die Blue Eye Lounge der Le Bougainville Die Blue Eye Lounge ist eine komplett andere Welt. Sie ist anders als alles, das ich jemals auf einem Kreuz- fahrtschiff erlebt habe. Gestaltet von Jacques Rougerie, seines Zeichens Unterwasserarchitekt und Seefahrer, erinnert sie im Design an das Innere eines Walfisches. Hier könnte ich wirklich stundenlang einfach nur sitzen und schauen. Leider ist aber genau das gerade nicht möglich, da aus Sicher- heitsgründen immer ein Crew-Mitglied anwesend sein muss und sich die Öffnungszeiten daher weitestgehend auf Ver- anstaltungen wie etwa Musik-Shows, Trainings oder Karaoke begrenzen. Dennoch, einmal entdeckt, durchforste ich das Tagesprogramm von nun an zuallererst danach, wann ich wieder dorthin kann. Die Blue Eye Lounge ist ein magischer Ort. Nicht mehr und nicht weniger. Liegt die Le Bougainville tagsüber vor Anker, kann man bei klarer Sicht bis hinunter zum Meeresgrund schauen, ist das Schiff dann abends in Fahrt, beleuchten die Unterwasser-Scheinwerfer das Wasser, das an den Fenstern vorbeifließt und jenes in eben dieses unfassbar schöne Blau taucht, das ich noch immer vom Balkon meiner Suite aus ge- nießen kann. 311

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! EINFAHRT NACH VALETTA Bald geht es von Bord Schon längst traue ich mich nicht mehr, auf die Uhr zu schauen. Viel Zeit bleibt nicht mehr bis zum Reiseende. Die Koffer hatte ich bereits am Nachmittag gepackt. Auch das vollkommen unnötig, da man dafür bei Ponant bis zum Morgen der Ausschif- fung Zeit hat. Einmal mehr ziemlich außergewöhnlich und komplett entspannt. In der Ferne sind die Lichter eines anderen Kreuzfahrt- schiffes zu sehen. Auch diese Schiffsklasse ist mir wohl bekannt. Morgen werden wir uns dann wieder treffen, im Hafen von Valetta. Das andere Schiff ist 16 x so groß wie die Le Bougainville, bie- tet fast 24 x so vielen Gästen Platz. Ich erinnere mich an schöne Zeiten an Bord. Den- noch. Tauschen möchte ich 312

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PONANT LE BOUGAINVILLE: BLAUES WUNDER! Fazit Wieder zurück am heimischen Schreibtisch, wird es Zeit für mein Fazit: was, bitte, war das? Was im- mer ich da auch an Bord der Le Bougainville erlebt habe, es fühlte sich alles andere an als eine typische Kreuz- fahrt. Eine Reise auf den Explorer Ships von Ponant ist eine unfassbar entspannende Angelegenheit. Eine, die ich in der Form noch nicht erlebt habe. Mit einer liebenswerten Crew, angenehmen Mitreisenden und diesem ganz besonderen Stück französischer Lebensart hat sich die französische Reederei aus dem Stand ziemlich weit oben in meine ganz persönliche Favoritenliste katapul- tiert. Zwar mag hier und da nicht alles ganz perfekt sein an Bord, doch bereits nach wenigen Minuten ist man in dieser ganz besonderen Stimmung angekommen, die die ein oder andere Kleinigkeit augenblicklich vollkommen irrelevant erscheinen lässt. Wirklich ärgerlich ist da einzig, nicht schon viel früher eines dieser Schiffe entdeckt zu haben. STÄNDIGER BEGLEITER AN BORD: DIE ROLEX GMT-MASTER II „PEPSI“ 126710BLRO 314